Die musikalische Reise führt uns mit der Band Fren nach Krakau, nach Polen. Es wird reine Instrumentalmusik geboten. Sehr auffällig ist bereits beim ersten Song der Gebrauch des Mellotrons. Sofort stellt sich eine Stimmung ein, die mich an Pink Floyd der frühen bis Mitte der Siebziger erinnert. So erwarte ich ständig, dass David Gilmour mit den ersten Textzeilen um die Ecke kommt. Nun, das war "Twin Peaks". Und jetzt "Surge", das Eingangsriff kenne ich ähnlich von Jethro Tull, dazu das wabernde Mellotron, das mich in Richtung Moody Blues führt.
So kann man klar erkennen, dass wir uns mitten im Prog Rock befinden, aber im Bereich des Retro Progs. "Where Do You Want Ghosts To Reside" ist das Debüt-Album dieser Formation, und man könnte fast mutmaßen, dass die Aufnahmen irgendwann in den Siebzigern entstanden sein könnten. Der gesamte Aufbau und auch hinsichtlich des Sounds deutet vieles darauf hin. Für mich blitzen halt auch oft Pink Floyd durch, "Shine On You Crazy Diamond" zum Beispiel könnte ansatzweise zitiert worden sein, wie auch andere klassische Themen jener Tage, aber nur kurz aufflackernd.
Retro Prog, das ist eindeutig und dieses speziell mit dem Anstrich von Art Rock oder Symphonic Rock. Ich bin nach einem ersten Hördurchgang nicht sicher, ob hier nicht zu viele Zitate und Zutaten der Prog-Geschichte verwendet werden, oder ob Fren es verstanden hat, Eigenständiges zu produzieren. Also – noch einmal von vorn. Und schon vernehme ich beim Einsatz des Pianos auf "Goraca Linia" Spuren der Band Renaissance, eine weitere Assoziation. Nun, dennoch meine ich, dass man aus den mannigfaltigen Zutaten etwas relativ Individuelles geschaffen hat, mit Sicherheit jedoch ausbaufähig.
Letztlich strahlt die Musik sehr viel Ruhe und Harmonie aus. Ob das wirklich reicht, das Programm ohne Gesang durchzuziehen? Denn so entdecke ich mitunter Lücken, die damit hätten aufgefüllt werden können.
Hier ist es nicht unbedingt wie im Jazz Rock-Genre, wo man klassischerweise noch oft am Jazz orientiert war mit seinem typischen Aufbau von Thema/Soli/Thema. Zumeist werden Klanglandschaften geschaffen, die dahinfließen und strömen, einerseits ohne einen großen Wiedererkennungswert durch ein spezielles Thema jedes einzelnen Songs, und andererseits auch nicht durch entsprechend hervorstechende Solo-Darbietungen einzelner Instrumente. Da ist es schon selten, dass durch Piano oder Gitarre ein längeres durchgängiges Solo vorgelegt wird, das den jeweiligen Instrumentalisten in den Vordergrund stellt. Bei Fren ist es meistens ein dichter Gruppensound, der den Charakter der Musik darstellt.
Erst beim mit zwölf Minuten längsten Stück, "Pleonasm", öffnet man sich ein wenig und lässt gar einige jazzige Momente zu, speziell beim kurzen Gitarrensolo von Michał Chalota. Da empfehle ich, hieran anzuknüpfen und wagemutig nach vorn zu preschen, um das vorhandene Können auch verstärkt zu präsentieren und sich nicht allein auf großflächige Soundmuster festzulegen. Denn dadurch kann schnell eine gewisse Eintönigkeit entstehen.
Und so gibt es halt Augenblicke, wo sich die Richtung zu verlieren scheint, wo man hofft, es möge jemand zupacken, um nun aufblitzende Momente hinein zu streuen. Das kommt mitunter vor, doch sind das Ausnahmen. Das heißt, es gibt reichlich gute Ansätze, die man anpacken kann und fortführen auf der Basis dessen, was die Band hier geschaffen hat. Letztlich – ein angenehmer Sound, angenehm altmodisch, unterhaltend und leicht und unbeschwert zu konsumieren, mit einigen wenigen Ecken und Kanten und überschaubaren Wendungen.
Line-up Fren:
Oskar Cenkier (pianos, organs, synthesizers, mellotron)
Michał Chalota (guitars)
Andrew Shamanov (bass guitars, synthesizers)
Oleksii Fedoriv (drums)
Tracklist "Where Do You Want Ghosts To Reside":
- Twin Peaks (4:41)
- Surge (9:43)
- Goraca Linia (2:59)
- Pleaonasm (12:02)
- Heavy Matter (6:23)
- Time To Take Stones Away (8:41)
Gesamtspielzeit: 44:42, Erscheinungsjahr: 2020
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