Dr. John / The Musical Mojo Of Dr. John – Celebrating Mac And His Music – 2 CD+DVD-Review

Ehre, wem Ehre gebührt, oder anders gesagt: Das wurde aber auch allerhöchste Zeit, dass dem aus New Orleans stammenden Musiker, Komponisten und Sänger Malcolm John 'Mac' Rebennack, besser bekannt als Dr. John, 'The Night Tripper' mal in größerem Rahmen die Ehre erwiesen wurde. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass wir es bei Dr. John mit der wohl größten noch lebenden Musiklegende aus 'The Big Easy' zu tun haben. Nicht ganz unschuldig an diesem Mythos sind natürlich auch die sogenannten 'Lehrjahre' des 1940 geborenen Musikers, denn bis er etwa Mitte der sechziger Jahre nach Los Angeles umzog, hatte er bereits Karrieren als vielbeschäftigter Session-Musiker, Produzent, Bordell-Betreiber und – selbst dieser Pest verfallen – Drogen-Verticker im größeren Stil hinter sich. Wegen letzterem landete er schließlich auch ein paar Jahre im Knast, bevor er nach seiner Entlassung im Jahr 1963 nach Kalifornien übersiedelte. Dort entwickelte er sich ebenfalls sehr schnell zu einem sehr gefragten Session-Musiker und war (wie u. a. Leon Russell) Mitglied der Wrecking Crew (ca. zwölf bis 15 der besten Session-Musiker L.A.’s, die in den Sechzigern auf so ziemlich jedem bekannten, dort aufgenommenen Hit zu hören sind), bevor 1968 sein erstes Soloalbum "Gris Gris" (mit dem Klassiker "I Walk On Guilded Splinters") erschien. Seine Karriere hält seitdem – wie bei vielen anderen ebenfalls von Höhen und Tiefen bestimmt – bis heute an und sein Gesamtwerk sowie auch sein Ansehen in der Szene können sich mehr als sehen lassen.

Um den Doctor und seine Musik zu feiern, fand sich also am 03. Mai 2014 jede Menge Prominenz im Saenger Theatre in New Orleans ein, um dem Meister die Ehre zu erweisen. Und wenn man sich die Namen so ansieht, kann sich durchaus schon mal das eine oder andere Nackenhärchen aufstellen. Noch viel mehr bei der Musik. Direkt zu Beginn ist Dr. John mit dem 'Boss' auf der Bühne, der dessen "Right Place Wrong Time" zu durchaus angefunkten Klängen so richtig abrockt. Cyril Neville (The Royal Southern Brotherhood) bringt eine klasse Performance von "My Indian Red" und George Porter Jr. legt im Verbund mit Zigaboo Modeliste (Ex-The Meters) eine klasse Version von "Junko Partner" aufs Parkett. Überhaupt waren außer den weltweit großen Namen auch einige Stars der New Orleans-Szene angetreten. Die Legende Allen Toussaint etwa (mit "Life"), Irma Thomas ("Since I Fell For You"), Big Chief Monk Boudreaux (in voller Indianer-Häuptling-Montur zu "Big Chief") oder Terence Blanchard zusammen mit dem Doctor bei "Rain". Alles großartig.

Um die ganzen Songs und vielen Gäste zusammen zu halten, gab es natürlich eine feste Band, die – angeführt von dem Bassisten und Produzenten Don Was – schon alleine für sich ein dickes Ausrufezeichen setzt. Somit war also jede Menge Qualität auf der Bühne, was den Gastmusikern ihre Sache nicht nur erleichterte, sondern die Kurzauftritte natürlich auch noch angenehmer und enthusiastischer werden ließ. Die Inbrunst einer Mavis Staples (Ex-The Staple Singers) bei "Lay My Burden Down", der glänzend aufgelegte Ryan Bingham bei "Back By The River", Tab Benoit bei "Stack-A-Lee" oder "Somebody Changed The Lock" von Anders Osborne mit Bill Kreutzmann (Ex-Grateful Dead), das allein ist alles schon ganz großes Kino. Natürlich nicht fehlen darf auch Warren Haynes, der hier einmal mehr eine Hammer-Slide raushaut und mein persönliches Highlight ist einer meiner Lieblings-Tracks des Doctors, "Familiar Reality", hier super gebracht von Widespread Panic mit den Dirty Dozen Brass Band Horns. Es gibt einige wenige Ausnahmen, die nicht ganz so gut wegkommen (wie bspw. Jason Isbell, der zwar eine starke Slide spielt, insgesamt aber zu wenig aus einem Hammer-Song wie "Blow Wind Blow" rausholt oder John Fogerty mit einem immerhin respektablen "New Orleans"), aber deutlich in der Unterzahl sind.

Und am Ende kommt ja dann der Meister auch nochmal selbst auf die Bühne und überzeugt mit dem bereits erwähnten "Rain", einem verschwörerischen "Walk On Guilded Splinters" sowie seinem wahrscheinlich größten Hit, "Such A Night". Ganz großes Kino! Was sich ganz sicher auch auf die beigefügte DVD hätte übertragen lassen können, leider aber ausgelassen wurde. Die jeweiligen Nummern sind so eng aneinander geschnitten, dass man, kaum dass ein Song beendet ist, bereits den nächsten Gastmusiker auf der Bühne sieht, ohne das gerade beendete Stück bereits voll verdaut zu haben. Etwas gepresst wirkt das, hat keine Luft und wackelt nicht, um es mal ganz salopp auszudrücken. Was wirklich sehr schade ist, da der Streifen im Nachhinein auf dem Schneidetisch jeder Menge Atmosphäre und auch Timing beraubt wurde. Zwischendurch gibt es immer wieder mal kleine Interviewfetzen des Doctors, was dann schon eher willkommen ist.

Außer dieser kleinen Schwäche insgesamt aber ein ganz großer Abend zu Ehren des Musikers Dr. John, der sich diesen ganz sicher dick und fett verdient hat. Selbst wenn es dem guten 'Mac' gar nicht mal so wichtig erschien, meinte er doch zu diesem Abend: »Ich versuche, nicht in der Vergangenheit zu leben, aber dass all diese Künstler meine Arbeit gewürdigt haben, bewegt mich doch sehr. Trotzdem ist es mir wichtig, dass die Leute wissen, dass ich immer noch aktiv bin. Ich habe noch so viel Musik in mir«.

Somit dürfen wir uns also hoffentlich noch auf weitere Alben des 'Night Tripper' freuen.

Line-up The All Star Band:

Don Was (bass)
Brint Anderson (guitars)
Kenny Aronoff (drums)
Bobby Campo (trumpet)
John Gros (keyboards)
Chuck Leavell (keyboards)
Mark Mullins (trombone)
Khris Royal (saxophone)
Brian Stoltz (guitars)
Regina McCrary (background vocals)
Freda McCrary (background vocals)
Ann McCrary (background vocals)

Tracklist "The Musical Mojo Of Dr. John – Celebrating 'Mac' And His Music":

Gesamtspielzeit: 52:26 (CD 1), 58:51 (CD 2), 121:00 (DVD), Erscheinungsjahr: 2016 (2014)