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Der Wizard ist gegangen / Zum Tod von Ken Hensley – Nachruf

J. D. Souther am 17. September 2024 verstorben

Ken Hensley

24.08.1945 – 04.11.2020

 

Eben erreichte mich die Nachricht von Trevor Hensley, dass sein Bruder Ken plötzlich und unerwartet am Abend des 4. November 2020 im Beisein seiner Frau Monica eingeschlafen ist.

Für die meisten von uns ist Ken Hensley viel bekannter, als es uns eigentlich bewusst ist. Zig-millionenfach wird nach wie vor zu allen möglichen passenden und unpassenden Gelegenheiten aus mehr oder weniger stimmgewaltigen Kehlen "Lady In Black" mitgegrölt. Jener Song, der sich auf Salisbury, der zweiten Studioveröffentlichung (1971) der britischen Rocker Uriah Heep befindet, und der von Hensley geschrieben wurde. Ihn jedoch auf diesen einzigen Song und späteren Hit zu reduzieren, wird dem Musiker nicht gerecht.

Elf Jahre war er Mitglied dieser Band, von der Gründung 1969 bis zu seinem Ausstieg 1980, spielte Gitarre, saß an der Hammond und war Teil des typischen Satzgesangs von Uriah Heep.  Er schrieb nahezu alle frühen Hits (mit), auf Look At Yourself ist z. B. kein einziger Song nicht von ihm und Gleiches gilt für "Demons And Wizards" oder "The Magician’s Birthday" und weitere spätere Alben. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass es ohne seinen Beitrag zu diesem eigenen und ganz speziellen Sound eine Band wie Uriah Heep nie zu dem gebracht hätte, was sie heute als progressive Hard-Rocker darstellt.

Aber mit dem Namen Uriah Heep hatte Hensleys Karriere nicht begonnen, gründete er doch schon 1965 mit dem späteren Rolling Stones-Gitarristen Mick Taylor die Band The Gods, die letztendlich einige Jahre später in Uriah Heep übergingen. Und auch mit dem großen Bruch im Heep’schen Line-up (Bassist Gary Thain war 1975 gefeuert worden und starb nicht lange danach, Sänger David Byron wurde 1976 entlassen und Hensley ging) endete sein musikalisches Schaffen 1980 noch lange nicht. Es gab einige Solo-Alben und Kooperationen mit W.A.S.P. oder Cinderella und er war mehrere Jahre festes Mitglied bei den Southern-Rockern Blackfoot. Mit diesen spielte er die beiden Alben "Siogo" und "Vertical Smiles" ein.

Nach seiner Blackfoot-Phase verzog er sich in den Mittleren Westen der USA und war jahrelang aus dem Fokus der breiten Öffentlichkeit verschwunden. Erst später tauchte er wieder auf, spielte Platten ein, u. a. mit früheren Heep-Kollegen und weiteren Bands oder Projekten, insgesamt rund 25 Produktionen. Ken war ein gerngesehener Gast bei den sogenannten Heepventions, regelmäßigen internationalen Zusammenkünften von Uriah Heep-Fans, oder tourte mit seiner Band Live Fire sowie anderen Musikern. 2007 plauderte er im RockTimes-Interview über sein damals aktuelles Werk Blood On The Highway sowie die Vergangenheit.

Mit Hensley geht ein oftmals unterbewerteter Künstler, der nach seiner Hochphase mit Uriah Heep gerne mal etwas stiefmütterlich behandelt wurde, sich aber seinen Platz im Rock-Olymp verdient erarbeitet hat. Ken wurde 75 Jahre alt und er wird trotz allem von vielen Menschen schmerzlich vermisst werden.

Rest in peace, Wizard!

Über den Autor

Jochen von Arnim

Beiträge im Archiv
Genres: Blues, Rock, Heavy Metal

9 Kommentare

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  1. Werner Arend

    Er fehlt mir sehr. Erst heute habe ich von seinem Tot erfahren. Vor ca. 50 Jahren, einem halben Jahrhundert habe ich ich erstmals von diesem Typen etwas erfahren. Er war mir sofort sympathisch. Nur seine Vorliebe für Rennwagen war mir nicht Recht, aus Angst er könnte sich zu verletzen. Mein großer Traum war immer ein Requiem von ihm bei meiner Beisetzung.

    Wir werden uns im Jenseits begegnen.

