«

»

Gast Waltzing / Hope – CD-Review

Gast Waltzing / Hope

Zitat Presseinfo: »artverwandt mit: Blood, Sweat & Tears, Duke Ellington, Rhythm Combination & Brass.« Eine solche Aussage kann Interesse erwecken, besonders dann, wenn man Freund der Musik einer der genannten oder aller genannten Künstler ist. Ja, ich mag die Musik aller drei Erwähnten. Insofern muss ich mit einer gewissen Voreingenommenheit an die Rezension der Platte "Hope" herangehen.

Gast Waltzing, das ist der Bandleader, der Gründer des Orchestre National de Jazz Luxembourg ist  Musikprofessor, Trompeter, Dirigent, Komponist und Grammy Award-Gewinner. Unter anderem komponierte der Mann zahlreiche Titelmelodien für Fernseh- und Kinoproduktionen, hierzulande auch für bekannte Serien wie "Polizeiruf 110" oder "Küstenwache". Mit "Hope" beabsichtigte der Musiker, eine Hommage zu schaffen an die goldene Ära der Big Bands und deren Sängerinnen.

Dabei bediente man sich allerdings nicht unbedingt der Stilistik bekannter Big Bands vergangener Zeiten, Spuren von Count Basie oder Duke Ellington vermag ich grundsätzlich nicht zu erkennen, allein, weil hier gar kein Jazz in dem Sinne gespielt wird. Auch die verwendeten Arrangements zeigen nicht in jene Richtung, allerdings zutreffend ist der Vergleich zu Peter Herbolzheimers Rhythm Combination & Brass. Deren mächtiger Sound auf der Basis von Rock tritt offen zu Tage und wird darüber hinaus noch erweitert. So offenbart sich auf der Basis von Rock eine Menge Funk und Soul, mitunter mit einem sanften Bluesfeeling, aber, wie erwähnt, für mich relativ wenig aus der Schublade Jazz, außer, wenn die als Entdeckung propagierte Sängerin Salima ansetzt zum Scat-Gesang, der allerdings auch so gar nicht in der Tradition großer Sängerinnen wie zum Beispiel – allen voran – Ella Fitzgerald steht.

Bleiben wir doch gleich beim Gesang von Salima. Für mich ist der Ausdruck der Dame oft ein wenig des Guten zu viel. Sie presst einfach ihre Vorträge zu bemüht heraus, ein wenig Rücknahme und die Konzentration auf das Wesentliche würden ihrem Vortrag gut tun. So sehe ich sie auch eher als Sängerin im Soul-Bereich verortet, oder teilweise auch im Rock. Doch nehme ich als Beispiel den ersten Song, "She", so bemerke ich zunächst eine Assoziation zu einer anderen Band, nämlich zu Ten Wheel Drive, gesanglich allerdings ohne die Ausdruckskraft von deren Sängerin Genya Ravan, die besser in diese Atmosphäre passte. Mehr punkten kann Salima bei solchen Songs wie "I Think That It’s Time", das wirkt ein wenig kommerzieller in der Ausrichtung und das Feeling stimmt hier durchaus weitestgehend.

In Richtung Jazz schlendert am ehesten "No DiaLogue", hier auch sehr vergleichbar mit Peter Herbolzheimers Arrangements. Dazu gibt es Anleihen des Gitarristen an Wes Montgomery, der Big Band Sound ist sehr energisch gelungen, für mich ist dieses Stück eines der besten des Albums. Dabei fällt mir auf, dass er auch ohne Gesang auskommt.
Im Übrigen gibt es im Verlauf der Platte Bläsersätze, die mich, inklusive des Gesamtarrangements, an einige Songs von Edgar Winter’s White Trash erinnern. Soulige Momente gibt es zu entdecken, wenn die Gitarre im besten Soul-Modus – und mich dabei erinnernd an den Soul-Hit "I Can’t Turn You Loose", hier nachzuhören auf "Traffic Jam & Re:Jam" – agiert.

Insgesamt ist es Gast Waltzing und dem Orchestre National de Jazz Luxembourg gelungen, eine spannende Fusion zu schaffen, die mitreißende Big Band-Stimmung auf dem Boden von Rock, Soul und Funk bietet. Dabei agiert die Band höchst professionell, so dass niveauvolles Hörvergnügen grundsätzlich garantiert ist. Das Einzige, was mir ein wenig fehlt, ist der gewisse Swing in der Musik, denn die Rockelemente halten die Band dann doch oft eher sachlich am Boden.


Line-up Gast Waltzing:

Antoine Colin (trumpet)
Koen Smits (trumpet)
Marc Huynen (trumpet)
Alexandre Plumacker (trumpet)
Serguei Khmielevskoi (trombone)
Claude Origer (trombone)
Nick Engel (trombone)
Manu Stoffels (trombone)
Pierre Cocq-Amman (saxophone)
Kristina Brodersen (saxophone)
David Ascam (saxophone)
Jeróme Locatelli (saxophone)
François Breger (saxophone)
David Laborier (guitar)
Tom Heck (bass)
Niels Engel (drums)
Salima (voice)

Tracklist "Hope":

  1. She (4:25)
  2. No DiaLogue (6:22)
  3. Why Is It (4:42)
  4. Fake News (4:42)
  5. Hard To Love (7:31)
  6. Traffic Jam & Re:Jam (4:42)
  7. I Think That It’s Time (4:22)
  8. B Trumpet (4:17)
  9. Just Another Fool (4:32)
  10. Hope Is Forever (4:01)
  11. NU Hope (3:18)

Gesamtspielzeit: 53:00, Erscheinungsjahr: 2019

Über den Autor

Wolfgang Giese

Hauptgenres: Jazz, Blues, Country
Über mich: Althippie, vom Zahn der Zeit geprägt, offen für ALLE Musikstile
Meine Seite im Archiv

Mail: wolfgang(at)rocktimes.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>