In dem von "Smoke On The Water", "Highway Star" und "Perfect Strangers" angeführten Ranking der am meisten live gespielten Stücke bei Deep Purple taucht "Burn" erst an 41. Stelle auf, noch kurz vor "Anya" (44) oder beispielsweise "A Gypsy’s Kiss" (58). "Mistreated" folgt sogar erst an Stelle 61. Ist "Burn" deshalb kein Klassiker? Mitnichten. Es ist immerhin ein Albumtitel (1974). Ohnehin muss man wissen, dass die Präferenzen stark bei den jeweils aktuellen Protagonisten liegen, die darüber entscheiden, was wann gespielt wird und was nicht.
In der Zeit von 1973 bis 1976 war Glenn Hughes fester Bestandteil von Deep Purple. Wenngleich er bei "Burn" nicht am Songwriting beteiligt war, so zählt er als Bassist unter Sänger David Coverdale zur Besetzung Mark III und Mark IV. Der stetige Wandel bei Deep Purple ist folglich auch mit seinem Namen verbunden. "Voice Of Rock", wie der unermüdliche Sänger und Bassist von vielen Menschen genannt wird, zelebriert seine Zeit bei der britischen Hard Rock-Legende bis in die Gegenwart in seinen eigenen Programmen.
Das Programm der aktuellen Tour steht unter dem Namen Glenn Hughes Performs Classic Deep Purple Live – Celebrating the 50th Anniversary Of The Album Burn. Es läuft angesichts des Plattenjubiläums unter einem anderen Namen, ähnelt aber der Titelfolge aus dem Jahr 2018 wie ein eineiiger Zwilling. An die Zeit vor 50 Jahren und die Produktion des Albums in Montreux (Schweiz) erinnert sich der heute 72-jährige Musiker: »Wie du dir vorstellen kannst, war Ritchie Blackmore in vollem Scherzmodus, Jon hatte mich gewarnt, und er manipulierte eines Nachts mein Zimmer mit einem versteckten Lautsprecher und weckte mich mit Geisterstimmen.« Besondere Erinnerungen gibt es an "Burn": »Der Titeltrack war der letzte Song, der geschrieben wurde. Wir kamen aus dem Pub zurück und gingen hinunter in die Krypta, und die Magie geschah einfach.«
Die in Dresden gespielten acht Titel stimmen zu 100 Prozent mit dem Programm aus 2018 überein, als es schlichtweg hieß: Classic Deep Purple. Die Setlist in Leipzig war lediglich um zwei Titel länger. Mogelpackung oder nicht, das dürfen die Besucher je nach eigener Affinität selbst entscheiden. Klar war an diesem Abend: Glenn Hughes ist eine feste Größe im Hard Rock und ein Könner seines Faches.
Er agierte wieder sehr motiviert und überzeugend, flirtete pausenlos mit dem Publikum, manchmal vielleicht sogar zu viel, und bot erneut Anlass zu der Frage: Wann ertönt "Child In Time" vom Album "Deep Purple In Rock" (1970)? Hughes und dessen geniale Kopfstimme bieten immer wieder Anlass zu der Frage, ob der Klassiker zu hören sein wird. Aber es wird wohl auf Dauer bei der Hoffnung bleiben. Schon 30 Jahre gehört dieses Stück unter Sänger Ian Gillan nicht mehr zum Bühnenprogramm von Deep Purple.
An der Seite von Glenn Hughes spielte wieder der dänische Gitarrist Søren Andersen. Die Positionen am Schlagzeug (Ash Sheehan) und an den Tasten (Bob Frizema) waren gegenüber der Tour vor sechs Jahren neu besetzt. Das 15-minütige Schlagzeugsolo war allerdings für viele Besucher im Anschluss an das Konzert Anlass zu der Frage, ob denn dafür nichts Besseres im Angebot war. Angesichts einer 90-minütigen Konzertdarbietung war dieses Solo fehl am Platze, zumal die anderen beiden Instrumentalisten keine solche Bühne erhielten. Apropos Instrumente: Gitarrist Søren Andersen überzeugte wieder mit Satzgesang.
In der Dramaturgie blieben ebenfalls Fragen offen. Gegen den Opener "Stormbringer" gab es rein gar nichts einzuwenden. Warum aber ausgerechnet der metallisch angelegte Track "Burn" – wie schon zuletzt – als einzige Zugabe zum ultimativen Ende erklang, ist eine solche offene Frage. Alles in allem verzauberte Glenn Hughes mit seinem druckvollen Bass und seiner Stimme die Hörer im vollbesetzten Club Tante JU. Besucher waren aus ganz Sachsen, aus Thüringen und dem benachbarten Tschechien angereist. Sie mussten sich damit abfinden, dass Glenn Hughes im Anschluss nicht mehr für Autogrammwünsche zur Verfügung stand. Viele hatten Langspielplatten dabei. Hughes war praktisch mit dem letzten Akkord in Richtung Hotel verschwunden. Seine Bandkollegen und die Crew fuhren derweil mit dem Tourbus in Richtung Stuttgart, wo am Tag darauf das nächste Konzert stattfand.
Gut gelungen an diesem Abend in Dresden war die Besetzung mit der Vorband. Aus dem Saarland waren Rook Road angereist und machten 50 Minuten lang beste Werbung in eigener Sache. Mit ihrer abwechslungsreichen Mischung aus Progressive Rock und Hard Rock im Stile von Deep Purple, schweren Rock-Vocals und feinen Gitarrenriffs passten sie musikalisch sehr wohl als Einstimmung zu Glenn Hughes und hätten auf ihre Weise auch einen Abend allein bestreiten können. Die Darbietung mit melodiöser Spielweise und Satzgesang sorgte für ein erfrischendes Konzertvergnügen.
Das Debütalbum der 2020 gegründeten Formation trägt ebenfalls den Namen "Rook Road" und enthält ausnahmslos eigene Lieder, mit denen sie live überzeugen konnten. Ende des Jahres soll bereits ein Nachfolger auf den Markt kommen. Was den Abend zusätzlich bereicherte, waren die Hammonds in beiden Besetzungen. Gerade hier wurde deutlich, wie eng Tradition und Moderne verschmelzen können, wie breit Rockmusik doch angelegt sein kann. RockTimes freut sich über eine tolle Neuentdeckung aus dem Saarland und ist gespannt auf die weitere Entwicklung. Dazu gibt es schon einmal die besten Wünsche und Grüße nach Saarbrücken.
RockTimes bedankt sich sehr herzlich bei Nicole Fischer von der In Move Konzert- & Kulturproduktion GmbH für die Fotoakkreditierung.
Bildnachweis für alle Bilder des Events: © 2024 | Mario Keim | RockTimes
Line-up Rook Road:
Patrik Jost (vocals)
Uwe Angel (guitar, backing vocals)
Sebastian Mitzel (bass)
Hannes Luy (Hammond, piano)
Thomas Luther (drums, backing vocals)
Line-up Glenn Hughes:
Glenn Hughes (vocals, bass)
Søren Andersen (guitar)
Bob Frizema (Hammond, piano)
Ash Sheehan (drums)
Glenn Hughes
Rook Road
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