Earthstar / Collected Works – 5CD-Review

Bei der Formation Earthstar handelte es sich grundsätzlich um ein Projekt des US-amerikanischen Musikers Craig Wuest aus dem Staat New York. Einigen Quellen zufolge soll die Band gar der Gattung Krautrock zugeordnet worden sein. Selbst sollen die Musiker auch an dieser Musik stark interessiert gewesen sein. Hier sind vor allem solche Acts wie Neu, Cluster, Roedelius und Klaus Schulze zu nennen. Wuest und Schulze sollen danach auch Kontakt aufgenommen haben, Schulze lud die Band nach Deutschland ein.

Diskografisch kann die Band Earthstar grundsätzlich auf vier zwischen 1978 und 1982 veröffentlichte Alben zurückschauen, in dieser Box gibt es als Bonus noch das bisher unveröffentlichte "Sleeper The Nightlife". Nach der Zusammenarbeit mit Klaus Schulze kehrte man in die Vereinigten Staaten zurück, die Formation existierte fortan nicht mehr.

Und nun legt MIG alle vier Studioalben ("Salterbarty Tales", "French Skyline", "Atomkraft? Nein Danke", "Humans Only") als "Collected Works" erstmals auf CD und damit auch digital in einer Box vor, als Bonus das oben genannte Album. Durch den deutschen Kontakt erschien das zweite Album, "French Skyline", auf dem deutschen Label Sky, insofern war naheliegend, dass man die Liebhaber der Krautrocks auch mit diesem in Verbindung brachte, ja, das passte dann auch gut zur sogenannten 'Berliner Schule'.

Von Beginn an dieses typische Gezirpe und Geschwurbel voller schwebender Flächen, die ineinander übergehen und somit einen großen Flickenteppich voller verzerrter Instrumente bereiten, Craig Wuest ist hierbei zu nennen mit einer Vielzahl an Tasteninstrumenten. Und so verliert sich "Splendored Skies And Angels" zu Beginn des ersten Silberlings, "Salterbury Tales", bereits für fast sechs Minuten. Das mit 9:16 zweitlängste "Serindego" wird nun ganz anders, mit dem Piano, eingeleitet. Teils dramatisch klingende Züge erinnern mich ein wenig an Emerson, Lake & Palmer. Doch bereits nach gut fünf Minuten kann man wirklich keine rechte Entwicklung erwarten. Ich vermisse ein wenig einen echten druckvollen Aufbau. Erst bei etwa Minute 6:20 scheint sich Entwicklung anzubahnen, doch Fehlanzeige.

Und so, verblieben bei der ersten CD, gibt es diverse Unterschiede in den Gestaltungen der kürzeren Songs. Sehr ungewöhnlich ist das mit einer Oboe aufspielende "Broken Chain Of Euphoria". Es erinnert mich ein wenig an die Third Ear Band, man konzentriert sich also unwillkürlich auf das 22:18-lange "Canyon Nebula".

"French Skyline" scheint mich dann, spontan betrachtet, in einen Klangkosmos à la Tangerine Dream hineinziehen zu wollen, insgesamt erscheint mir der Sound dichter und einheitlicher im Vergleich zum Vorgänger.
Ja, und mit dem Nachfolger hat man gar einen deutschsprachigen Titel gewählt. Überraschenderweise startet die Platte mit dem "Golden Rendezvous" und offeriert neben Keyboards auch Klänge einer Gitarre. Ansonsten ist es ähnlich aufgebaut wie das bereits genannte "Serindego". Mag man die Musik teilweise auch in die Sparte Krautrock verorten, so fällt mir auf dieser Platte mit dem Stück "Wind Mills" auf, dass das für mich eher typisch amerikanisch klingt.

Ja, so stelle ich fest, dass sich von der ersten Platte zu "Humans Only" letztendlich doch eine Wandlung vollzogen hat. Ganz offensichtlich gleich hier mit dem Einstieg mit Schlagzeug und satter Gitarre. Jetzt wirkt die Band aus meiner Sicht sehr gelöst und beschreitet gar einen Weg in Richtung Fusion. "Rambling Dome" halte ich für sehr interessant. Von akustischen Gitarren geleitet oder gar mit Funk-Elementen, die Band entfernte sich völlig vom vorherigen Sound oder leitete vielleicht eine neue Ära ein? Allerdings zeigen sich bereits die Songs zum Album "Sleeper The Nightlifer" aufgeschlossener und offener. Mithin vieles zwischen kosmischer Musik, Krautrock-Ansätzen, Popmusik, Fusion, Rock, ein wenig in Richtung Mike Oldfield vielleicht.

Line-up Earthstar:

Craig Wuest (synthesizers, piano, organ, celeste, mellotron, birotron, string ensemble, keyboards, clavichord, rocochord, percussion, bass, mandolin, electronics, loops, percussion, mouth organ, sequencer, voice, vocoder)
Darrly Triveri (violin, sequnced fingers, sheets of sound)
Dan Zongrone (piano, bells, tympani, gong, xylophone, vibraphone, birotron, synthesizer)
Dave Katz (oboe)
Tim Finnegan (flute, temple wind, sounds, percussion)
Dennis Rea (guitars, piano, autoharp, sheets of sound, tonewall)
Sara Bürdetet, Larsine Greene (wordless choir)
Norm Peach (bass, effects)
Louis Deponte (violin, viola, electronics, loops, effects)
Marla Thompson (french horn, flute)
Rainer Böhm (violin)
Christoph Lagemann (cello)
Melanie Coire (bells, percussion)
John Bunkfeldt (harmonizer)
Marty Burdette (guitar)
Daniel Happ (guitars, bells, percussion)
Andy Rebscher (bass, synthesizers, birotron)
Bob Mishalanie (drums)
Meredith Salisbury (voice)
Mark Rowe (sax)
Kathy Fusco (flute)
John Leogrande (congas)
Mark Magnet Kimsinger (rattle, voice)
Anne Hacker (flute)
Klaus Cordes (french horn)
Antie Hader (flute)
Rainer Böhm, Jörg Schillinge, Bernhard Glarner, Gerhard Neumann, Johannes Lagemann, Christian Hartung, Uwe Kamp, Volker Böhm, Christoph Lagemann (string section)

Tracklist "Collected Works":

Gesamtspielzeit: 58:19 (CD 1), 44:08 (CD 2), 47:29 (CD 3), 45:22 (CD 4), 47:29 (CD 5), Erscheinungsjahr: 2023