Viele Informationen über die Elara Sunstreak Band sind nicht zu finden. Die Musiker Daniel und Martin Wieland sowie Felix Schmidt scheinen den Fotos nach noch relativ jung zu sein. Eine Tatsache, die den Rezensenten freut, denn junge Menschen, die sich dieser Art von Musik verbunden fühlen, trifft man im normalen Leben auf der Straße eher seltener.
Und sie sind nicht sparsam, obwohl sie aus einem Bundesland – nämlich Baden-Württemberg – kommen, dessen Bewohner gerne mit dem Attribut sparsam in Verbindung gebracht werden. Nicht sparsam in vorliegenden Fall bezieht sich allerdings auf die Minuten. Die Minuten, die sie ihren Songs spendieren, um genau zu sein. Vier Tracks mit einer Gesamtspielzeit von über 70 Minuten … das ist eine Hausnummer.
"Nexus" eröffnet den Reigen der vier Nummen und brabbelt doomig spacig in die Ohren. Passend zum Tenor des Stückes, klingt Daniels Gesang gar ein wenig wie ein junger Ozzy, bzw. lässt einen in diese Richtung denken. Schwer walzen spacige Ströme durch die fast 20 Minuten, herrliche Gitarrenparts flankieren diese gewaltigen Klanggebilde, leiten immer mal Tempowechsel ein und trotzdem bleibt die Grundausrichtung immer präsent; ein doomiger Jam in spacig-psychedelischer Umgebung, dargeboten von Musikern, die absolut aufgehen in ihrem Spiel. Gekonnt wird schweres Hammond-Geflirre dienlich eingeflochten und etwa in der Hälfte der Nummer wird gar relaxt musiziert.
Im Instrumentarium nicht aufgeführt, aber da ist eindeutig eine Sitar zu hören und überhaupt hat die doomige Walze im zweiten Teil von "Nexus" nun den fernen Osten erreicht und ist mit einem indisch meditativen Hörerlebnis verschmolzen. Spätestens nun wird klar, dass der Trackname wohl ganz bewusst gewählt wurde. Und es passt auch zum Albumnamen "Vostok", was zum einen auf Russisch Osten bedeutet und dann hießen die ersten bemannten russischen Raumschiffe so – mit der Vostok 1 schaffte es Juri Gagarin 1961 als erster Mensch in die Umlaufbahn. Space Rock!
"On A Drink With Jim" bringt eine gehörige Spur Psychedelic ins Spiel, fließt anfangs zeitlupenhaft durch den Raum, wird dann aber immer wieder durch eruptive gesangliche und instrumentale Einsätze gepimpt. Und da es ja eigentlich klar ist, dass dieser Jim, der da auf einen Drink vorbeischaut, genau DER Jim ist, scheint man sich auch plötzlich im Doors-Kosmos zu befinden. Ist da etwas "The End" zu hören? Eindeutig ja. Die Musiker haben es drauf eine Atmosphäre zu schaffen, die begeistert. Psychedelica in Reinform. Das Mellotron beamt einen zurück in vergangene Zeiten. Die Gitarre darf ausbrechen und die Band spielt sich anscheinend in Trance. Klasse!
Mit "Vostok 1" zieht die Elara Sunstreak Band wieder mehr die Stoner-, Doom- und Space-Karte, ähnlich wie im Eröffnungstrack "Nexus". Geniale Gitarrenparts ertönen im Umfeld des blubbernden Bassspiels sowie des furztrockenen und punktgenauen Spiels der Schießbude. Und auch die psychedelischen Breaks, garniert von instrumentalen Eskapaden lassen wieder Freude aufkommen. Gottlob haben die Musiker sich für lange Spielzeiten entschieden, so dass man beim Hören schön wegspacen kann. Die Balance aus kellertiefen Frequenzen und cleanen Gitarrenhöhen ist perfekt gehalten und macht die Musik zum einen abwechslungsreich, lässt auf der anderen Seite aber keinen Zweifel, auf welchem Trip man sich gerade befindet.
Im letzten Stück, "Orange October", fällt gleich zu Beginn auf, dass der Gesang hier einen größeren Stellenwert hat, als es bei den drei vorangegangenen Liedern der Fall war. Musikalisch, bzw. instrumental bewegt sich die Gruppe wieder im Melting Pot 'Stoner meets Fernost'. Sehr melodisch fügen sich Daniels Vocals (der übrigens auch als Liedermacher unterwegs ist) ins Gefüge und dem Gesang darf man hier ohne Zweifel ein gutes Attest ausstellen. Vielleicht wären abgedruckte Texte im Booklet hilfreich, denn das Konzentrieren auf die Worte lenkt etwas vom Erfassen des Gesamtbildes ab, wenn man Englisch nicht zu seiner Muttersprache zählt. Aber drauf gesch…, oder wie es ein berühmter Zeitgenosse mal gesagt hat: »Wichtig ist, was hinten rauskommt«.
Und es kommt jede Menge. "Vostok 1", der zweite Output der Elara Sunstreak Band vereint unter dem weiten Mantel der Psychedelic viele Zutaten aus Space, Doom und Stoner und lädt alle, die an diesem Genre ihre Freude haben ein, an diesem Trip teilzuhaben. Geflogen wird natürlich mit der Vostok 1. Die Tickets sind jedoch stark begrenz auf 500 Exemplare. Wahlweise als CD, oder aber auf blauem Vinyl.
Priyatnogo poleta
(Guten Flug)
Line-up Elara Sunstreak Band:
Daniel Wieland (bass, vocals)
Martin Wieland (drums, percussion)
Felix Schmidt (guitars, effects)
Plus:
Felix Seyboth (guest vocals – #3)
Christian Wick (Hammond organ, mellotron)
Tracklist "Vostok 1":
- Nexus (19:44)
- On A Drink With Jim (16:13)
- Vostok 1 (19:16)
- Orange October (17:06)
Gesamtspielzeit: 72:21, Erscheinungsjahr: 2021
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