Husum zählt, soweit mir als früherem Nordlicht bekannt, nicht unbedingt zum Nabel der Metal-Welt. Außer den Punkern von Turbostaat kenne ich keine Band aus der Ecke, und alle anderen mögen mir verzeihen. Macht aber sonst auch nichts, muss ja nicht alles aus Hannover kommen. End Of Horizons (vorm. Event Horizon) bestehen seit knapp zehn Jahren und das in eigentlich unveränderter Besetzung. Kommt davon, wenn man als enge Freunde eine Band gründet. Der Sänger einer hinlänglich bekannten deutschen Punk-Band sagte einmal auf die Frage, warum er sich keine Musiker für die Gründung seiner Band gesucht habe, sondern semi-talentierte Freunde, dass man sich immer für die Freunde entscheiden sollte. Hat was!
Wie auch immer, die vier Jungs haben in vierjähriger Arbeit ihr Debütalbum (unter dem jetzigen Bandnamen; es gibt schon eines unter dem früheren), "Unleash The Force", in Eigenregie geschmiedet und unlängst in die Regale der Plattenläden gebracht. Eine knappe Stunde Metal unterschiedlicher Ausrichtung ist dabei rausgekommen. Die Songs rangieren in einer Bandbreite von klassischem Metal, teilweise balladesk bis hin zu episch angehauchten Tönen. Das passt durchaus, haben die Jungs sich doch ihrer nordischen Vorfahren erinnert und mit der Welt und Mythologie der Wikinger beschäftigt.
Der Reigen der zwölf Songs wird eröffnet von "Solnedgång" – gleichbedeutend mit Sonnenuntergang, wenn mich meine Grundschuldänischkenntnisse nicht komplett verlassen haben. Und direkt hier wird der erste Bogen zu den kämpferischen Nordmännern gezogen, indem über das Ende einer Schlacht am Ende des Tages berichtet wird. Ein ruhiger melancholischer Chor gibt den Einstand, wird kurz danach von powermäßigem Riffing abgelöst. Die Band klingt sehr tight, der Gesang kommt hier ein wenig gepresst rüber, aber an der Instrumentierung gibt es nichts auszusetzen.
Gleiches gilt für den folgenden Titelsong, der mit einem coolen hämmernden Rhythmus zu überzeugen vermag und sich mir als Hymne bei einer Live-Sow aufdrängt. Im Folgenden wird der Hörer mit in der Tat recht abwechslungsreichen Kompositionen bedient, die hin und wieder an große Vorbilder zu erinnern scheinen. Persönlich bin ich nie ein Freund eingeflochtener Growls – bei wem auch immer – gewesen, und zu meiner subjektiven Freude hält sich das bei "Unleash The Force" auch in Grenzen.
"In Shallow Waters" ist ein cleveres Stück, zu Beginn ein wenig an frühe Metallica erinnernd, das mit Rhythmus- und Tempiwechseln wirklich überzeugt, haben die Jungs hier doch einige proggige Elemente eingeflochten. "Faith" knüppelt danach richtig einen raus, weist erneut kurzweilige Passagen und interessante Breaks auf.
Nicht jeder Song geht mir ganz oder teilweise direkt ins Hirn. "Hero Of Damnation" hat zum Beispiel eine klasse Melodielinie mit kräftigem Riffing, hämmerndem Bass und weiteren krachenden Elementen, bei den Vocals streikt mein inneres Ich jedoch, aber das bin ja nur ich. Später auf der Scheibe wird es auch mal vornehmlich akustisch an der Gitarre, die Geschwindigkeit wird vorübergehend fast komplett rausgenommen, nur um dann wieder unvermittelt zuzuschlagen.
Kurzweilig, schon mehrfach genannt, ist eigentlich auch das Attribut, dass ich dem Album unterm Strich gerne zuschreiben möchte, denn auch im weiteren und somit eigentlich nahezu dem kompletten Verlauf kommt keine Langeweile auf. Die Band vermag es, mit guter Instrumentierung und überzeugenden Kompositionen zu überzeugen. Husum ist also doch gar nicht so verkehrt.
Vielen Dank und til solopgang.
Line-up End Of Horizons:
Heiko Storm (vocals, lead guitar)
Martin Bohnsack-Roß (guitar, vocals)
Axel Heymanns (bass)
Markus Umland (drums)
Tracklist "Unleash The Force":
- Solnedgång
- Unleash The Force
- Between Heaven And Earth
- In Shallow Waters
- Faith
- Hero Of Damnation
- The Horde
- Scorching Sun
- Infinite Trust
- Time To Fight
- Turning Tides
- Zahltag (Payback)
Gesamtspielzeit: 56:57, Erscheinungsjahr: 2021
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