»Dave ist ein Träumer und unerschrockener Innovator, ein Visionär der höchsten Stufe und ein explosiver Musiker, der über die Gabe verfügt, das Genie anderer Leute zu erkennen und zur Geltung zu bringen, ohne dabei manipulativ zu sein.«
(Bob Dylan)
»Dave wer?
Na Dave Stewart!
Kenn ich nicht!
Mein Gott "Sweet Dreams" oder "Here Comes The Rain Again"….!
Ach sooo, warum sagst du nicht gleich – die Eurythmics…«
So oder so ähnlich verlief die Tage ein Gespräch zwischen mir und einer Radio-Musik-Konsumentin. Dave Stewart, den Namen haben die wenigsten 'auf dem Schirm', die Eurythmics jedoch sofort.
So bunt wie das Cover dieser Autobiografie ist auch Stewarts Leben:
Geboren (1952) und aufgewachsen ist er in der Barnard Street in Sunderland, im Nordosten Englands. Die Schule gehörte nicht unbedingt zu seiner Lieblingsbeschäftigung, also hatte er zunächst eine Fußballer-Karriere im Sinn, die aber durch eine Verletzung abrupt beendet wurde und einen Krankenhausaufenthalt notwendig machte. Da Dave dort Langeweile schob, brachte ihm sein Bruder John eine spanische Gitarre, die ursprünglich der Großmutter gehörte, zum Zeitvertreib ins Krankenhaus. Innerhalb einer halben Stunde fand der 13-jährige heraus, dass er das Instrument wie selbstverständlich spielen kann, obwohl er die Griffe gar nicht kannte, jedoch die Fähigkeit besaß, die richtigen Saiten und Bünde zu finden. Diese Feststellung sollte sein Leben komplett auf den Kopf stellen.
Überhaupt spielte die Musik im Haus der Familie Stewart eine große Rolle. Bruder John hatte eine beachtliche Plattensammlung, die in Daves Besitz überging, als John nach Liverpool zur Uni ging. Cousin Ian schickte regelmäßig Schallplatten mit Bluesmusik der Marke Delta- und Memphis-Blues und Vater Jack liebte die Musik ebenso sehr und bastelte deshalb ein Radio zusammen, mit welchem er das ganze Haus beschallte.
Leider ging die Ehe der Eltern, ohne große Vorwarnung, in die Brüche und Dave hatte deshalb den sprichwörtlichen Blues. Die Gitarre gab ihm Halt und er übte und lernte wie ein Besessener. Dabei begriff er, dass er von nun an auf sich selbst gestellt sein würde und tat alles dafür, um einen Fuß in die Musikszene zu bekommen, lernte sämtliche Kniffe und Tricks, die für einen zukünftigen Rock-Star wichtig sein sollten und lebte schon mit 15 ein Leben mit Sex, Drugs and Rock’n’Roll.
Der Weg zum Erfolg ist steinig und schwer. Es gab oft genug Tage, an denen die Mäuse im Kühlschrank Wettrennen veranstalteten, doch Dave biss sich durch und beschloss, sein Glück in London zu versuchen.
1971, er war mittlerweile 18 Jahre alt, hatte er mit der Folkrockband Longdancer bereits einen Vertrag bei Elton Johns Plattenfirma Rocket Records in der Tasche, eine feste Freundin – Pam, die er bald heiraten sollte sowie die ersten größeren Live-Touren mit der Band absolviert. Die Ehe mit Pam hielt übrigens nicht all zu lange.
Nach einem kurzen Zwischenintermezzo mit einer Künstlerin namens Jude trifft Stewart in einer Londoner Kneipe auf Annie Lennox, die sich als Kellnerin 'ihre Brötchen mehr schlecht als recht' verdiente.
Sie konnte nicht nur gut singen, sondern auch Harmonium spielen und sie verliebten sich unsterblich ineinander. Beide entdeckten sie ihre Gabe, Songs zu schreiben, etwas, was später zu Stewarts Hauptbeschäftigung in seinem Musiker-Dasein werden sollte.