    In ehrlicher und tiefer Trauer
    Werner Arend

  2. Rolf Heitz

    The Wizard Of The Thousend Kings Is Gone To A New July Morning !
    R.I.P. KEN HENSLEY

  3. Mario Keim

    Mir zeigen dieser persönliche Nachruf und die zusätzlichen Anmerkungen, was für ein authentischer Musiker Ken Hensley war. Für mich entsteht damit gewissermaßen ein Puzzle aus mehreren Einzelteilen.
    Es sind oftmals die „unterbewerteten Künstler“, die einer Band oder einem Projekt den Stempel aufdrücken. Oft sind es die leisen Zwischentöne, die das gewisse Etwas ausmachen. Plötzlich gerät der Künstler in den Hintergrund und man erkennt umso mehr den Menschen, der mit all seinen Facetten in Erscheinung tritt.
    Wie im Falle von Ken Hensley können wir die letzte Reise leider nicht stoppen. Auch ich habe bei RockTimes in der jüngeren Vergangenheit mehrere Nachrufe und ähnliche Nachrichten verfasst. Oder sagen wir besser: Aus dem Herzen heraus verfassen müssen. Mich tröstet dann immer, dass ich auf diese Art einen unvergessenen Künstler bzw. Menschen würdig verabschieden kann…
    Diese verdiente Ehre wird Ken Hensley in eindrucksvoller Weise zuteil. Es ist bemerkenswert und erfrischend zugleich, wie viele persönlichen Gedanken ich hier zu lesen bekomme. Danke deshalb allen Schreibern!

  4. Saskia Fabijanski

    Ken Hensley war der Held meiner Jugend. Habe Uriah Heep unzählige Male in Hamburg sehen dürfen; habe alle Platten. Ich erinnere mich gern an diesen freundlichen und außergewöhnlichen Musiker. Gute Reise Ken Hensley….Danke für Alles!!

    1. Saskia Fabijanski

      Ken Hensley war der Held meiner Jugend. Habe Uriah Heep unzählige Male in Hamburg sehen dürfen; habe alle Platten. Ich erinnere mich gern an diesen freundlichen und außergewöhnlichen Musiker. Gute Reise Ken Hensley….Danke für Alles!!
      Habe später übrigens "klassische Musik" studiert!

  5. Tieu Kha Vu

    Ich wüsste zu gern woran er gestorben wäre. Es geschah ja schließlich nicht einfach so.

    1. Manni

      Falls deine Frage auf meinen Kommentar vom 7.11. Bezug nimmt:

      Im Gegensatz zu denen von mir genannten Gary Thain (27, Heroin), David Byron (38, Alkohol) oder auch Phil Lynott (37, Heroin) ist bei Ken Hensley nie Missbrauch bekannt geworden. War wohl „natürliche“ Ursache, immerhin wurde er 75 Jahre alt (und auch das ist zu jung zum Sterben)

      R.I.P. Ken! Du warst ein ganz Großer.

      Ich hab auch mal wieder sein Debüt aus 1972 gehört („Proud Words On A Dusty Self“) und das ist hervorragend, auch heutzutage noch. Aber – und das kommt ihm zugute – kein Heep-Sound, sondern was Eigenständiges. Für Uriah Heep hat er ja wirklich genügend Knaller-Songs geliefert und interpretiert.

  6. Manni

    Schöner Nachruf auf Ken Hensley!

    Zu Gary Thain und David Byron ist leider zu sagen, dass die nicht einfach so verstorben sind (sie waren ja auch noch jung!), sondern sie sind den Süchten des Rock’n Roll Livestyle erlegen, die viele andere auch dahinrafften (da fällt mit gerade Phil Lynott von "Thin Lizzy" ein).

    Todesursache bei Gary Thain war Überdosis von Heroin mit 27, David Byron starb neun Jahre nach seinem Rausschmiss bei Uriah Heep mit 38 durch extremen Alkoholismus. Seine Sucht war auch der Grund, warum er gefeuert wurde. Er konnte sich auch danach leider nicht mehr stabilisieren.

    Anyway: heute hab ich zu Ken Hensleys Ehren einen Uriah Heep Abend, meine Erinnerungen ab 1970 sind untrennlich mit dieser Band verbunden. Der Abend wird sich in den Morgen ziehen, ich hab achteinhalb Stunden an Musik vor mir (oder muss morgen weitermachen). 🙂

    1. JVA

      Das mit Gary und David ist natürlich vollkommen richtig, aber auch hinlänglich bekannt. Ich für meinen Teil hatte beim Schreiben entschieden, die Gründe für deren tragisches Ableben bzw. Rauswurf nicht in den Nachruf für Ken mit einfließen zu lassen, weil es hierfür unerheblich ist und den Fokus nicht verschieben sollte. In einer reinen Heep-Vita sollte das allerdings nicht fehlen.

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