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Doro European Tour 2022 – Konzertbericht, 24.05.2022, F-Haus, Jena

Doro im F-Haus in Jena, 2022

Die Fans vergöttern sie, dabei hat sie doch schon lange einen Adelstitel. Doro Pesch, Künstlername Doro, ist die inoffizielle 'Queen Of Metal' und besitzt damit einen Titel, der ihr keineswegs schmeichelt. Wo immer sie die Bühne betritt, wird die Aufmerksamkeit in Bruchteilen von Sekunden auf diese Frau gelenkt, die zu den erfolgreichsten Rocksängerinnen unseres Landes gehört. Dabei springt nicht nur der sprichwörtliche Funke sofort über. Sie schafft es, das Publikum durch Sprache und Gesten einzubeziehen. Bei ihrem Auftritt im Jenaer F-Haus strahlte sie über beide Wangen und lobte zu Beginn ihre Anhängerschaft für die Textsicherheit. Doro geht noch weiter: Es sind die Fans, meint sie, die die jeweiligen Kompositionen entstehen lassen.

Ihre Moderationen fallen kurz aus. Sie gibt Titel und Album preis und legt los, als wolle sie ihren Fans zurufen: »Jungs und Mädels, wir haben keine Zeit zu verlieren, ich habe Euch viel Musik mitgebracht.« Auf der Bühne sehen wir keine Allleinunterhalterin. Ihre vier Bandkollegen, darunter Bas Maas aus den Niederlanden mit 13 Jahren Zugehörigkeit als dienstältester Gitarrist, sind ein kollektiver Teil des Ganzen. Posen, Bewegungsabläufe und deren solides Spiel machen das Konzert zum kurzweiligen Genuss. Hier wird jedem Metal-Fan noch einmal klar, warum er sich dieser Musikrichtung verschrieben hat.

Bas Maas aus den Niederlanden ist seit 13 Jahren dabei

Bas Maas aus den Niederlanden ist seit 13 Jahren dabei

Im kommenden Jahr feiert die 1,60 Meter große Frau, die im Metal zu etwas Großem heran gereift ist, ihr 40-jähriges Bühnenjubiläum. »Wir werden feiern, wir wollen poltern. Es soll auf alle Fälle etwas Besonders werden«, weiß sie bereits, denn schließlich habe es vor 20 Jahren ebenfalls eine Feier gegeben. Vielleicht könnte es ein neues Album geben. Hoch im Kurs für die Feierlichkeiten steht ihre Geburtsstadt Düsseldorf, ließ sie schon einmal anklingen. Wenn Doro mit ihren Kollegen an Bass und Gitarren Aufstellung zum Posen nimmt, dann ist das Heavy Metal pur. Das wollen die Fans sehen. Es ist jedoch keine billige Anbiederung, das wissen die Metal-Fans ebenfalls einzuschätzen.

Im Konzert erklingen 18 Lieder, ein guter Querschnitt aus der frühen Warlock-Zeit und zwei Stücke aus ihrem bislang letzten Album, "Forever Warriors / Forever United." Das sind der Opener "All For Metal" und "Blood Sweat & Rock’n’Roll". Letztgenannten Track kann man gut und gern als Hymne werten, die im Konzert als solche neben "All We Are" hervorsticht. Doro ist fraglos auch eine gute Balladen-Sängerin, doch diese sollen an dem Abend offenbar gar nicht erst erklingen, so dass es bei dem deutschsprachigen "Für immer" bleibt – auch eine Art Erkennungsmelodie aus ihrem Repertoire. Es geht vor allem um den 'Oldscool-Metal', wie die Sängerin bekräftigt. Da muss es krachen. Von 18 Kompositionen stammen acht aus der Zeit mit ihrer Band Warlock (1982-1988). Es ist eine bedeutende Zeit in ihrer Karriere. Die Formation hatte mit ihren vier Studioscheiben international beachtliche Erfolge feiern können. 1986 durften Warlock Judas Priest auf deren Tour begleiten. Diesem Ereignis ist als einziges internationales Cover "Breaking The Law" gewidmet. Der Auftakt ist außergewöhnlich. Es beginnt mit Gitarre und Gesang zunächst als Akustik-Version, ehe es alle Akteure im weiteren Verlauf wie im Original richtig krachen lassen. Die Titel ihrer früheren Band laufen sachlich korrekt als Warlock-Cover. Als damals Musiker die Band verließen und sich Doro entscheiden musste, wählte sie den Schritt einer Solokarriere für ihre weitere Zukunft..

