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Downes Braide Association / Skyscraper Souls – CD-Review

Wie schön, wenn man Zeit für Hobbys hat! In diesem Fall 'hörbar' schön; denn Geoff Downes und Chris Braide zeigen ihr neues Album her. Nach "Pictures Of You" (2012) und "Suburban Ghosts" (2015) ist "Skyscraper Souls" schon ihr drittes gemeinsames Machwerk, das unter dem offiziösen Projektnamen Downes Braide Association zu haben ist. Nötig hätten sie es sicherlich nicht gehabt; aber Lust muss vorhanden gewesen sein – denn die Zeit zum Komponieren und Produzieren hatten die schwer beschäftigten beiden Herren bestimmt nicht im Überfluss. Schließlich ist Downes mit Yes und Asia nach wie vor schwer aktiv; und Braide – wie Downes Brite, aber schon länger in Kalifornien ansässig – hat sich als Songschreiber und Produzent für Pop-Promis wie Kylie Minogue, Lana Del Rey, Britney Spears, Sia und vielen mehr seine Meriten verdient. Bei all diesen Aktivitäten war nicht einmal Zeit, sich nur ein einziges Mal zu treffen und im selben Raum zusammen zu schreiben und zu musizieren. Alles enstand über große Distanz per Hin- und Herschicken – einschließlich der Beiträge einiger, mitunter prominenter, Gastmusiker. Einer leibhaftigen Rockband hätte dieses separate Arbeiten möglicherweise geschadet – diesem Projekt mit ihrer (wie es so schön und treffend von Promoter-Seite heißt) 'Pop-Ästhetik' allerdings nicht.

Pop-Ästhetik bedeutet jedoch keinesfalls, dass die Downes Braide Association – kurz: DBA – Pop ist. Würde jemand behaupten, "Worlds Apart" von Saga oder "90125" von Yes wären Pop-Alben? Ähnlich glatte Klänge; eine ähnliche akustische Klarheit und 'unrockige Leichtigkeit hat "Skycraper Souls". Und ist dabei ähnlich kunstvoll – alles andere als 08/15. Das zeigt sich auch an den Lyrics – richtig schöne Poesie; und schon das einleitende "Prelude" zeugt davon, wie ausgesprochen aufbauend und Kraft spendend das künstlerische Wort auf dem gesamten Album wirkt:

This is a song for those who never stop believing / Even when life seems unfair /
You’ll Get There
This is a prayer / For all the lonely climbers reaching / Don’t give up / You’ll Get there
("Prelude")

Das Vorspiel gehört zum sofort an zweiter Stelle folgenden Titelsong. Und dieser ist satte 18 Minuten lang. Keine Pop-Gefahr! "Skyscraper Souls" ist ein Kunstwerk, tatsächlich etwas im Stil klassischer Yes, aus dynamischen Drives, die sich durch große Lässigkeit auszeichnen und vielen nachdenklichen Stimmungen trotz großer Dur-Dominanz. Und es passt! Der Drumsound und manche Keyboards – das klingt nach 80ern, aber nicht 'überholt'. Die DBA hat da ein feines Mittelmaß gefunden. Ausgedehnte Breaks klingen manchmal wie ein Nachhall des gerade Reflektierten – eine schöne und (funktionierende) Idee ist beispielsweise die Reprise des "Prelude"-Gesangs, aber gesungen von Braides Söhnen Sascha und Elijah. Kein Kitsch, sondern schön! Auch amtliche Gitarrensoli gibt es natürlich (toller Job von Dave Colquhoun!). Und der Chorus (hier hat Christopher Braide The B-52s-Sängerin Kate Pierson als Background-Stimme engagiert) glänzt mit seiner fast feierlichen Melodie und will so überhaupt nicht mehr raus aus dem Kopf. Der Song erzählt von zwei Menschen, deren einst innige Beziehung sich in Entfremdung und scheinbarer Perspektivlosigkeit festgerannt hat, räumt dann aber immer wieder den Weg für Mut und Optimismus frei:

If we can’t turn back the clock / We’ll just keep turning on this rock
Searching for a place called home / With our Skyscraper Souls

