"Big Bang" ist immerhin schon das dritte Album des schwedischen Quartetts, das sich dem Heavy Rock der 70er Jahre verschrieben hat. Um den Sound dieser Zeit so authentisch wie möglich hinzubekommen, hat man sich der Hilfe des Produzenten Mankan Sedenberg bedient. Doch damit nicht genug, holten sich die Mannen um Mattis Karlsson keinen Geringeren als Andreas Carlsson, Garant für Millionen verkaufter Platten (u. a. Paul Stanley, Bon Jovi, Europe, Def Leppard), ins Dynamite-Haus, um das Potential der Band bis zum Anschlag auszuschöpfen. Ob sich der Aufwand gelohnt hat? Wir werden sehen.
Nach einer kurzen Stippvisite der ersten Songs auf der Scheibe dachte ich mir: »…und teuflisch grinst das Känguru!« Nun ja, Känguru und Schweden bilden normalerweise nicht unbedingt die perfekte Symbiose. Zudem kommt den meisten Musikkennern garantiert zuerst die Popband ABBA oder die Hard Rock-Band Europe in den Sinn, oder auch Metal à la Hammerfall, Candlemass, Dark Tranquillity… aber Aussi-Rock?
Und dennoch, hier steppt der Bär, man sieht vor dem geistigen Auge Angus Young in Schuluniform über die Bühne fegen und hört Brian Johnson ins Mikro keifen. Wobei das Keifen bei Karlsson nicht ganz so wörtlich zu nehmen ist, denn seine Stimme erinnert mich bei den knackigen Stadion-Rockern wie dem Opener "March On (To The Beat Of Your Drum)" oder "Turn Up The Heat" eher an Marc Storace. Zumal der Vergleich mit den Krokussen nicht mal hinkt. So hätten die melodischeren Stücke "Bring It On" und "Hooked On You" zum Beispiel auch sehr gut auf Dirty Dynamite gepasst. Ansonsten überwiegen die Assoziationen in Richtung Australien mit jedem (Gitarren-) Ton. "Big Bang" – mich würde nicht wundern, wenn jetzt noch die berühmte Glocke der Starkstrom-Rocker zu hören wäre. Sie klingen wirklich, wie die Reinkarnation ihrer offensichtlichen Vorbilder.
Ein bisschen frönt man sogar dem Hair Metal, denn das mit einem akustischen Intro beginnende "Beg Borrow And Steal" weckt ganz klar Erinnerungen an Mr. Big. Doch schon mit den folgenden Songs sind Young und Co. wieder präsent. Richtig Gas wird noch einmal bei dem Abschlusstrack "Rock’n’Roll Ain’t Dead" gegeben, der eine Steilvorlage für Youngs Duckwalk gewesen wäre.
Bei allen Vergleichen, die man zu Australiens Rockband Nummer eins ohne weiteres ziehen kann, kopieren die Schweden dennoch nicht eins zu eins. Es wäre wohl auch zu viel des Guten gewesen, wenn sie ihren Heroen sogar optisch nacheifern würden. Die in Nieten und Leder gekleideten Herren wollten vermutlich nicht vollends als AC/DC-Klone durchgehen und sich, zumindest was den Kleidungsstil betrifft, ihre Eigenständigkeit bewahren.
Ein weiterer Pluspunkt: Sie sind keine Coverband, sondern schreiben ihre eigenen Songs.
Ich persönlich habe so meine Zweifel, ob diese Scheibe bei AC/DC-Hardcore-Fans Gefallen finden wird. Was braucht man die Kopie, so lange noch das Original zu haben ist. Wer jedoch musikalisch aufgeschlossen ist, wird garantiert seinen Spaß mit "Big Bang" haben, denn frisch, dynamisch und knackig sind die Nummern auf jeden Fall, das muss man der Band neidlos zugestehen. Und wer weiß, vielleicht wandert das Känguru ja doch irgendwann nach Schweden aus?
Line-up Dynamite:
Mattis Karlsson (vocals, guitar)
Sebastian Hed-Plikas (guitar)
Jonas Hagström (drums)
Adam Butler (bass)
Tracklist "Big Bang":
- March On (To The Beat Of Your Drum)
- Bring It On
- Turn Up The Heat
- Walk The Talk
- Hooked On You
- Beg Borrow And Steal
- Big Bang
- All Bark No Bite
- Got My Eyes On You
- Dangertown
- Rock’n’Roll Ain’t Dead
Gesamtspielzeit: 36:28, Erscheinungsjahr: 2017
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