Gefühlvoll singt Doro Balladen. Rechts Bassist Stefan Herkenhoff

Gefühlvoll singt Doro Balladen. Rechts Bassist Stefan Herkenhoff

Doch fühlt sich diese Karriere fast nur wie ein formaler Schritt an. Das Energiebündel, das ständig die Fäuste nach oben reißt, das singt, das moderiert und das die Haare im Takt der Musik standesgemäß bewegt, ist stets umgeben von musikaffinen Menschen, die ihr Handwerk beherrschen und Doro zur Seite stehen. Doro ist aber auch die internationale Künstlerin. Sie pflegte nicht nur Kontakte zu Motörhead’s Lemmy Kilmister oder heute zu Tarja Turunen. Es entstanden jeweils mit ihnen gemeinsam Lieder. In ihrer eigenen Band spielen aktuell Musiker aus den Niederlanden, aus den USA und aus Deutschland. Lange, bevor solche Begriffe wie Multi-Kulti entstanden sind, war Doro bereits so etwas wie eine Botschafterin im grenzenlosen Austausch unter gleichgesinnten Musikern.

Ihre Faszination als Künstlerin geht von ihrer Glaubwürdigkeit und ihrer Bodenständigkeit aus. Das Salz in der Suppe bleiben dabei ihre Liveauftritte. Diese spult sie nicht ab, sie lebt diese bis ins letzte Detail, dabei unterstützt von einer gut aufgelegten Kapelle. Dort, wo sie auftritt, bringt die Rockröhre ein Stück Festivalatmosphäre in den kleinsten Club. Festivals – das ist gewiss ihre Welt, aber jeder Club der Welt ist nicht minder wichtig.

Von der Metal-Queen gibt es ein ehrliches Statement, das natürlich der objektiven Faktenlage geschuldet ist: »Ich habe keine Kinder oder einen Ehemann. Ich bin mit der Band, der Crew und den Fans verheiratet (…) Das ist meine Familie.« Danach lebt und handelt sie. Wer sie einmal live gesehen hat, nimmt ihr diese Worte ab. Es ist ein Lebensbekenntnis für die lange Zeit ihrer Musikerkarriere.

Ein herzliches Dankeschön von RockTimes geht an Andreas Klink, F-Haus Event GmbH Jena, für die Bereitstellung der Fotoakkreditierung und die freundliche Unterstützung.


Line-up Doro:

Doro (vocals)
Bill Hudson (guitar, backing vocals)
Bas Maas (guitar, backing vocals)
Stefan Herkenhoff (bass, backing vocals)
Johnny Dee (drums)

Tracklist Doro:

  1. I Rule The Ruins
  2. Burning The Witches
  3. East Meets West
  4. Thunderspell
  5. Hellbound
  6. Blood Sweat & Rock’n’Roll
  7. Soldier Of Metal
  8. Raise Your Fist
  9. Für immer
  10. Metal Racer
  11. Drum-Solo Johnny Dee
  12. Earthshaker Rock
  13. Revenge
  14. All For Metal
  15. All We Are
    Zugaben:
  16. Love Me In Black
  17. Breaking The Law
  18. True As Steel
  19. Evil

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

6 Kommentare

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  1. horst

    Hallo Mario,
    an dem Abend gab es auch eine Supportband.
    Schade das darüber hier nichts zu lesen steht.
    Horst, StormHammer.

    1. Mario Keim

      Hallo Horst,
      Danke Dir für Deinen Eintrag. In der Regel bin ich immer bestrebt, in Konzertberichten auf den Support einzugehen. Das verlangt schon die Chronistenpflicht. In Jena habe ich die Darbietung ebenfalls mit Interesse verfolgt. Soweit ich mich erinnere, war es aber optisch und akustisch schwierig, die Band einzuordnen. Aufgrund zahlreicher Verschiebungen des Konzertes von Doro war ich an diesem Abend ohnehin sehr stark auf die Sängerin und ihre Band fixiert, die ich seit 1990 noch nicht gesehen hatte. Vor dem Fall der Mauer war es mir ohnehin nicht vergönnt. Insofern ist es mein Versäumnis, dass ich nicht auf die Vorband eingegangen bin. Korrigieren lässt sich dieser Fehler nicht mehr. Mein Wunsch beziehungsweise mein Appell an die Veranstalter: Sie sollten prüfen, in welcher geeigneten Form der Support kommuniziert wird, damit dieser nicht als Pausenfüller wahrgenommen wird. Das scheint mir ein Gebot der Stunde zu sein. Schon aus Respekt vor den Künstlern. Es darf nicht sein, dass ich als Besucher den Saal verlasse und hinterher nicht einmal weiß, wer die erste Band des Abends war.
      Gruß Mario

  2. Frank Bernhardt

    Hallo, Mario,

    Großen Dank für Deine stimmige Rezension, die es ziemlich gut trifft! So habe ich es auch empfunden (ich stand in etwa mittig in Reihe vier).
    In die Setlist könnte man vielleicht noch das ausgedehnte Drum-Solo von Johnny Dee zwischen "Metal Racer" und "Earthshaker Rock" einfügen, wie denkst Du darüber? Ich fand es sowohl musikalisch, als auch von der Arbeit mit uns, dem Publikum, einfach klasse!
    Vor Titel 15 könnte man zudem noch den Hinweis "Zugaben" notieren.

