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Dream Theater / Distance Over Time – CD-Review

Dream Theater / Distance Over Time

Auch 20 Jahre nach dessen Veröffentlichung gehen mir die komplexen Melodien des Konzeptalbums Metropolis Pt. 2: Scenes From A Memory nicht aus dem Kopf. Damit schufen Dream Theater einen Meilenstein nicht nur in der eigenen Bandgeschichte. Was war das damals für eine geniale Vorstellung! Dabei war es für mich nicht der Erstkontakt mit dieser Formation, die ich 1995 das erste Mal live sah und die mich schon zuvor schwer beeindruckte. Das sollte sich bis heute nicht ändern.

Nun muss nicht gleich jede Neuproduktion mit dem Werk von 1999 Schritt halten, aber eine gewisse Erwartungshaltung liegt damit schon in der Luft. Konzeptalbum hin, Konzeptalbum her. Die Vorfreude auf das neue Album "Distance Over Time" sollte sich jedenfalls erfüllen, zumal bereits der Name ein wenig nach Konzeptalbum klingt. Dream Theater setzen auch hier auf komplexe Klangstrukturen. Es wird beim Zuhören nie langweilig und klingt immer nach dem eigenständigen Sound der Band.

Mit "Untethered Angel" geht es gleich zu Beginn in die Vollen, denn nach verhaltenem Auftakt wird sehr schnell deutlich, wohin die Reise geht. Der Opener bietet alles, was Dream Theater ausmacht: Schnelle Gitarrenriffs mit Tempowechsel (John Petrucci), den charismatischen Gesang von James LaBrie und  verspielte Keyboardpassagen (Jordan Rudess).

Bei "Paralyzed" gefällt das Zusammenspiel zwischen Gitarre, Schlagzeug (Mike Mangini) und den anfänglichen Computeranleihen. Der Chorus von James LaBrie ist intensiv und verleiht dem Song den richtigen Groove.
"Fall Into The Light" vereint die Merkmale der ersten beiden Titel mit eingängigen Melodien. Da gönnen sich Petrucci & Co. auch mal eine kurze Verschnaufpause, um anschließend noch einmal richtig Druck aufzubauen, ehe es in Sachen Komplexität kein Halten mehr gibt.

"Barstool Warrior" geht im Ansatz in Richtung Ballade und wird stark durch den Gesang geprägt. Das späte Gitarrensolo mit klassischen Anleihen ist ein weiterer Glanzpunkt dieses Sieben-Minuten-Stücks.
Apropos Länge: Mit einer Gesamtspielzeit von 61 Minuten gehört "Distance Over Time" schon zu den kürzeren Alben von Dream Theater, schaffen es die US-Amerikaner doch sonst immer, eine CD mit 77 Minuten komplett auszufüllen.

Komplex geht es bei den nachfolgenden Tracks "Room 137" und "S2N" weiter. Bei "S2N" leitet ein kraftvolles Bassspiel von John Myung den Titel  ein. Die Band unterstreicht auf dem Album insgesamt ihren Hang zur Verspieltheit – ein wichtiges Charakteristikum der 1985 gegründeten Formation.

"At Wit’s End" ist mit 9:20 Minuten die längste Nummer und steckt auch wieder voller Ideenreichtum. Kennzeichen ist hier das schnelle Schlagzeugspiel, wobei sich die Gitarren zurück nehmen.
Außerhalb der Reichweite (englisch: "Out Of Reach") sind Dream Theater garantiert noch lange nicht. Das gleichnamige Stück ist ein sehr ruhiger Titel mit einprägsamen Gitarrenspiel und wird abgelöst durch das epische "Pale Blue Dot". Ein Song mit festlicher Grundstimmung, der die Platte offiziell beschließt, ehe als Bonustrack "Viper King" zu hören ist – Dream Theater auf Abwegen im klassischen Hardrock-Gewand mit Hammond Orgel, ganz im Stile von Deep Purple.

Die Texte auf "Distance Over Time" schrieb die Band in kollektiver Arbeit gemeinsam, auf "Room 137" gibt Schlagzeuger Mike Mangini sein Debüt als Texter. Hier geht es um den Physiker Wolfgang Pauli und die besondere Bedeutung der Zahl 137.
Wer sich zum ersten Mal den Klangpionieren des Progressive Metal nähern möchte, der ist bei "Distance Over Time" bestens aufgehoben. Ich bleibe dabei: Melodisch ist das jüngste Werk ein gefühltes Konzeptalbum.
Anspruchsvoll waren Dream Theater schon immer. Wer es leicht und schnell verdaulich mag, der sollte sich an die Stücke der US-Amerikaner besser nicht heranwagen. Denn deren Nähe zu konzertanter Kost erfordert schon eine gewisse Auseinandersetzung mit deren Musik.

Dream Theater sind anno 2019 zurück zu ihren Wurzeln, ohne diese im Grunde genommen mit den Vorgängeralben jemals ganz verlassen zu haben. Dazu gehört sicherlich auch, dass die Band den Wechsel auf der Position des Schlagzeugers gut verkraftet hat. Hier folgte bereits 2011 Mike Mangini auf  Mike Portnoy.
Bei einer solchen Band ist es auch keine Randnotiz, wenn diese mit dem 14. Studioalbum ihr Plattenlabel wechselte. Danach unterschrieben Dream Theater einen langjährigen Vertrag bei InsideOut Music, dem auf Progressive Rock und Metal spezialisierten Sublabel von Sony Music Entertainment.


Line-up Dream Theater:

James LaBrie (vocals)
John Petrucci (guitars, vocals)
Jordan Rudess (keyboards)
John Myung (bass)
Mike Mangini (drums, percussions)

Tracklist "Distance Over Time":

  1. Untethered Angel (6:14)
  2. Paralyzed (4:17)
  3. Fall Into The Light (7:04)
  4. Barstool Warrior (6:43)
  5. Room 137 (4:23)
  6. S2N (6:21)
  7. At Wit’s End (9:20)
  8. Out Of Reach (4:04)
  9. Pale Blue Dot (8:26)
  10. Viper King (Bonus Track) (4:00)

Gesamtspielzeit:  61 Minuten,  Erscheinungsjahr: 2019

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

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