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Duane Betts / Wild & Precious Life – CD-Review

Duane Betts - "Wild & Precious Life" - CD-Review

'Spätzünder' ist ganz sicher nicht das korrekte Wort für den amerikanischen Musiker, Sänger und Komponisten Duane Betts. Dennoch brachte er nach Jahren mit mehreren (meist eher) lokalen Bands und einer Dekade als zweiter Gitarrist in der Band seines Vaters, des ehemaligen Allman Brothers Band-Gitarristen Dickey Betts, erst im zarten Alter von Vierzig seine erste eigene (übrigens sehr gute) EP mit dem Namen Sketches Of American Music heraus. Anschließend folgte ein Paukenschlag in Form der Gründung der Allman Betts Band (mit Gregg Allmans Sohn Devon als zweitem Namensgeber), die mit Down To The River (2019) sowie Bless Your Heart (2020) immerhin zwei Alben auf den Markt brachte, bevor diese nach dem kompletten Jahr 2021 auf Tour eine »Band-Pause auf unbestimmte Zeit« verkündete. Wie dem auch sei, Duane Betts fühlte sich nun bereit, für sein erstes ganz eigenes Album. »Ich wollte eine Platte machen, die dieses Old School-Florida-Feeling hat und gleichzeitig in der Jetzt-Zeit bestehen kann!«, so der in Sarasota, Florida geborene und aufgewachsene Musiker. Sprich, der Hörer wird wahrscheinlich gar nicht daran vorbei kommen, auch ein gutes Stück an die Allman Brothers und ähnliche Bands der damaligen Zeit erinnert zu werden.

Der gute Duane nahm eine Einladung von Derek Trucks und Susan Tedeschi an und quartierte sich mit seiner Band in deren Swamp Raga Studio in Jacksonville, Florida ein, um die zehn hier vorliegenden Tracks einzuspielen. Hinterlassen die ersten beiden Durchläufe bereits einen sehr guten Eindruck beim Hörer, so explodieren sie mit jedem weiteren geradezu in dessen Kopf. So wie beispielsweise die erste Single-Auskopplung "Waiting On A Song" (die am stärksten an Papa Dickey erinnert), ein flotter Rocker mit spitzenmäßiger Gitarrenarbeit, fein gesetzten Pedal Steel-Einlagen, geschmackvoller Rhythmus-Abteilung und bereicherndem Piano. Oder die zweite Single "Stare Into The Sun" (inspiriert von einem Gespräch mit Trucks, in dem dieser meinte »Dein Vater ist einer jener Gitarristen, die beim Spielen keine Angst haben, direkt in die Sonne zu starren!«), für die der gute Derek auch gerne einen superben Gastbeitrag an der Slide-Gitarre beisteuerte.

Duane Betts kann aber noch viel mehr als die flotten Rocker, was sich beispielsweise in dem wunderschönen und mit brillanten Gitarrenmelodien versehenen "Forrest Lane" manifestiert. Das Instrumental "Under The Bali Moon" lädt mit seinen tollen Gitarren-Linien und dichten Atmosphäre dazu ein, einfach die Augen zu schließen und dem Regisseur seines Kopfkinos freien Lauf zu lassen. Volltreffer! Und wenn wir eben bei den Gästen waren, muss natürlich auch der feine Beitrag von Marcus King bei "Cold Dark World" sowie Nicki Bluhm bei "Colors Fade" erwähnt werden. Den Rezesenten mag neben den guten Strophen lediglich der Refrain von "Sacred Ground" nicht wirklich überzeugen, aber um ehrlich zu sein ist das fast schon so, als würde man Nadeln in einem Heuhaufen suchen. Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle auch der Album-Opener "Evergreen", der sich sehr schnell ins Langzeitgedächtnis des Hörers einbrennt und sich von einem von Akustik-Gitarre bestimmtem Anfang zum Rock-Song mausert und am Ende gar in jazzige Regionen abwandert. Nur eines der sehr vielen Highlights dieses Albums!

Wenn man Duane Betts etwas vorwerfen könnte oder möchte, dann dass seine Stimme (was unfair wäre, denn dafür kann niemand etwas) und auch sein Gitarrenspiel doch stark dem seines berühmten Vaters ähneln. Davon abgesehen haben wir es bei "Wild & Precious Life" mit einer Hammer-Platte zu tun, deren Songs sich einerseits im Kopf des Hörers festsetzen und andererseits vor musikalischem Können und starken Melodien nur so strotzen. Alle vertretenen Musiker sind auf Top-Niveau, was selbstverständlich ebenfalls einen großen Anteil zum Gelingen beigetragen hat. Und das mit wehenden Fahnen! Schon aus diesem Grund ist die Scheibe ein Muss für alle Fans dieser Stilrichtung sowie ein dicker Tipp für jeden, der auch nur ansatzweise Spaß an guten Songs und einer starken Band hat! Skeptikern seien an dieser Stelle zum Anchecken stellvertretend für alle anderen die Stücke ""Evergreen", "Forrest Lane", das träumerische "Under The Bali Moon" sowie das offensive "Waiting On A Song" ans Herz gelegt.

Für den Verfasser dieser Zeilen ist "Wild & Precious Life" mindestens eines der fünf besten Alben, die er 2023 bisher vor der Flinte hatte!


Line-up Duane Betts:

Duane Betts (lead & rhythm guitars, lead vocals)
Johnny Stachela (lead & rhythm guitars)
Berry Duane Oakley (bass, background vocals)
John Ginty (Hammond B-3 organ, piano)
Tyler Greenwell (drums & percussion)

With:
Matt Smith (pedal steel)
Derek Trucks (guitar – #6)
Marcus King (guitar – #9)
John Reid (trumpet)
Bobby Tis (percussion)
Nicki Bluhm (vocals – #4)
Susan Marshall (background vocals)
Reba Russell (background vocals)

Tracklist "Wild & Precious World":

  1. Evergreen
  2. Waiting On A Song
  3. Forrest Lane
  4. Colors Fade
  5. Saints To Sinners
  6. Stare Into The Sun
  7. Under The Bali Moon
  8. Sacred Ground
  9. Cold Dark World
  10. Circles In The Stars

Gesamtspielzeit: 51:21, Erscheinungsahr: 2023

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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