
Der 1953 geborene Musiker David Sancious ist in vielen Bereichen tätig gewesen, seit er seit Beginn der Siebziger in der Band von Bruce Springsteen spielte. Ausgebildet an Gitarre und Piano, spielte er zunächst Rhythm & Blues. Nach der Trennung von Springsteen und der E Street Band gründete er seine erste eigene Formation, Tone. Im Umfeld von Fusion und Jazz Rock entstanden einige Alben im Zeitraum zwischen 1975 und 1981.
Gleichzeitig war Sancious als Session- und Tourmusiker tätig, so unter anderem für Narada Michael Walden, Jack Bruce oder Stanley Clarke. Ferner gab es Zusammenarbeiten mit Künstlern ganz verschiedener Genres, von France Gall über Eric Clapton oder Living Colour zu Sting oder Seal, sowie einigen weiteren.
Nach etwa sechzehn Jahren Pause legt der Mann ein neues Album vor, "Eyes Wide Open". Eingespielt hat er es grundsätzlich erst einmal allen, so ist er zu hören mit Gesang, Gitarre, Orgel und Synthesizer. Einzig allein die Schlagzeugarbeit überließ er diversen Gast-Drummern, fünf verschiedene sind es an der Zahl.
Die Songs des Albums entstanden bereits vor einigen Jahren, einige sind noch ganz frisch. Von den acht Stücken sind vier mit Text versehen, und zwar gibt es eine klare Abgrenzung: Es sind die Tracks eins bis vier, der Rest ist instrumental. Insofern strahlt die erste Hälfte der Platte auch eine andere Stimmung aus, der nicht sehr aufdringliche, aber passend eingesetzte Gesang vermittelt eine lässige Atmosphäre mit einem dezenten Soul-Groove, nur des Protagonisten Stimme ist so gar nicht tief im Soul verhaftet, dazu fehlt diese spezielle Tiefe. Mit Nutzung von Sprach-Samples und jazzigen Elementen gespickt ist "In The Middle Of The Night", eine sehr eingängige und leicht dahinfliessende Nummer. Will Calhoun am Schlagzeug musiziert sehr filigran und die darüber gelegten Piano-Tupfer über einem grummelnden Bass-Fundament sorgen für einen eingängig wirkenden Sound.
"If" scheint bereits eine Überleitung zum instrumentalen Part zu sein, denn hier setzen der federnde Groove, die elegant eingeflochtenen Gitarrenlinien und die Keyboards entsprechende Akzente, und mit "Flip It" groovt es dann beherzt, Bläser-Samples (leider keine echten Musiker) und der Keyboard-Bass führen mich gedanklich zurück in die Hochburg der Jazz-Rock-Bewegung der Siebziger, nur etwas weniger wild und leidenschaftlich, denn neben echten Bläsern hätte dem Song auch ein echter Bass gut getan.
Gut gelungen ist der Einsatz der Gitarre auf den Instrumental-Titeln, Sancious zeigt sein Können als versierter und einfühlsamer Gitarrist. Neben einem satten Groove geht es auch ganz ruhig und besonnen mit "The Tree House" sowie mit "December" zu. Hier hat Sancious eine akustische Gitarre zur Hand genommen und legt flinke und fingerfertige Einlagen vor, die ein gewisses spanisches Flair verbreiten, ein wenig geht das Gitarrenspiel auch in Richtung Al Di Meola. Erst mit "War In Heaven" nimmt die Musik, die schon fast in Smooth Jazz-Gefilde zu gleiten schien, wieder Fahrt auf. Polyrhythmisch gestaltet Vinnie Colaiuta den Song mit, und Sancious setzt verstärkt den Synthie ein, für mein Empfinden ein wenig zu viel des Guten. Andererseits ist dieses Zwiegespräch zwischen Keyboards und Synthies durchaus interessant, mir wäre die dominante Anwesenheit einer Gitarre jedoch lieber gewesen. So wird der Sound dann doch ein wenig verklebt. Des weiteren wird das Stück äußerst unelegant ausgeblendet, kein guter Abgang, so etwas.
So bleibt "Flip It" schließlich mein liebstes Instrumental und bei den Vokal-Titeln ist es "If", das ich als Hörtipp anbieten möchte.
Line-up David Sancious:
David Sancious (synth, guitar, vocals, organ, piano)
Will Calhoun (drums, percussion – #2)
Michael Bland (drums, percussion – #3)
Vinnie Colaiuta (drums, percussion – #4,8)
Joe Bonadio (drums, percussion – #6,7)
Adriano Molinari (drums, percussion – 1,5)
Trackliste "Eyes Wide Open":
- Eyes Wide Open
- In The Middle Of The Night
- Urban Psalm #3
- If
- Flip It
- The Treehouse
- December
- War In Heaven
Gesamtspielzeit: 33:50, Erscheinungsjahr: 2020
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