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Die Buben Im Pelz / Verwandler – CD-Review

Die Buben Im Pelz - "Verwandler" - CD-Review

Die beiden Gründungsmitglieder der Buben im Pelz sind die österreichischen Radio-Sender FM4 beschäftigten David Pfister und Christian Fuchs, die offensichtlich ganz große Fans des im Jahr 2013 verstorbenen amerikanischen Musikers, Sängers und Poeten Lou Reed sind. Sehr ambitioniert brachte die Band 2015 ihr Debütalbum auf den Markt, das aus den kompletten Tracks des Velvet Underground-Erstlings The Velvet Underground & Nico (1967) bestand. Allerdings wurden die Texte ins wienerische übersetzt bzw. aktualisiert. Wow, funktioniert das? Sieht ganz so aus, denn anschließend wurden mit "Katzenfestung" (2017) sowie "Geisterbahn" (2021) bereits zwei weitere Alben veröffentlicht, bevor nun mit "Verwandler" das vierte Werk vorgelegt wird. Wenn man sich den Albumtitel und das Cover anschaut, kommt natürlich umgehend der Verdacht auf, es hier mit der Neubearbeitung des kompletten "Transformer"-Albums (1972) zu tun zu haben, was sich jedoch als Irrtum erweist.

Tatsächlich sind nur die wenigsten Titel von der gerade genannten Reed-Erfolgsscheibe, denn auch auf dieser neuen Langrille haben die Buben wieder sehr oft auf Velvet Underground zurückgegriffen. Was niemanden wirklich stören sollte, denn rein songtechnisch kann man damit ganz sicher keinen Fehler machen. So wird diese Reise erstaunlicherweise mit dem ruhigen "Candy sagt" ("Candy Says", original vom Album "The Velvet Underground", 1969) begonnen. Aber warum auch nicht? Denn schließlich hat das damals bei den Amerikanern auch funktioniert. Dem Velvet-Kenner fällt schnell auf, dass die Österreicher beim Einspielen das richtige Feeling am Start haben, während der Text sich hier doch recht nahe am Original hält. Dennoch wahrscheinlich hochinteressant für diejenigen Musik-Fans, die die Nummer zwar kannten, jedoch des Englischen nicht so mächtig waren und sind um zu wissen, worum es eigentlich geht. Direkt hinterher geschoben wird dann Reeds 'großer Hit', "Walk On The Wild Side", der bis heute noch regelmäßig im Radio läuft. Auf österreichisch heißt das "Die Wüdn", wobei die Charaktere des Songs hier ein bisschen upgedatet, die Grundaussage des Stücks aber nicht verfälscht wurde(n).

Mit der Adaption von "Waves Of Fear" in Form von "Wellen der Angst" befindet sich auch einer der ewigen Lou Reed-Favoriten des Rezensenten auf der Scheibe. Der Text der Buben schafft es zwar nicht ganz, die pure Verzweiflung und die sich zeigenden Abgründe des Originals einzufangen, dennoch kann man auch hier von einer durchaus gelungenen Version sprechen. Und wenn wir mal zu den Rockern kommen wollen, dann muss natürlich der Velvet-Klassiker "Rock’n’Roll" (vom Album "Loaded", 1970) an erster Stelle genannt werden. Klasse! Ebenso wie "Wischen" ("Vicious" von "Transormer"), dessen Text komplett in die Gegenwart und die Handy-Sucht der heutigen Zeit übertragen wurde. Nochmal zurück zu The Velvet Underground führen uns "I pick fest an dir" (aka "I’m Sticking With You") sowie die wunderschöne, geradezu zärtliche Ballade "Blassblaue Augen" ("Pale Blue Eyes"), die (wie noch ein paar wenige andere) so konträr zu vielen anderen Nummern im Backkatalog des Amerikaners steht, die sich durch die Auseinandersetzung mit physischer, in allerster Linie aber psychischer Gewalt kennzeichnen.

Am Ende könnte sich die Frage stellen: »Braucht die Welt die Buben im Pelz?« Aber das tut sie bzw. sie stellt sich aus mehreren Gründen erst gar nicht, denn einerseits sieht die Band ihre Arbeit in erster Linie als ernstgemeinte Verbeugung vor dem großartigen Lebenswerks eines Lou Reed, andererseits hat sie es geschafft, das Feeling der einzelnen Tracks auf ihren eigenen Versionen sehr gut einzufangen (was bei solchen Unterfangen fast schon am wichtigsten ist) und außerdem hat es tatsächlich was, die Texte des New Yorkers auch mal auf Deutsch – oder in diesem Fall besser gesagt Wienerisch – zu hören. Kritikpunkte? Ja, da fallen dem Rezensenten hier und da Kleinigkeiten auf, die aber eigentlich zu lapidar sind, um weiter ausgeführt zu werden. Denn klar ist auch, dass die Original-Songs aufgrund zeitlicher und Kontinent-übergreifender Unterscheide in ihrer Ur-Form schlicht und ergreifend nicht reproduzierbar sind. Aber die Buben im Pelz wissen das natürlich, weshalb sie klugerweise von vornherein einen anderen Ansatz gewählt haben. "Verwandler" darf sich jedenfalls gerne die Prädikate 'Sehr cool' und 'Sehr gelungen' anhaften!

Und klar wäre es auch wünschenswert gewesen, das komplette Album "Transformer" oder gar "Berlin" geboten zu bekommen. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.


Line-up Die Buben Im Pelz:

David Pfister (Gesang)
Christian Fuchs (Gesang)
Christof Baumgartner (Bass, Akustik-Bass, Autoharp)
Markus Reiter (Akustische & Elektrische Gitarren, Bass)
Bernd Supper (Piano, Gesang)
Gernot Scheithauer (Schlagzeug & Percussion, Vibraphon, Harmonium, Programming)

Tracklist "Verwandler":

  1. Candy sagt
  2. Die Wüdn
  3. Alles wird gut wennst nichts mehr willst
  4. Rock’n’Roll
  5. I pick fest an dir
  6. Blassblaue Augen
  7. Wischen
  8. Wellen der Angst
  9. Alles löst sich auf

Gesamtspielzeit: 35:47, Erscheinungsjahr: 2023

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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