Derart episch wird es nicht mehr. Was die Lyrics angeht, folgt das Album aber einer klaren Linie. Das wehmütig-fragile Klavierstückchen "Glacier Girl" spricht einer verlorenen Seele Kraft zu. Und "Angel On Your Shoulder" (Braide erhält im Gesang Unterstützung von Matthew Koma aus New York) erinnert ein ganzes Stück weit euphorischer daran, dass es ein himmliches Wesen gibt, das uns stets begleitet. Auch die sehnsüchtig schöne dreivierteltaktige Ballade "Tomorrow" (zusätzlicher Lead Gesang und Querflöte: David Longdon von Big Big Train) passt als poetisch-musikalische Liebeserklärung prima ins 'Konzept' – und auch "Lighthouse" ist als Metapher zu verstehen:

Shine
You are a light beam / A prism of glass
You are the brightest flame / You’ll find the way back
Shine
You know the danger signs / Long before the crash
Don’t let your heart drown / Your soul is a lighthouse

"Lighthouse" ist ein malerisches Musikstück mit träumerisch-eindringlichen Atmosphären, kristallklaren Piano-Begleitakzenten, ansatzlos eingewobenen, einfühlsamen Gitarrensoli und gespenstisch-schönen Backings-Arrangements.

Bei "Skin Deep" wird das Bild des 'Glacier Girls' nochmals aufgenommen – eine durch und durch wehmütig-butterzarte Nummer, begleitet von dezentem Piano und hintergründiger, weit entfernter Trompete. Braides Lead-Gesang wird dieses Mal von der britischen Pop-Ikone Marc Almond zu einem Duett ausgeweitet. Respekt für das Feeling, welche Stimmen auf dem Album zu was passen – Marc Almond überzeugt! "Darker Times" – der letzte Song vor dem kurzen "Finale" ist eines von mehreren Stücken, bei denen Andy Partridge (ehemals Teil der New Waver XTC) mit Backing Vocals Teil hat: mal wieder eine nachdenkliche Nummer, die mit ihrer hypnotischen Atmosphäre beinahe ein wenig an die Hamburger Progger von Sylvan erinnert. Wieder so ein berührendes Gitarrensolo, das sich über die endlos scheinenden Schleifen des Background-Gesangs legt; wieder solche Seelen streichelnde Klänge, die man beim Hören selbst als bedrückend oder aufbauend interpretieren muss. Allein schon die Tatsache, dass das nicht von vornherein so eindeutig ist, zeigt, welche besondere Klasse dieses Album von Geoffrey Downes und Christopher Braide hat. So eingängige Klänge mit doch so viel Bedeutung – "Skycraper Souls" ist mitnichten ’nur so ein Nebenprodukt' …


Line-Up Downes Braide Association:
Christopher Braide (lead vocals, piano, keyboards, programming)
Geoffrey Downes (vocoder, piano, keyboards, programming)

Ash Soan (drums, percussion)
Andy Hodge (bass guitars)
Dave Colquhoun (lead guitars)
Andy Partridge (background vocals, lead and acoustic guitars, mandolin and sleigh bells – #1,3,8,9)
Marc Almond (lead vocals – #7)
Kate Pierson (vocals – #2)
David Longdon (vocals, flute – #5)
Patrick Howley (lead guitar solo – #4)
Matthew Koma (vocals – #4)
Tim Bowness (background vocals – #6)
Barney Ashton Bullock (narrator)
Elijah Braide (vocals – #2,3,5,6)
Saschs Braide (vocals – #2,3,5,6)
Matt Bourne Jones (trumpet)

Tracklist "Skyscraper Souls":

  1. Prelude (2:15)
  2. Skyscraper Souls (18:09)
  3. Glacier Girl (2:38)
  4. Angel On Your Shoulder (6:49)
  5. Tomorrow (4:20)
  6. Lighthouse (5:40)
  7. Skin Deep (4:33)
  8. Darker Times (7:20)
  9. Finale (1:16)

Spielzeit: 53:00, Erscheinungsjahr: 2017

Über den Autor

Boris Theobald

Prog Metal, Melodic Rock, Klingonische Oper
Meine Beiträge im RockTimes-Archiv

Mail: boris(at)rocktimes.de

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