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Gene Loves Jezebel / X – Love Death Sorrow – CD-Review

Gene Loves Jezebel / X – Love Death Sorrow – CD-Review

Namensgeber der Band war Gene Vincent und seine Single "Jezebel". Diese war entgegen seinem größten Hit "Be-Bop-A-Lula" nicht erfolgreich, aber der Künstler hat das Stück trotzdem geliebt – so suggeriert das zumindest der Name Gene Loves Jezebel,  die Band, die 1980 von den Aston-Brüdern Michael und John ('Jay'), Ian Hudson, Steven Davis und Snowy White (!) unter dem Namen Slav Aryan gegründet wurde. Trotz Snowy White, den die RockTimes-Leser wohl eher auf dem Schirm haben, als Gene Loves Jezebel bzw. Slay Aryan, wurde nicht gebluesrockt, sondern Goth Rock gespielt. Und Snowy White saß an der Schießbude der Waliser und hatte nicht die Gitarre in den Armen.
Snowy ging wieder und wurde durch James Chater ersetzt, Basser Steven Davis durch Juliane Regan, die später bei der Indie-Band All About Eve das Mikro in den Händen hielt. Und Slay Aryan hieß fortan Gene Loves Jezebel.

Soweit die im Netz zusammengetragenen Daten zur Erfüllung der Chronistenpflicht und wenn es noch zwei wichtige Dinge zu vermelden gibt, ist das zum einen die Tatsache, dass außer Jay Aston kein Originalmitglied mehr an Bord ist und dass es eine weitere Band gibt, die Gene Loves Jezebel heißt. Bei letztgenannter Formation ist Jays Zwillingsbruder Michael der Mann am Ruder. Gene muss "Jezebel" also wirklich sehr geliebt haben.

Aufgenommen wurde vorliegendes Album bereits im März 2023, aber erst Anfang Dezember über Cleopatra Records veröffentlicht. So richtig neu sind die die meistens Songs nicht, denn einige finden sich bereits auf dem 2011er "Ugly Buggs" und "Breathe Easy" soll über 20 Jahre alt, jedoch noch nie veröffentlicht worden sein. Und dann sind da noch fünf Coverversionen, die man von den Originalbands kennt, oder kennen könnte. Jedoch sollen die bereits früher veröffentlichen Nummern zwar zu erkennen sein, das Licht der Neuzeit aber doch verändert erblickt haben. Da mir die Band das erste Mal über den Weg läuft, habe ich keinen Vergleich zu älterem Output, aber das soll nicht weiter stören.

Ohne, wie bereits erwähnt, je etwas von Gene Loves Jezebel gehört zu haben (zumindest nicht bewusst) ist bereits beim Opener "The Man That Time Forgot" ein angenehmes Goth-Flair auszumachen und auch, dass Jays Stimme einen hohen Wiedererkennungswert hat. Allerdings nicht nur an ihn selbst; so kommen mir gerade die Sisters Of Mercy in den Sinn, bei den folgenden beiden sowie den zwei vorletzten Tracks ist Placebo nicht weit weg, "I Breathe Easy" dagegen vielleicht etwas Oasis.  Dass "In Between Days" an The Cure gemahnt, liegt zwar zum größten Teil daran, dass es nun mal ein Cure-Cover ist, aber Jay kann auch Robert, würde ich meinen.

Leider wird die Band erst mal nur in den USA-Touren (zusammen mit Alarm und Belouis Some), denn ich denke, dass Fans der 1980er und solche, die auf dezenten Goth Rock/Pop stehen, auch hierzulande die Shows besuchen würden. Mit Peter Walsh und Peter 'Bugg' Rizzo sind zwei musikalische Köche an Bord, die u. a. mit ihren echten und elektronischen Tasten die Verbindung zu den 80ern des vergangenen Jahrtausends halten, ohne aber diese Zeit über Gebühr zu glorifizieren. Drummer Smiley und der aus der Punk- und Alternative Rock-Szene bekannte Gitarrist James Stevenson sorgen für stimmungsvolle und adäquate Power.

