Eine richtig coole Überraschung kam in der Vorweihnachtszeit in Form der Scheibe "Open 28 Hours" von Fischer’s Flicker noch auf meinen Schreibtisch geflattert. Dieses Projekt des Amerikaners Scott Fischer hatte mich nämlich vor fast genau zwei Jahren in Gestalt des Albums Fornever And Never schon sehr beeindruckt, ebenso wie unser ehemaliger Kollege Steve viel Gutes über Katmandon’t zu berichten wusste. Nun also "Open 28 Hours", womit Fischer seinem Hang zu etwas skurrilen Albumtiteln weiterhin mit Freude nachgeht. Geblieben ist dabei nicht nur das Gros seiner Mitmusiker der Vorgänger-Platte, sondern auch sein Faible für außergewöhnliche Songs und Stilistiken, die er bunt durcheinander wirft, sich einfach nicht festnageln lässt.
Scott Fischer bzw. Fischer’s Flicker spielt einfach nur, was gerade Spaß macht. Wenn am Ende dann aber doch alles zusammenpasst, kann man nur den Hut ziehen und dazu gratulieren, alles richtig gemacht zu haben. "The In-Betweener" beginnt das neue Album beispielsweise mit deutlich funkigen Klängen und die Seele dieses Songs atmet eindeutig den Geist der siebziger Jahre. 'Cooler Beginn' dachte ich beim ersten Durchlauf so bei mir. Bei dem deutlich rockigeren "You & Everybody" grüßt der gute Joe Walsh (im positiven Sinn) aus allen Ecken und Enden. Hier gefällt die herrlich melodiöse Gitarre von Andy Sviatko, die anschließend im Solo fast zu explodieren scheint. Gekontert von Fischers Keyboards, was anschließend wiederum die Sechssaitige nicht auf sich sitzen lassen will. Ein ganz feines kleines Duell der beiden Musiker.
Twin Leads überraschen am Anfang von "No More Looking Back", das sich zu einem waschechten Rocksong im Stile des bereits erwähnten Walsh, aber auch anderen Siebziger-Heroen dieser Sparte, entwickelt. Der Gitarrensound wird im Laufe der Scheibe auch schon mal etwas heavier, was aber nichts an der grundsätzlichen Ausrichtung 'Rock' ändert. Und der kommt mal heftiger, mal etwas ruhiger sowie mit viel Feeling wie etwa bei "Spiders". Schließlich steckt in dem Gesamtpaket (im Geiste) immer auch ein bisschen Frank Zappa mit drin, was nicht unbedingt an bestimmten Tracks oder Instrumenten festzumachen ist, sondern sich eher spirituell durch die komplette Scheibe zieht.
Eher untypisch im Vergleich zu den restlichen Songs beginnt "Farther To The Sun" mit einem Drum-Computer, über den sich bald eine solierende Gitarre und eine verstellte Stimme legen. Zweitere rezitiert in einer Art Sprechgesang, während weitere Effekte den abgefahrenen Charakter der Nummer noch verstärken. Sommerlich beschwingt geht es direkt anschließend bei "Mother Of A Ship" zu, bei dem der selige Zappa mal wieder Pate gestanden zu haben scheint. Das abschließende "Zen" ist wohl der insgesamte 'ruhigste' Titel, der fast schon in Richtung Westcoast geht.
Mit "Open 28 Hours" ist Fischer’s Flicker erneut ein herrlich abwechslungsreiches und mit Details gespicktes Album gelungen, das die Spannung selbst nach vielen Durchläufen aufrecht erhalten kann. Als Fazit für "Fornever And Never" hatte ich damals geschrieben: »"Fornever And Never" ist cool! Cool und gut genug, um sich das Album mal in aller Gemütlichkeit zur Brust zu nehmen. Fischer’s Flicker haben was Besonderes, etwas, das sich zu entdecken lohnt!«. Und das kann ich jetzt auch für "Open 28 Hours" und (immer noch) für Fischer’s Flicker als Band mit allerbestem Gewissen unterschreiben.
Line-up Fischer’s Flicker:
Scott Fischer (keyboards, lead vocals)
Tim Gavin (drums)
Rick Lyons (drums)
Turan Yon (bass, background vocals)
Andy Sviatko (guitars)
Patrick Gunderson (percussion background vocals)
With:
Tim Kubiak (guitars – #3,6)
Derrick Martens (drums – #3,4)
Mikey Vujasin (guitars – #4)
BJ Cord (trumpet – #1,9)
Steve Duncan (trombone – #1,9)
Aaron McEvers (saxophones – #1,3,9)
Tracklist "Open 28 Hours":
- The In-Betweener
- You & Everybody
- No More Looking Back
- 3 6 9
- Spiders
- Sensi-Mental
- Smoke Signals
- Farther To The Sun
- Mother Of A Ship
- Zen
Gesamtspielzeit: 50:32, Erscheinungsjahr: 2017
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