Da hatte das Team des blues Rhede etwas auf die Beine gestellt, was einem Geburtstag würdig war.
Zehn Jahre sind für einen Menschen ein ziemlich kurzer Lebensabschnitt. Für einen Veranstaltungsort ist eine Dekade schon eine Hausnummer.
Die Bedeutung der fünf Buchstaben des blues Rhede hat man auf der Website anlässlich des Jubiläums nochmals in Erinnerung gebracht:
»10 jahre eure bar
10 jahre immer live
10 jahre beste unterhaltung
10 jahre die geilsten events
10 jahre spannende sports bar.
10 jahre b.l.u.e.s. !«
RockTimes gratuliert ganz herzlich und blickt auf die nächsten zehn Jahre voller toller Musik.
Vier Bands befanden sich im Line-up des Festivals:
Fowokan, die Band um den renommierten Drummer Sam Kelly,
Julian Sas, Guy Smeets feat. Phil Bee, die für AJ Plug einsprangen und El Cuento De La Chica La Tequila.
Pünktlich um 16:00 Uhr starteten die Geburtstagsfeierlichkeiten mit der sechsköpfigen Formation Fowokan.
Natürlich stellte man sich die Frage, woher der Bandname kommt oder was er bedeutet.
Aufschluss bietet das folgende Zitat auf deren Facebook-Seite: Fowokan »[…] is a word meaning "the artist" and the literal meaning is "one who creates with the hand" and is derived from the origins of Yoruba language spoken in NIgeria. […]«
Bei deren rund eineinhalbstündigem Gig stand der Reggae in all seiner Vielschichtigkeit im musikalischen Fokus.
So gab es zum Einstieg eine ziemlich entspannte Version des Genres. Sam Kelly trommelte auf einem sehr stark reduzierten Drumset (Snare, Bassdrum, ein Becken sowie ein Hi-Hat) und kreierte gemeinsam mit Percussion-Mann Jerome Marcus sowie Richard Sadler (Bass) einen unwiderstehlichen Rhythmus.
Die Combo steigerte das Tempo und die Intensität des Reggae im Laufe der folgenden Songs. Bei Tony Quntas Solo-Einsätzen wehte unter anderem eine stark von karibischer Stimmung geprägte Luft durch die Menge und viele fein gesetzte Breaks hoben den perkussiven Charakter der Musik in den Vordergrund.
Paul Jobson, der Mann an den schwarzen und weißen Keyboardtasten entwickelte herrliche Klang-Spielereien und überzeugte durch eine klasse Stimme. Tina Jobson oder Tony Qunta sangen auf Augenhöhe mit dem musikalischen Direktor der Gruppe.
Der blues Rhede-Geburtstag wurde von Fowokan zusammen mit dem Publikum mit einem lautstarken "Happy Birthday" gewürdigt.
An anderer Stelle intonierte die Band in Anlehnung an den Namen der Location "The Wind Cries Mary" von Jimi Hendrix, natürlich in einer perfekt inszenierten Reggae-Ausgabe.
Im Laufe des Gigs gab Fowokan der begeisterten Menge impulsive Beispiele für verschiedene Stilarten des Genres. So regierte auf der einen Seite der Funk oder jazziges Flair, auf der anderen Seite waren es soulige, beziehungsweise swingende Ableger oder ein Rückblick auf Sam Kellys Siebzigerjahre-Aktivitäten. Super!
Gewürdigt wurde natürlich auch einer der ganz großen Vertreter des Reggae: Bob Marley. Bei einer wunderschönen Version von "I Shot The Sheriff" übernahm der Tony Qunta die Lead Vocals und bei der heavy Fowokan-Funk-Ausgabe von "Exodus" unternahmen nacheinander der Gitarrist und dann Paul Jobson an den Keyboards einen psychedelischen Trip. Bei der Band-Vorstellung und den Soli der Musiker waren Jerome Marcus' Triangel-Intermezzo und Tony Quntas Scat-Gesang bemerkenswert. Fowokan brachte das Open Air so richtig toll in Fahrt und Stimmung.
An dieser Stelle ein dickes Lob an Jan Tervooren für den super Sound und den Mann, der die Musik ins richtige Licht setzte. Vielen Danke!
