Es war nur wenige Monate vor meinem 14. Geburtstag, als ich im örtlichen Plattenladen beim Rumstöbern plötzlich das Debütalbum von Ideal in den Händen hielt. Da man sich diese schwarzen Wunderscheiben mit der so geheimnisvollen Musik zu jener Zeit sogar noch direkt vor Ort in gemütlicher Atmosphäre anhören durfte, hab ich auch nicht lange gezögert und nicht sehr viel später nahm ich sie mit nach Hause. Auch Notaufnahme von Fee hatte ich auf diese Weise für mich entdeckt, nur hatte mein Sparschwein damals noch nicht so viel Speck angefressen, dass es auch noch für die Märchengestalt gereicht hätte. Ansonsten war ich natürlich zwar durchaus empfänglich für die Anfang der Achtziger in voller Blüte stehenden NDW, allerdings auch ziemlich kritisch. Einige coole Truppen wie unter anderem die beiden bereits erwähnten, dazu Extrabreit oder Grauzone fielen in mein Beuteschema, während viel von dem auf der angesagten Welle mitreiten wollende Schrott mit jugendlicher Kompromisslosigkeit (sprichwörtlich) in die Hölle geschickt wurde.
Eine Combo, die mir damals vollkommen durch die Lappen ging bzw. von der ich schlicht nichts wusste, war GMBH. Gegründet wurde sie im Jahr 1981 von Christian Schneiderbauer (der für die Texte und den Gesang zuständig war) und dem musikalischen Kopf Wesley Plass. Letztegenannter galt damals nach der Zugehörigkeit in bereits mehreren (teilweise lokal) bekannteren Bands und gefragter Studiomusiker als einer der talentiertesten Gitarristen Deutschlands. Das Duo schrieb zunächst etwa ein Dutzend Songs, die sich stark an die NDW anlehn(t)en, allerdings deutlich rockiger ausfallen sollten, als der vorherrschende Einheitsbrei. Außerdem sollten die Texte durchaus Sinn ergeben und sich von so manchem unsinnig Zelebrierten der damaligen Zeit abheben. So zumindest war der Plan. Aufgenommen wurde das gleichnamige Debüt zwischen April und August 1982 in München. Nachdem ein Plattenvertrag bei Teldec unterschrieben war, wurden Jan Zelinka (Schlagzeug) sowie Tom Krüger für den Bass ins Boot geholt, im Studio half dann der allgegenwärtige Curt Cress noch ein bisschen an den Drums aus.
Schiebt man das Album dann in die Anlage, dauert es nach dem Drücken des Play-Buttons gerade mal wenige Sekunden, bis man sich tatsächlich wie in einer Zeitmaschine etwa 35 Jahre in die Vergangenheit zurück gebeamt fühlt. GMBH hatte das volle Programm mit dröhnenden Synthies, Keyboards, elektronischen Drums-Sounds sowie extrovertierten und frechen Texten am Start. Die Gitarre ist vergleichsweise zu anderen Combos jener Zeit tatsächlich dominanter vertreten, was alleine schon ein unbedingter Pluspunkt ist. Um ehrlich zu sein, möchte ich hier erst gar keinen der Songs besonders hervorheben, da die ganze Platte ein Ganzes und ein einzigartiger Trip in die Vergangenheit ist. Aufgefallen ist mir allerdings noch, dass die Bandmitglieder wahrscheinlich heimliche Fans von der ebenfalls deutschen Combo Straight Shooter und deren Song "My Time, Your Time" waren, wie man beim gephasten Drum-Solo in "Schwierig" sehr gut nachvollziehen kann.
Speziell bei der Presse kam die Platte damals über die Maßen gut an, was ein wirklich hoffnungsvoller Start war. Doch dann schlug mal wieder das pralle Leben zu, bzw. das, was passiert, während man Pläne macht. Aus nicht weiter erläuterten Gründen kam es plötzlich zu großen Differenzen zwischen der Band und dem Label, was dazu führte, dass die Band Zeit ihres Bestehens kein einziges Konzert spielte und sich 1983 schließlich ganz auflöste. Obwohl die Musiker (mit Unterbrechungen) durchaus auch weiterhin aktiv waren, hat man seither nicht mehr wirklich viel von ihnen gehört.
Somit darf man "GMBH" mit Fug und Recht als 'Vergessene Perle' einer lange vergangenen Zeit und dem Genre Neue Deutsche Welle bezeichnen. Das norddeutsche Label Sireena Records hat seinem (sehr guten!) Ruf, seltene und fast schon verloren geglaubte Alben wieder auszugraben, also wieder alle Ehre gemacht. Eine tolle Wieder-Entdeckung für alle Fans der NDW und jede/n, der mal reinhören möchte, wie das damals von einer guten Band so klang.
Line-up GMBH:
Christian Schneiderbauer (Gesang & Chorgesang)
Wesley Plass (Gitarren, Bass, Keyboards, Gesang & Chorgesang)
Hermann Weindorf (Keyboards)
Berthold Weindorf (Saxofon)
Tom Krüger (Bass)
Jan Zelinka (Schlagzeug)
Curt Cress (Schlagzeug)
Laurent Antony (Chorgesang)
Tracklist "GMBH":
- Heidi
- GMBH
- Luxuskind
- Spinner
- Neue Zeit
- Immer
- Party
- Nüchtern viel zu schüchtern
- Ich lauf weg
- Schwierig
- Echolot
- Schimmer
Gesamtspiellzeit: 45:29, Erscheinungsjahr: 2019 (1982)
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