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Don Stevenson / Buskin In The Subway – CD-Review

Don Stevenson / Buskin In The Subway - CD-Review

Don Stevensen ist Gründungsmitglied und Schlagzeuger der Mitte der 1960er Jahre ins Leben gerufenen Westcoast-Band Moby Grape. Diese Band hatte neben beachtlichen Erfolgen auch viele unschöne Klippen zu umschiffen. Neben Persönlichem ist da vor allem der Namens-Rechtstreit mit Manager Matthew Katz zu nennen. Das alles würde aber den Rahmen eines Reviews sprengen. Wichtig für uns Musikhörer ist alleine die Tatsache, dass die Musiker immer noch sporadisch zusammen spielen, bzw. musikalisch tätig sind.

So auch Don Stevenson, der mittlerweile allerdings hauptberuflich in Kanada als Immobilienmakler tätig ist. Nach seinem Album "King Of The Fools" aus dem Jahr 2011 liegt nun mit "Buskin In The Subway" sein zweites Soloalbum vor, welches viele Parallelen zu seiner alten Band, die man übrigens schon in einen Atemzug mit Jefferson Airplane, den Byrds, Gratefuld Dead oder QMS nennen kann, aufweist.

Die gekonnte Verschmelzung von Psychedelic, Rock, Country, Folk, Blues und Jazz war das Markenzeichen von Moby Grape. Daneben schrieben alle Musiker Songs und sangen diese auch selbst. Den üblichen, alleine singenden Frontmann gab es also im Line-up nicht. Auch auf vorliegendem Album überrascht die große Anzahl der Vokalisten, wenngleich der Protagonist allerdings schon die Oberhand behält.

Don hat sich für die Platte mit dem John Mellencamp-Drummer Dane Clark zusammengetan, der auch den Endmix für "Buskin In The Subway" übernahm. Übernommen hat er auch Dons Platz hinter der Schießbude. Stevenson, der in anderen Bands auch Gitarre spielte, steht also hier am Sechssaiter und hinter dem Mikro. Viele befreundete Musiker listet das Line-up und bis auf den 1999 verstorbenen Alexander 'Skip' Spence sowie Bob Mosley sind mit Jerry Miller und Peter Lewis alle Moby Grape-Musiker dabei.

An die 'gute alte Zeit' knüpft schon das Cover-Artwok an. Dieses stammt von Helen Hersh, die bereits Ende der Sechziger für die Plakate des New Yorker Fillmore East zeichnete. Auch für Moby Grape entwarf sie Tourplakate. Und was das Cover verspricht, hält die Musik. Bereits der Opener "I’m Leaving You" hat diese quirlige, jamartige Country Rock-Attitüde mit mehreren Gitarren und mehrstimmigem Gesang, tollem Refrain und lässt den Hörer einfach mit nach Vorne gehen. Da ist keine Spur von Altersmüdigkeit zu erkennen. Hier und da blitzt die Marshall Tucker Band etwas durch, Pure Prärie League lugen um die Ecke und es brodelt auch schon mal subtil über die mexikanische Grenze.

Überhaupt haftet Stevensons Album stets dieses harmonische Grundgerüst an, das aus Gitarren und Gesang nach allen Seiten offen ist, ohne sich für eine Seite zu entscheiden. Äußerst gekonnt werden die Gitarren eingesetzt. Mal eine treibende oder dienliche Slidesequenz, die Mandoline überbordet nicht und plötzlich dreht sich der Wind hin zu leicht jazzigen Tunes. Fast unbemerkt, wie das den Mannen um Jerry oft so trefflich gelang. Folk schimmert durch, bluesige Schwaden tränken die Luft und die Gitarren flirren. Und das alles wie aus dem Hemdsärmel geschüttelt. Die Jungs haben ihr Handwerk halt zu einer Zeit gelernt, als man gut sein musste, weil es im Wochenrhythmus Knalleralben gab.

"Almost Feels Good To Feel Bad" beweist, dass man auch ohne den gekonnten Harmoniegesang begeistern kann. Diese bluesige Jazznummer mit dezenter Trompete zeigt, wie das weiland auch bei Moby Grape zuging. Und das Label hat Recht, wenn es schreibt, dass "Buskin In The Subway" auch ein Moby Grape-Album hätte sein können. Die Platte atmet den Geist der großen Westcoast-Zeit ohne auch nur die Spur eines Staubkorns angesetzt zu haben. Und Don Stevensons Stimme ist zu keiner Sekunde das Alter anzumerken. Der Mann wird in drei Jahren achtzig Jahre alt! Die beiden anderen Moby Graper sind im Übrigen unwesentlich jünger. Hut ab!

"Buskin In The Subway" ist eines dieser Alben, von denen man meint, man hätte es schon immer besessen – weil diese Musik einfach so vertraut ist. Dabei ist lediglich "8:05" vom Debütalbum bekannt.  Schön, dass damit ein Stück der Band den Weg auf die Platte gefunden hat. Auf jeden Fall hat es Don Stevenson geschafft, mich derart anzufixen, dass ich mein sehr schwach bestücktes Moby Grape-Lager auffüllen muss. Beide Daumen nach oben, dicker Tipp.


Line-up Don Stevenson:

Don Stevenson (vocals, guitar)
Burton Cummings (vocals, keyboards)
Omar Spence (vocals)
Jerry Miller (vocals, guitar)
Awren Lewis (vocals)
Dane Clark (vocals, guitar, bass, drums & percussion)
Mimi Mapes (vocals)
Erik Skull (vocals, guitar, mandolin)
Julie Long (vocals)
Fergus Hambleton (vocals)
Tim Bovaconti (vocals, guitar, mandolin)
Jack Taylor (vocals)
Kenny Vaughan (guitar)
Peter Lewis (guitar)
Dave Roe (bass)
John E Gee (bass)
Jeff Jone (bass)
Troy Kinnot (keyboards)
Jul Skull (violin)
Paul Yinger (trumpet)

Tracklist "Buskin In The Subway":

  1. I’m Leaving You
  2. Do You Ever Think About Me
  3. Buskin In The Subway
  4. Dog On A Bone
  5. See You Everywhere I Go
  6. Driven The Rain
  7. Regret
  8. Almost Feels Good To Feel Bad
  9. Walkin' In The Fire
  10. It’s Getting Late
  11. The Letter
  12. I Counted On You
  13. Urban Angel
  14. 8:05

Gesamtspielzeit:54:32, Erscheinungsjahr: 2018

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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