Geschenke gab es natürlich auch. Ein Vertreter der Home Of Cycling-Abteilung des TV Rhede überreichte André Knoch ein ganz spezielles Fahrrad-Trikot mit dem Jubeltag entsprechendem speziellen Aufdruck.
Line-up Fowokan:
Sam Kelly (drums)
Paul Jobson (keyboards, cowbell, vocals, backing vocals)
Richard Sadler (bass)
Tony Qunta (guitar, vocals, backing vocals)
Jerome Marcus (percussion, backing vocals)
Tina Jobson (vocals, backing vocals)
Für einen Gottesdienst (die Kirche befindet sich genau gegenüber vom blues) sollte die Ruhe nicht gestört werden und so ging es gegen 19:30 Uhr im Programm weiter. André und Jonas hatte die Moderation der Veranstaltung fest im Griff und als Guy Smeets sowie Phil Bee angekündigt wurden, wussten alle, dass schon deren Namensnennung ein Garant für tollen Blues/Blues Rock war.
Die Band auf der Bühne war sozusagen bunt gemischt. Guy Smeets und Schlagzeuger Arie van Haar spielen auch für AJ Plug. Pascal Lanslot ist Band-Mitglieder von Phil Bee’s Freedom und Bassist Guus Strÿbos sprang quasi ins kalte Wasser, denn er zupfte die dicken Saiten ohne Probe mit den anderen Musiker. Respekt!
Guy Smeets' brodelndes Blues-Blut, eine anziehende Phil Bee-Stimme, tolle Pascal Lanslot-Tasten-Fahrten, ein beherzter Arie van Haar-Groove sowie forsch-zupackende Tieftöner-Zupfereien von Guus Strÿbos ergaben in der Summe einen intensiv-leidenschaftlichen Blues beziehungsweise Blues Rock.
Im Kontext mit den bereits gelisteten Bands, wurden auch Nummern von King Mo zum Besten gegeben. Nach der Pause brachten das Publikum schon die ersten Minuten des Openers "Down The Line" wieder auf Betriebstemperatur.
Die lautstarke Beifall-Begeisterung machte auch vor zurückhaltenden Nummer "Down Don’t Bother Me" (bestens bekannt durch die Derek Trucks Band) keinen Halt.
Einen weiteren Blick zurück in die King Mo-Vergangenheit machte man bei "Take Me As I Am". Nicht nur hier prägten Guy Smeets kraftvolle Saiten-Vibrationen den Sound seiner Gitarre.
Die Abteilung der Cover-Songs bediente die Combo durch eine tolle Auswahl an Nummern.
So prägte "Superstition" von Stevie Wonder der mächtige Funk und der von Fowokan begonnene Jimi Hendrix-Faden wurde auch durch diese Combo weiter gesponnen. Allerdings zelebrierte das Quintett für die Zuschauer "Crossroad Traffic" in einer überragenden Version und immer wieder freute man sich darüber, wenn der Gitarrist von der linken Bühnenseite Kurs auf die rechte nahm, dort wo Pascal Lanslot seinen Arbeitsplatz hatte. Hier kam es zu vielschichtigen musikalischen Diskussionen zwischen den beiden Künstlern. Toll! Gleich im Anschluss wurde weiterhin an der Stimmungsschraube gedreht, denn mit Gov’t Mules "Soulshine" befand sich die Gruppe auf höchst kompetente Art im Fahrwasser des vom Southern Rock geprägten Blues in individueller Lesung. Super! Später machte man ein fantastisches Blues-Statement mit Freddie Kings "Big Legged Woman". Wunderschön!
Vorher bewegte man sich schon im Texas-Blues-Shuffle, der mit "Don’t Know What I’d Do" glänzend präsentiert wurde. Guy Smeets sowie Pascal Lanslot hatten ihre Akkus bis zum Anschlag aufgeladen und ließen die Zuschauer teilhaben an ihren ausgiebigen Soli. Perfekt!
