Ghalia Vauthier präsentiert sich mit dem spannungsgeladenen Namen Ghalia Volt.
Vorher war es Ghalia & Mama’s Boys und später einfach nur Ghalia.
Anfang 2021 brachte die Künstlerin "One Woman Band" auf den Markt.
Erschienen auf Ruf Records ist diese Scheibe tatsächlich im Alleingang entstanden?
Ein Blick ins Booklet – in dem auch alle Texte abgedruckt sind – reicht, um festzustellen, dass sie alle Instrumente eingespielt hat.
Als Gäste fungieren Dean Zucchero am Bass in "Espìritu Papàgo" sowie, gemeinsam mit Gitarrist Monster Mike Welch, bei "Just One More Time".
In "Evil Thoughts" ist letztgenannter Blueser ebenfalls aktiv.
Als ehemalige Straßenmusikerin – 2020 wie viele andere Künstler vom Lockdown getroffen – »[…] hat sie sich auf die One-Woman-Philosophie von damals besonnen […]« und sagt selbst: »[…] Ich habe angefangen, mit den Füßen Schlagzeug zu spielen – also Kickdrum, Snare, Hi-Hat und Tamburine – während ich singe und mich auf der Gitarre begleite. […]«
Wie im Informationsblatt steht, ist sie mit dem Zug durch Amerika gereist. So stehen symbolisch achtzehn der fünfzig Sterne auf der amerikanischen Flagge für die bereisten Staaten.
Wenn man den Hintergrund der Entstehung der vorliegenden Platte kennt, dann ist das Booklet stimmig gestaltet. Auf dem Cover sehen wir sie mit ihren verschiedenen Instrumenten und auf der Verpackungs-Rückseite balanciert sie mit einem Gitarrenkoffer in der Hand, über eine Eisenbahnschiene.
»[…] Mein Ziel? Ich wollte das komplette Album unterwegs schreiben. Die meisten Songs beruhen auf echte Erfahrungen während der Reise. Andere sind ein Produkt meiner Fantasie. […]«
So weit, so gut. Nun aber zum Inhalt von "One Woman Band".
Wow, welch ein Empfang.
Ghalia Volt spielt ja alle Instrumente gleichzeitig. Eine echt starke Leistung, die man alleine schon bei "Last Minute Packer" bewundert. Allerdings nicht nur wegen des Alleingangs, sondern auch aufgrund der musikalischen Qualität. Diese ganze Performance darf man mit rustikal bezeichnen. Man erinnert sich an Aufnahmen aus ziemlich frühen Jahren. Die Drums treiben an, die E-Gitarre gibt sich verzerrt und Ghalia Volts Gesang ist da fast schon zu klar. Selbstredend hat sie in der Vergangenheit zur Genüge bewiesen, dass ihre Stimme zum Blues passt. Klasse Opener!
Ah, sehr gut. Gleich beim zweiten Lied ist das Bottleneck am Start.
Dean Zucchero zupft den Tieftöner, der sich eher zurückhaltend zu erkennen gibt. Diese Art des Blues erinnert an das urwüchsige Spiel eines Hound Dog Taylor. Die Begeisterung ist jetzt schon auf einem hohen Niveau.
Ghalia Volts Gitarren-Sound darf man durchaus mit grobem Schleifpapier vergleichen. Dagegen ist ihre Stimme zuweilen das Gegenteil dazu. Allerdings stellt sich der Gesang phasenweise auch in den Dienst des Ungeschliffenen.
"Evil Thoughts" mit Monster Mike Welch groovt so herrlich entspannt und beide bringen sich durch relativ einfach gehaltenes Gitarrenspiel ganz weit nach vorne. Highlight!
Wurde weiter oben auf Hound Dog Taylor verwiesen, dann darf man der Protagonistin in "Reap What You Sow" eine Nähe zum ersten Künstler auf dem Label Alligator Records zusprechen. Wohl gemerkt, sie kopiert nicht, sondern macht ihr eigenes Ding. Das Stück ist ein Test für die Lautsprecher und die Slide-Gitarre zieht sich wohl wie ein roter Faden durch die Tracks.
Ah, eine Blues Ballade à la Ghalia Volt.
So beginnt zumindest "Loving Me Is A Full Time Job". Doch dann ändert sich die Richtung und das Stück bewegt sich flott übers Country. Passt schon. Eine solche Variante gehört einfach dazu. Toll!
Beim bekannten "It Hurts Me Too" verlangsamen sich die Dinge und Ghalia Volts Interpretation ist durchaus interessant. Welch eine Stimme!
Ein wenig Rock’n’Roll und eine Portion Boogie dazu gemischt ergeben – abermals mit einem rustikalen Groove versehen – "It Ain’t Bad". Klasse Vorstellung!
Hammer, jetzt geht es aber richtig rund.
So schlecht ist der "Bad Apple" nun auch nicht. Naja, von dem, was sie singt, ist der Billy, dessen Lieblingsspielzeug eine Waffe ist, ein Kerl, der auch schlechte Seiten hat. Sein Vater lehrte ihn »[…] how to hit and run […]«.
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Bei dieser Nummer soll man nicht glauben, dass das Stück im Alleingang eingespielt wurde. Nicht erst hier geht es zeitweise hypnotisch zu. Highlight! Respekt für diese Art des lauten und rauen Blues.
Tja, jetzt wird aufgestockt, denn in "Just One More Time" sind Monster Mike Welch sowie Dean Zucchero wieder aktiv. Die Stimmung reflektiert ein wenig den Rock’n’Roll der Fünfzigerjahre.
"One Woman Band" ist ein in sich stimmiges Album.
Ghalia Volt weiß in jeder Beziehung zu überzeugen.
Sie sieht man als echte Konkurrenz für Steve Hill oder Bob Log III.
Frei nach dem Songtitel "Just One More Time" gibt es mindestens noch eine Runde "One Woman Band".
Wenn im Informationsblatt davon die Rede ist, dass »[…] wir uns endlich wieder treffen können […]«, dann vielleicht bei einem Konzert mit Ghalia Volt als One-Woman-Band.
Bleibt gesund und nehmt euch zur Ablenkung Zeit für gute Musik.
Line-up Ghalia Volt:
Ghalia Volt (vocals, guitars, slide guitar, drums)
Special Guests:
Dean Zucchero (bass – #2,11)
Monster Mike Welch (guitar – #4,11)
Tracklist "One Woman Band":
- Last Time Packer (3:51)
- Espìritu Papàgo (4:12)
- Can’t Escape (4:35)
- Evil Thoughts (4:22)
- Meet In My Dreams (4:14)
- Reap What You Sow (3:45)
- Loving Me Is A Full Time Job (4:09)
- It Hurts Me Too (2:44)
- It Ain’t Bad (2:26)
- Bad Apple
- Just One More Time
Gesamtspielzeit: 41:44, Erscheinungsjahr: 2021
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