Wieso "I Breathe Easy" so lange unter Verschluss gehalten wurde, kann ich schwer nachvollziehen, ist das doch ein Hamonieschmeichler vor dem Herrn. Das liegt nicht nur an dem dezent schönen Gitarrenspiel oder dem glasklaren Gesumme von Jessica Blake (so müssen die Sirenen bei Homer geklungen haben) – da ist die komplette Komposition zu loben. Die zweite Gastmusikerin ist Kate Walsh und sie sorgt mit warmen Celloklängen im Cure-Cover "In Between Days" für Wohlbefinden. Die Coverstücke sind übrigens gut gewählt, um zum einen zu Jays Stimmbändern und zum anderen auch in den Katalog der Bandsongs zu passen.
So klingt die Magazine-Nummer "The Light Pours Out Of Me" für mich wie aus der Feder Astons, was aber der Tatsache geschuldet ist, dass ich das Original nicht kenne. Gleiches trifft auch auf "Another Girl Another Planet"v on The Other Ones zu.

Ganz anders natürlich Edwyn Collins und sein "A Girl Like You". Hier kommen Smiley und vor allem Stevenson zusammen mit Jays Stimme als Dreier in den Focus. Schön interpretiert, dieses Stück von Collins. Wie auch mein Fav-Cover von der guten Frau Faithful: "Broken English" – wer kennt diesen Song nicht? Gleich der Beginn rollt los, wie das bei Marianne auch war. Stark auch, wie Rizzos Bass im Hintergrund pumpt und Stevenson seine Saiten einwirft. Elektronik ist auch da, aber äußerst dezent und irgendwie gar passend.

Die bandeigenen Lieder stehen den nachgespielten in nichts nach. So erinnert mich zum Beispiel "The Foolish Young" etwas an einen – wenn auch dünnen – Melting Pot aus Jan Hammers "Miami Vice Theme", "Behind Blue Eyes" von den Who und Americana-Flair mit Staub und cleaner Gitarren.  Klingt weird aber der erste Eindruck zählt und wer den zerpflücken will, darf das gerne tun. Ja, das Album verbreitet sehr angenehmes 80er Flair, und wenn es etwas gibt, was ich nicht voller Überzeugung unterschreiben würde, dann ist es die Aufschrift Gothic/Dark Rock auf der berühmten Schublade. Ich würde das etwas abschwächen, also den Zettel eher kursiv denn fett beschriften. Und aus Rock zum Beispiel Pop Rock machen. Da ist nämlich einiges auf der Platte, was sehr gute Chancen im Radio hätte.


Line-up Gene Loves Jezebel:

Smiley (drums, tambourine, shaker, handclaps)
James Stevenson (electric guitar, baritone guitar, acoustic guitar, Oberheim guitar)
Peter Walsh  (synth, percussion, marimba, bells, Hammond, keyboad, trumpet, thunder bells, castanets, finger cymbals, harmony vocals, strings, horns, vibraphone)
Jay Aston (vocals)
Peter 'Bugg' Rizzo (bass, synth, verse descending guitar, verse keyboards, piano)

and:
Jessica Blake (voice- #5)
Kate Walsh (cello – #8)

Tracklist "X – Love Death Sorrow":

  1. The Man That Time Forgot (4:15)
  2. The Light Pours Out Of Me (4:20)
  3. Serpent Queen (2:52)
  4. Broken English (4:05)
  5. I Breathe Easy (4:35)
  6. A Girl Like You (4:11)
  7. The Foolish Young (4:38)
  8. In Between Days (3:09)
  9. Young Girl (3:55)
  10. You Can’t Hurt Me Anymore (4:11)
  11. Lone Rider (3:11)
  12. Another Girl Another Planet (3:11)

Gesamtspielzeit:46:33, Erscheinungsjahr: 2023

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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Mail: ulli(at)rocktimes.de

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