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Fernando Perdomo / Zebra Crossing – CD-Review

Fernando Perdomo / Zebra Crossing

Den Herrn Perdomo hatte ich unserer Leserschaft bereits im letzten Jahr mit seiner Platte Out To Sea vorgestellt. Dies war ein rein instrumentales Album. Das hat sich nun geändert, Fernando singt auf "Zebra Crossing", und das leider nicht immer überzeugend. Es ist seine fünfte Veröffentlichung (neben einer EP), auf der sich dieses Mal Progressive Rock mit Popmusik verschmolzen hat und damit einen Sound hervorbrachte, der polarisieren könnte. Neben elf eigenen und 'Co-Written'- Songs versucht sich der Mann auch an George Harrisons "While My Guitar Gently Weeps".

Doch zunächst erklingt "I’m Here", gesanglich schwächelt Perdomo, weil eine gewisse Tiefe fehlt, relativ ausdruckslos klingt es. Dafür ist der Song ganz schön, sehr stark in der Pop-Musik vergangener Jahrzehnte verwurzelt. Da purzeln natürlich Assoziationen, angefangen von den Beatles bis hin zum Electric Light Orchestra. Nun, die Proggies dürfte das enttäuschen, die Anhänger von guter Popmusik eher entzücken, allerdings wohl eher nicht mit dem Eröffnungssong. "Sometimes I Feel Like Nothing At All" dürfte hier wohl eher punkten können, strukturell und hinsichtlich des Arrangements höre ich auch eine Hinwendung zu Brian Wilson, allerdings fällt mir ganz spontan auch der schwedische Musiker Klas Qvist ein, der unter Citizen K firmiert und ähnlich opulente Songs vorlegt.

Mit "Find Love" wird das Tempo angezogen und die Atmosphäre rockend gestrafft. Leider gesanglich auch recht dünn bestückt, wirkt das Rockfeuer recht lau und könnte einen kraftvollen Shouter gebrauchen. Erst mit dem nächsten Titel, "We Were Raised With Headphones On", kann es mich vollumfänglich packen, denn dieses ist im Kern ein wirklich emotional ausdrucksstarker Popsong, bei dem auch der Gesang zur Atmosphäre passt. Wenn dann noch die Violinen schluchzen und Perdomo ein kurzes, perlendes Gitarrensolo einfügt, dann kann dieses Stück den Anspruch auf Wichtigkeit erheben. Richtig voll auf die Gitarre konzentrieren, mit einem sehr einfühlsamen Beitrag kann sich der Protagonist auf dem instrumentalen "Not Meant To Be", das mit üppigem Streicherarrangement noch angereichert wird.

Ach ja, aufgenommen wurde auch im Abbey Road-Studio, ob da die Geister der Beatles noch einwirkten? Jedenfalls orientiert sich der Sound der Platte auch am Spätwerk jener Herren und ganz besonders an Mr. McCartneys Musik. Jedoch sind keine Plagiate entstanden, sondern relativ eigenständige Stücke, die im Laufe der Spielzeit ihren eigenen Charakter entwickeln. Doch wird Perdomo mit dieser Platte die Progressive Rock-Gemeinde verärgern? Nun, das wird man verkraften können, wenn man dadurch andere Anhänger dazugewinnen kann. Und wer sich für gut gemachten Pop interessiert, solchen mit Langzeit- und Dauerwirkung, dann sollte man hier zugreifen, denn trotz schneller Zugänglichkeit zur Musik ist das beileibe kein schnell geschustertes und billiges Chart-Futter.

Zum Schluss also der mit anderen Musikern eingespielte Klassiker "While My Guitar Gently Weeps". Diane Birch unterstützt Perdomo mit ihrem Vokalbeitrag und bringt damit eine andere Variante ein, eine Bereicherung angesichts der besseren Gesangsstimme. Eng hält sich der Musiker an den Aufbau der Gitarrenfiguren von Harrison und Clapton, spiegelt den Geist gut wider, hätte jedoch gut daran getan, eine stärkere eigene Note einzubringen. Insofern ist dieser Song leider kein echter Zugewinn, zu groß erscheint hier die Verneigung vor dem Original.


Lineup Fernando Perdomo:

Fernando Perdomo (all instruments & vocals)
Kaitlin Wolfberg (violin)
Ruti Celli (cello)
Durga McBroom (background vocals – #10)
Zak Nilsson (backing vocals – #5,9)
Stephen Kalinich (spoken word – #8)
Cyndi Trissel (clarinet – #8)
Danny Ayala (keyboard & co-lead vocals – #3)
Megan Zeankowski (bass – #3)
Ken Sharp (guitar – #3, backing vocals – #4,7)
Diana Birch (vocals – #12)
Shawn Lee (vocals & acoustic guitar – #12)
Jason & Daphne Rowe (vocals – #12)
Dave Bainbridge (piano – #12)
Dave Kerzner (organ & mellotron – #12)
Mark Murdock (percussion – #12)
Paul Stacey (bass – #12)
Andy Mapp (drums – #12)

Tracklist "Zebra Crossing":

  1. I’m Here (3:08)
  2. Sometimes I Feel Like Nothing At All (4:10)
  3. Find Love (2:59)
  4. We Were Raised With Headphones On (4:11)
  5. Somehow (4:38)
  6. Not Meant To Be (4:40)
  7. Smile (2:15)
  8. Sundays (4:39)
  9. Crown Of Stars (3:53)
  10. Home (4:00)
  11. Zebra Crossing (7:09)
  12. While My Guitar Gently Weeps (4:43)

Gesamtspielzeit: 50:22, Erscheinungsjahr: 2018

Über den Autor

Wolfgang Giese

Hauptgenres: Jazz, Blues, Country
Über mich: Althippie, vom Zahn der Zeit geprägt, offen für ALLE Musikstile
Meine Seite im Archiv

Mail: wolfgang(at)rocktimes.de

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