    Um eine tatsächliche Korrektur würde ich Dich gern noch bitten wollen: Das Line-up ist nicht korrekt!
    Der neue Bassist Stefan Herkenhoff (DE), der 2021 von "Beyond The Black" wechselte, sowie Gitarrist Bill Hudson (US) ersetzen nunmehr ihre langjährigen Vorgänger Nick Douglas und Luca Princiotta! Das betrifft dann auch die entsprechenden Bildunterschriften.

    Noch etwas "off-topic": Mir sind (bisher) fünf Leute bekannt (mich eingeschlossen), die sich auf eben diesem Konzert mit COVID-19 infiziert haben. Einem jüngeren Kumpel von mir geht es derzeit so gar nicht gut. Es liegt die Vermutung nahe, dass es noch mehr erwischt haben könnte. Allen wünsche ich schnelle und rückstandsfreie Genesung!

    Metallische Grüße aus Kahla von Frank!

    1. Mario Keim

      Hallo Frank,
      wir dürfen uns sehr glücklich schätzen, solche aufmerksamen Leser wie Dich in unseren Reihen zu haben. Deine Hinweise haben wir sofort aufgenommen und die Seite aktualisiert. Sicherlich ist das einer der großen Vorzüge im Internet. Dank Deiner guten Kenntnisse konnten wir somit den kleinen Schwachstellen der Doro-Webpräsentation trotzen. Den Konzertgenuss soll das in keiner Weise schmälern. Ich freue mich, dass wir beide diesen Abend mit gleicher Freude empfunden haben.
      Sollte es tatsächlich zutreffen, dass sich Konzertbesucher an diesem Tag mit COVID-19 infiziert haben, dann wünscht die Redaktion von RockTimes natürlich allen betroffenen Personen baldmögliche Genesung.
      Bleibe uns gewogen. Alles Gute für Dich und nochmals ein riesiges Dankeschön.
      Viele Grüße nach Kahla von Mario

  3. Mario Keim

    Hallo Wilhelm Eric,
    zunächst ein paar Zusatzinfos, weil ich schon danach gefragt worden bin. Und danke für Dein überaus positives Feedback. "Unsere" Doro wirkte von der ersten Sekunde an wie die Lady von nebenan. Mädchen kann ich ja kaum schreiben. Sie ist mein Jahrgang:-). Erst einmal fiel mir auf, dass sie ihre doch zum Teil ungeliebten deutsch-englischen Moderationen gar nicht im Gepäck hatte. Sie war sehr natürlich, ja herzlich. Ansage Titel, Album, wie ich schrieb, und schon der nächste Track. Die Trackliste scheint sich ständig zu ändern. Bei setlist.fm im Internet findest Du bei ihr nichts Aktuelles. Ich hatte die Aufstellung am Tag drauf beim Management per E-Mail angefordert. 10.00 Uhr war sie da. Beispielhafte Zuverlässigkeit. Auch das ist bemerkenswert. Doro und ihre Band im Jenaer F-Haus: Mehr Metal über 90 Minuten geht nicht. Ich hatte sie leider noch nicht live gesehen und mich riesig auf den 31.03.2020 gefreut. Die Wiederholung war Kindergeburtstag und Weihnachten auf einen Tag, um es einmal so auszudrücken:-)
    Ich bin durch Beruf und Freizeit seit 32 Jahren Konzerten mit Herz und Leidenschaft verbunden. Wenn Du solche eine Formation vor bzw. hinter der Bühnenkante hast, dann kann Dir praktisch nichts passieren. Old School vom Feinsten. Allerdings bin ich Doro und den Veranstalter für diesen Abend überaus dankbar!
    Keep it hard, keep it heavy – Herzlichst Mario

  4. Wilhelm Eric Berwanger

    Hallo Mario,
    tolle Story, klasse Fotos und eine geile Tracklist von Doro!
    Die angesprochene Judas Priest-Tour mit Warlock habe ich am 16. Oktober 1986 in Saarbrücken (Saarlandhalle) gesehen.
    Wahnsinn, unsere "Queen of Metal" hat sich kaum verändert.
    Rockige Grüße von Wilhelm

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