Bei Down With The Gypsies handelt es sich um eine relativ neue, im Jahr 2015 gegründete, Band aus Karlsruhe und dem österreichischen Linz, die nun mit "Kassiopeia" ihr Debütalbum vorlegt. Sehr viel mehr ist im weltweiten Netz nicht zu finden, aber immerhin ist hier mit dem ehemaligen Space Debris-Bassisten Mitja Besen ein RockTimes bekannter Name mit am Start. Vergleichen kann man diese beiden Bands aufgrund ihrer doch sehr unterschiedlichen musikalischen Ausrichtung kaum, aber das muss ja auch nicht sein. Neben zwei Gitarren, Bass, Schlagzeug sowie Keyboards machen die weiteren Instrumente Flöte und Klarinette zunächst einmal neugierig. Bereits beim "Intro" (das immerhin knapp sechseinhalb Minuten lang ist) weiß der interessierte Hörer, dass er es hier mit etwas Speziellem zu tun hat. Geheimnisvolle und spannende Keyboards kreieren zusammen mit der Flöte geheimnisvolle Sounds, während Gaba Wierzbickas teilweise wortloser Gesang noch zur 'unheimlichen' Atmosphäre beiträgt.
Wow, okay, das ist wirklich packend, was hier abgeht. Das ist psychedelisch und folkig zugleich, dazu aber noch lange nicht alles, was Down With The Gypsies so im Köcher hat. Gut, wir schmeißen jetzt einfach mal alle Schubladen über Bord und… versinken. Versinken in diese Songs, denn genau das geschieht mit dem interessierten Hörer. Wie in einem Traum wandelt er durch schemenhafte Landschaften voller Schatten, angenehmen wie auch bedrohlichen Geräuschen und irgendwie auch Geisterhaftem. Auf seltsam aufwühlende Weise ist das alles ein bisschen unwirklich, ein bisschen ungewiss und auch etwas beängstigend, wobei einem die immer wieder auftauchende Stimme sehr optimistisch Mut zuzusprechen scheint. Bei "Sky Full Of Cars" ist der Hörer auf der nächsten Etappe seiner Reise angekommen und alles um ihn herum scheint wieder etwas realer geworden zu sein. Ein festigendes Piano weist den Weg und der sehr starke Gesang lässt den Reisenden – unterstützt von den nun bodenständigeren Drums, dem beruhigenden Bass sowie den sanften, sich im Hintergrund befindlichen Gitarren – wieder deutlichen Kontakt zur Wirklichkeit aufnehmen. Ein Trugschluss? Die Nummer endet mit weiteren Traum-ähnlichen Keyboard-Sounds, die von einer Saz ummalt werden. Und so wird dem Hörer klar, dass dieser Trip noch lange nicht vorbei ist…
Fast schon getragen starten ein Piano, Percussion und ein bodenständiger Bass den Track "Icarus", der sich tempomäßig fast schleichend zu steigern scheint. Während diesem Song und auch dem folgenden "Jamonem" kommen dem Rezensenten auch mal Jazz- sowie World-Einflüsse in den Sinn, während er sich fragt, ob er überhaupt noch vollkommen objektiv bei der Sache, oder bereits voll im "Kassiopeia"-Wahn gelandet ist. Und ohne die restlichen beide Stücke benachteiligen zu wollen, möchte ich hier nur noch erwähnen, dass die qualitativ extrem hoch gesetzte Messlatte mühelos gehalten wird. Diese Scheibe muss jeder für sich selbst entdecken und alleine schon deshalb will ich hier gar nicht mehr verraten. Vielleicht nur noch, um es mal mit dem guten Hermann Hesse (den Spruch hatte Pur nämlich lediglich geklaut) im positivsten Sinne zu sagen: »Der Eintritt kostet den Verstand.«
Ich kann es nur nochmal betonen: WAS für ein Trip! Selten habe ich ein so atmosphärisch dichtes, frisches und intensives Album einer Newcomer-Band hören bzw. erleben dürfen. Denn ein Erlebnis ist "Kassiopeia" von Down With The Gypsies im wahrsten Sinne des Wortes. Kein Album für jeden Tag, denn wenn man sich darauf einlässt, dann reißt es einen mit, lässt den Hörer einsteigen und an einem wahren Höllenritt durch sein inneres Selbst mitnehmen, in fremde Welten, aber auch bekannte Abgründe, die er meistens lieber im Verborgenen lassen würde. Ein wahres Abenteuer, für das man der Band nicht genug Respekt zollen kann.
Der einzige Nachteil könnte sein, dass diese dichte Atmosphäre live auf der Bühne nicht zu 100 % umzusetzen ist. Aber das wird man (hoffentlich!) noch sehen Down With The Gypsies sind gerade von ihrer ersten Europa-Tour zurück und deshalb darf Hoffnung aufkommen, dass die Combo in absehbarer Zeit wieder ausgiebig auf deutschen Bühnen unterwegs sein wird. Alle Daumen nach oben!
Line-up Down With The Gypsies:
Gaba Wierzbicka (guitars, keyboards, vocals)
Philipp Reiter (flute, clarinette, percussion)
Melina Tzimou-Weis (guitars)
Mitja Besen (bass)
Tom Schneckenhaus (drums, saz)
Tracklist "Kassiopeia":
- Intro
- Sky Full Of Cars
- Icarus
- Jamonem
- Alejandro
- Marsz
Gesamtspielzeit: 43:56, Erscheinungsjahr: 2017
2 Kommentare
Sjörn
21. September 2019 um 23:14 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Ganz tolles Review, mit dem Herzen geschrieben und zu 100% nachvollziehbar. Mir hat Armors Pfeil auf dem Herzberg Festival 2019 mit der Armbrust mitten ins Herz geschossen und Down with the Gypsies in meinem Plattenschrank einzementiert. Was für ein grandioses Album! Seit langem hat mich nichts mehr so sehr begeistert, süchtig gemacht, mir Freudentränen in die Augen schießen lassen. Traumhafte Musik, von Dir exzellent beschrieben.
Markus Kerren
14. Oktober 2019 um 11:39 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Danke für die Blumen, Sjörn. Und es ist ja auch wirklich ein tolles Album. Wollen wir hoffen, dass bald auch ein Nachfolger erscheinen wird.