Gegenüber den Veröffentlichungen des Øresund Space Collective war das Line-up von Dr Space’s Alien Planet Trip der bisherigen drei Alben überschaubar.
"Vol. 4 – Space With Bass" lässt es schon erahnen, denn die Aktivitäten in den insgesamt sechs Tracks beschränken sich auf Scott Heller aka Dr Space sowie den Bassist Hasse Horrigmoe.
Die Aufnahmen entstanden von September bis Dezember 2019 in Portugal.
Vol. 3 – Featuring Martin Weaver war ein Album mit einem Gitarristen.
Wie aus dem Text im "Vol. 4 – Space With Bass"-Digipak hervor geht, »[…] Dr Space had received the "In Search Of Hades" Tangerine Dream Box Set […], as well as had watched Conny Plank Documentary DVD. […]«
Im Weiteren wird erwähnt, dass die Musik auf "Vol. 4 – Space With Bass" sehr von Tangerine Dream, Neu, Cluster, Brian Eno und anderen beeinflusst wurde.
Eine Art Warnung? »[…] the music is highly challenging at times, […] open your ears and mind to something strange and wonderful. […]«
Eine Empfehlung wird dem Hörer auch gegeben: »[…] We recommend you listen to this album in your headphones, but be careful…«
Okay, dann aktivieren wir doch die Kopfhörer.
Ja, sehr wohl gibt es auf der vorliegenden Platte herausfordernde Momente.
"3rd Eye Into 4th Dimension" ist zum Beispiel so eine Improvisation, die den Hörer fordert. Die zehn Minuten sind provozierend, eine Klangcollage ohne melodische Zusammenhänge. Hier erhält der experimentelle Charakter der künstlerischen Fantasien deutlich Priorität. Das Synthesizer-Zirpen und die -Schwingungen variieren zwar, aber man bekommt in keiner Phase der Nummer den Eindruck, als komme es zu einem atmosphärischen Wechsel, geschweige denn zu Veränderungen der Stimmung. Hier ist der Hörer in der Rolle des Klang-Eroberers.
"Vermis Ex-Deus Primero" ist da schon aus einem anderen Holz geschnitzt.
Der musikalische Stoff fühlt sich weicher an und was Hasse Horrigmoe auf seinem Bass spielt, ist eine hervorragende Klanglandschaft. Diese tiefen Töne werden durch Effekte verfremdet, wobei der Hörer immer heraus hört, dass es sich um einen Bass handelt. Hypnotisch wandern die freien Ideen durch die beiden Kanäle. Solche Stereo-Wirkungen hat man schon lange nicht mehr erlebt. Der erste Track ist psychedelische Trance, die sich zwischen den beiden Ohren über eine Distanz von fast zwanzig Minuten abspielt. Manchmal bekommt man den Eindruck, als verschwinde ein Instrument aus den Kopfhörern. "Vermis Ex-Deus Primero" ist eine wunderschön relaxt wabernde musikalische Masse. Schon zu Beginn ein Highlight.
Von der Song-Spielzeit liegt "Bass Karma" hinter dem Eröffnungsstück von "Vol. 4 – Space With Bass".
Scott Hellers Soundgeschöpfe mögen an Tangerine Dream erinnern, aber dennoch ist es in gewisser Weise ein ziemlich dünner Faden, der zu den deutschen Elektronik-Künstlern führt.
Zu verträumten Dr Space' – auch melodischen – Synthesizer-Sequenzen ist Hasse Horrigmoe mit seinen Bass-Effekten anders drauf. Für ein Intermezzo geht es mit Windgeräuschen in eine virtuelle Küstenregion, wo sich die Wellen an einem flachen Strand fast unendlich ausbreiten. Im übertragenen Sinn benetzt "Bass Karma" die Trommelfelle. Bei Dr Space hängt der Himmel nicht voller Geigen, sondern ist ein verträumtes Glockenspiel, aber nur bis das Ende naht, denn dann wird das Lied vom Winde verweht. Highlight, dieses "Bass Karma".
Durch die Untertöne in "Blackcloud" bekommt das Stück einen stetigen Groove, der flott inszeniert wird.
Dieser Track steht im Zeichen einer sehr interessanten Synthesizer-Reise durch Zeit und Raum. Klasse!
Pilze im Weltraum. Da wird nicht lange gefackelt und Dr Space geistert in "Bemushroomed" durchs All. Dem Dr Space-Einfallsreichtum sind quasi keine Grenzen gesetzt, auch wenn es ab und an etwas schräg klingen mag. Neben "3rd Eye Into 4th Dimension" ist "Blackcloud" eine weitere Nummer, die – besonders im zweiten Teil des Tracks – für den Hörer Reibungsflächen bietet. Da mag man nicht auf Anhieb konform gehen. Dieses Lied will erobert werden.
Bei "Lament For The Wicked" schließt sich dann der Trip durch kosmische Gefilde.
Auf aufsehenerregende Art und Weise erdet Hasse Horrigmoe die spacigen Dr Space-Exkurse. Teile der Synthesizer-Action transponieren einen durch ihre repetitiven Charakter in Trance.
Zur LP-Veröffentlichung heißt es: »[…] 300 copies total on Vinyl: 200x black, 100x turquoise
180g – A3 poster – hand numbered – download code. […]«
Dr Space Alien Planet Trip – hier reduziert auf Duo-Format – hat es mit "Vol. 4 – Space With Bass" wieder einmal geschafft, den Hörer auf seine Seite zu ziehen. Wie im Digipak angegeben, ist dieses Album »[…] strange and wonderful. […]«
Bleibt gesund und nehmt euch zur Ablenkung Zeit für gute Musik.
Line-up Dr Space’s Alien Planet Trip:
Dr Space (analog synthesizer, sequencer)
Hasse Horrigmoe (bass)
Tracklist "Vol. 4 – Space With Bass":
- Vermis Ex-Deus Primero (19:57)
- Bemushroomed (12:06)
- 3rd Eye Into 4th Dimension (9:57)
- Blackcloud (10:28)
- Bass Karma (16:20)
- Lament For The Wicked (6:20)
Gesamtspielzeit: 75:44, Erscheinungsjahr: 2020
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