Nach mehreren Anläufen (The Catch, The Tourists) wird aus dem Künstler-Paar das größte Pop-Duo der 1980er Jahre. Obwohl sie sich später privat trennten, blieben sie musikalische Partner auf Augenhöhe, komponierten Hits am Fließband, tourten rund um den Globus, spielten in ausverkauften Stadien und produzierten sogar kleine, oftmals völlig abgefahrene Musikclips. Die 'Maschinerie' Eurythmics lief also wie geschmiert.
Natürlich nimmt diese Ära den größten Teil des Buches ein, war das Synthie-Pop-Duo doch Hauptbestandteil in Stewarts Leben und sowohl in kommerzieller als auch finanzieller Hinsicht eine einzige Erfolgsgeschichte. Sein Ruhm, aber auch sein Ideenreichtum sprach sich in Künstlerkreisen schnell rum und Leute wie Dylan, Bon Jovi, Jagger, Stevie Nicks oder Tom Petty wussten seine Qualitäten als Produzent und Songwriter zu schätzen. Celine Dion bekam von ihm den Erfolgstitel "Taking Chances" auf den Leib geschneidert.
1989 trennten sich nun auch die musikalischen Wege von Stewart und Lennox. Stewart hatte mit dem Spiritual Cowboys bereits die nächste Band am Start, doch nach zwei Jahren war auch diese Formation schon wieder Geschichte.
Er war (und ist noch immer) ständig auf der Suche nach neuen Ideen, arbeitete an Projekten die oftmals wenig bis überhaupt nichts mit Musik zu tun haben, um seiner schöpferischen Kreativität immer wieder einen neuen Schub zu verpassen. So beschäftigte er sich mit der Fotografie oder kaufte mal eben mit Paul Allen (neben Bill Gates Mitbegründer von Microsoft) ein leerstehendes Krankenhaus, um dieses in einen wunderschön renoviertes Clubhaus für eine kreative Community zu verwandeln.
Selbst seine große Liebe, Anoushka, die er 2001 heiratete und mir der er immer noch zusammen ist, scheint den rastlosen Menschen Dave Stewart bis heute nicht bändigen zu können: »Ich werde nicht so tun, als würde es mir nicht gefallen, berühmt zu sein. Immerhin ist der Starruhm ein Gradmesser für das, was man erreicht hat. Aber jeder, der mich gut kennt wird sagen, dass ich in erster Linie von Erfahrung und Experimentierfreude getrieben werde, unstillbarer Neugier, Übermut und ja, auch ein bisschen Chaos.«
Nun denn, Dave, wir hoffen auch weiterhin auf deine Neugier und Experimentierfreude…
Insgesamt ist das Buch recht kurzweilig zu lesen. Man muss lediglich ein gutes Gedächtnis haben, um sich die vielen darin vorkommenden Namen sowie mehrfachen Zeitsprünge zu merken.
Abgerundet wird die Lektüre mit Unmengen an Fotos, sowohl live als auch privat. Einen breiten Raum nehmen natürlich Bilder von Lennox und Stewart ein. Aber es gibt auch Fotos von prominenten Persönlichkeiten wie Lou Reed, Aretha Franklin, Stevie Wonder, Demi Moore, Dylan, Bono, Lady Di, Paul Allen und vielen anderen zu sehen. Natürlich sind seine (verflossenen) Frauen und vier Kinder ebenfalls verewigt. Kaufempfehlung!
Kapitel "Sweet Dreams Are Made Of This":
- Vorwort von Mick Jagger
- Einleitung
- Mädchen sind anders
- Die Magie des Blues
- The Smoke
- From The Middle Room
- In The Garden
- Hold Your Head Up, Moving On
- Verhaltene Freude
- U.S. Of A.
- Would I Lie To You?
- Revenge
- Savage
- We Too Are One
- Wieder auf mich gestellt
- Muschelsuppe
- Das globale Klassenzimmer
- Piccadilly Picnic
- Die Rückkehr
- Keine Zweifel
- Mit Bono für Mandela
- Phädchromozytom
- Platimum Weird und andere schräge Vögel
- 24 Karat Gold
- Superheavy
- Country Wine
- Epilog
- Danksagungen
- Credits
- Über den Autor
Gebundene Ausgabe: 384 Seiten, davon 32 Seiten mit Farb- und schwaz/weiß-Fotos
Verlag: Hannibal (2016)
ISBN: 978-3-85445-495-3
Auch als E-Book erhältlich
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