Andächtig-ergreifende Atmosphäre kam auf, als "One Last Kiss" gespielt wurde. Diese Ballade wurde von Phil Bee für seine verstorbene Mutter geschrieben und so äußerte sich dieser ruhige Abschnitt in Form einer musikalischen Einkehr mit einem Guy Smeets-Überflieger-Solo. Besonders! In der Zugabe zündete man abschießend ein glühendes Funk-Feuerwerk. Chapeau Guy, Phil, Pascal, Guus und Arie!
Im Herbst 2019 erscheint Phil Bee’s Freedoms Album "Live At Moulin Blues" als CD/DVD-Doppelpack.
Line-up Guy Smeets feat. Phil Bee:
Guy Smeets (guitars)
Phil Bee (vocals)
Pascal Lanslot (Hammond, keyboards)
Guus Strÿbos (bass)
Arie van Haar (drums)
Eine Hammond wurde von der Bühne getragen, die nächste für den Keyboarder Roland Bakker von der Julian Sas Band in Position gebracht.
Julian Sas präsentierte auch Songs seines Albums "Stand Your Ground", eine Veröffentlichung aus dem Jahr 2019. So war der dynamische Slow Blues "Howlin' Wind" eines der Highlights des Gigs. Ein Break führte ins noch ruhigere Apartment des Blues und nicht nur an dieser Stelle flossen jede Menge Emotionen aus den Lautsprechern, sowohl gesanglich, als auch durch Julian Sas' Gitarren-Feeling.
Ob in langsamer Geschwindigkeit oder wenn er mit seinem Rock’n’Roll auf den Blues-Highway unterwegs war, man konnte der dynamischen Show nur immer wieder Beifall spenden.
Von je her war der Niederländer ein Garant für beste Boogie-Kost. Die servierte er dem Publikum auf der Überholspur natürlich sozusagen frei Haus.
Auch Julian Sas knüpfte am roten Faden des blues Rhede Open Air.
Von Jimi Hendrix hatte er sich das Stück "Hey Joe" ausgesucht.
Diese Nummer füllte eine Menge Spielzeit und erfüllte die Zuschauer mit großer Freude. Ein geradezu verspielte-halliges Gitarren-Opening führte schließlich zum wohl bekannten Thema der Komposition. Zunächst blieb das Quartett bei der Jimi Hendrix-Auslage. Julian Sas' Gesang erkennt man wohl aus vielen verschiedenen Blues-Stimmen heraus und die passt so gut zu seinem vielschichtigen 12-Takter. Es dauerte nicht allzu lange und der Protagonist verabschiedete sich – in einer zunächst ruhigeren Phase – vom Vorlagen-Musterläppchen und entwarf auf dem Fretboard eine wunderschön-individuelle Kreation der fantasievollen Art. Leidenschaft und Authentizität prägten den Alleingang. Herrlich, welche Variationen in sein Spiel flossen. Zum Schluss entwickelte sich das Stück in Kombination mit Melodie ziemlich heftig. Super!
Für Roland Bakker ergaben sich so einige Situationen, in denen er seinem Ideenreichtum auf den schwarzen und weißen Hammond-Tasten sehr gelungen und anziehend freien Lauf ließ. Klasse!
Zusammen mit neueren Songs fütterten auch ältere Nummern die Setlist des blues Rhede Open Air-Auftritts. So gab es quasi ein Wiederhören mit "The Working Man’s Blues". Da musste man in der Diskografie des Musikers schon ganz schön weit zurück blättern, denn dieser Titel stammt von "For The Lost And Found" aus dem Jahr 2000.
Nichtsdestotrotz hatte dieses Lied kein bisschen an Anziehungskraft eingebüßt. Da kam immer noch mächtig viel Stimmung auf, wenn Julian Sas-Klassiker durch den Äther drangen.
Bei der Vorstellung der Musiker hatte dann jedes Bandmitglied sein Solo. In seinem Alleingang ging der Bassist Fotis Anagnostou auch über zur geslappten Funk-Variante. Als Zugabe widmete man sich mit voller Energie und einem Protagonisten an der Slide-Gitarre noch dem "Bulfrog Blues" von Rory Gallagher.
Die aufeinander folgenden Auftritte von Guy Smeets feat. Phil Bee und der Julian Sas Band führten einem vor Auge, wie unterschiedlich doch der Blues Rock ausfallen konnte. So oder so, das Publikum war letzendlich der Nutznießer der Shows.
Line-up Julian Sas Band:
Julian Sas (guitars, vocals)
Roland Bakker (keyboards)
Fotis Anagnostou (bass)
Lars-Erik van Elzakker (drums)
Für den Auftritt von El Cuento De La Chica La Tequila brauchte es ein wenig Umbauzeit, denn die vierköpfige Combo spielte auf der Bühne im blues.
Eine ordentliche Menge an Fans dieser Combo hatte den Open Air-Termin wahrgenommen und die stiegen bereits beim Soundcheck der Bassdrums mit rhythmischem Klatschen ein. Drummer Roberto Parolin animierte alle wartenden Gäste mitzumachen und so war die Stimmung schon vor dem ersten Song mehr als erwartungsvoll.
Aus dem Stand heraus steigerte die Band um den Sänger Davide Artusato, der zwischenzeitlich auch zur akustischen Gitarre griff, die Atmosphäre um einige Grad. Was man dem Publikum bot, hatte infizierende Wirkung. Die Dynamik überrollte einen förmlich.
Mit seinem Spiel auf den sechs Saiten der akustischen Gitarre reflektierte Stefano Silenzi südländisches Temperament, das er bis in die musikalischen Gegenden Lateinamerikas ausdehnte. Im Fingenpicking, auch in der verdammt flotten Art, zeigte der Musiker meisterliche Qualitäten und Songs wie "Superstar Suicide" oder "I Swear", bei dem der Latin-Druck etwas entlastet wurde, konnte man sich beim besten Willen nicht entziehen.
Gefühle wurden nicht nur durch die Instrumente der Formation transportiert. Davide Artusato hatte stets das passende Feeling auf den Stimmbändern. So war das bereits erwähnte "I Swear" eine wunderschön groovende Angelegenheit. Ivan Prevedello, dem man Ähnlichkeit mit Jon Lord nachsagte, garnierte den Band-Sound durch herrliche Keyboard-Teppiche und er servierte feine Soli.
"Another Song" baute die Band auf dem soliden Fundament des Blues auf und das höchst dramatisch-melodische "To The Sea" verführte zum Mitsummen. El Cuento De La Chica La Tequila war ein Synonym für Party-Stimmung.
Über einen Song der Los Lobos passierte etwas Überraschendes. Nach einem Drum-Rock’n’Roll-Intro hieß es: Moment mal, dieser Text kam einem doch bekannt vor. »Well, I just got into town about an hour ago […]«
Richtig! "L.A. Woman" von The Doors war angesagt. Hammer! Diese Nummer wurde in den Händen der italienischen Band zu einem echten Spektakel aus Latin und Country. Einfach super!
Die Taschenuhr zeigte mittlerweile 01:15 Uhr an und der Berichterstatter musste die Restladung seines Akkus noch für die Heimfahrt sparen. So endet dieser Bericht eher, als der El Cuento De La Chica La Tequila-Gig.
Zehn Jahre blues Rhede wurden in vielen musikalischen Facetten ausgelassen gefeiert. Die Stimmung war zu jeder Zeit prächtig und dieses Open Air einem derartigen Jubiläum würdig.
Wir bedanken uns bei André Knoch für den Platz auf der Gästeliste.
Am 27.September 2019 wird die Mason Rack Band die Herbstsaison im blues Rhede eröffnen.
Line-up El Cuento De La Chica La Tequila:
Davide Artusato (vocals, acoustic guitar)
Stefano Silenzi (guitars, vocals)
Ivan Prevedello (piano)
Roberto Parolin (drums)
3 Kommentare
Stefan
9. August 2019 um 13:39 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Das war doch mal ein tolles Event. Bestens organisiert und geile Mucke vom Feinsten. Hat definitiv Lust auf mehr gemacht. Ich komme wieder!
Jan Tervooren
7. August 2019 um 20:38 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Ein wirklich fantastischer Konzertbericht mit tollen Fotos von einem erstklassigen Open-Air-Konzert!
Wir alle hoffen auf eine Fortsetzung im kommenden Jahr 😉
andre wittebroek
7. August 2019 um 14:18 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Toller bericht und alles stimmt was Joachim geschrieben hat. Es war ein grandioser Tag!