
Gong – eine Band mit einer wechselvollen Geschichte. Im Rahmen der Canterbury-Szene im Jahre 1968 gegründet, durchlebte sie eine Reihe von Line-ups und von Stilen: Prog Rock, Space Rock, Jazz Rock, Fusion, alles war dabei.
Daevid Allen, Gilli Smyth, Didier Malherbe, Rachid Houri, das war die erste Besetzung, die 1970 das Debüt-Album "Magick Brother" veröffentlichte. 1973 war es Steve Hillage, der prägend hinzutrat, und so gaben sich im Laufe der Zeit weitere Musiker die Klinke in die Hand, Pierre Moerlen, Mireille Bauer, Allan Holdsworth, der mit Moerlen die Alben "Gazeuse"(auch unter "Expresso" veröffentlicht) und "Expresso II" als Pierre Moerlen’s Gong einspielte. Nach weiteren Side-Projekten wie Planet Gong, Mother Gong, New York Gong, Gongmaison und Gongzilla wird nun der Bogen geschlagen zu Gong Expresso. Doch von der Originalbesetzung ist niemand mehr dabei. Von Pierre Moerlen’s Gong mit oben genannten Platten musizieren jedoch tatsächlich noch Benoit Moerlen und Hansford Rowe zusammen, sowie Francois Causse, der zeitweilig mitspielte. Insofern ist dieses keine gänzlich neue Besetzung. Doch die Musik ist anders.
War die Zeit in den Siebzigern zum Beispiel stark von treibendem Jazz Rock geprägt, so auch während der Gongzilla-Zeit, so herrschen auf "Decadence" eher beschaulichere Klänge vor. Sicher, es wird noch fusioniert, aber auf sanfte Art und Weise. Der Auftakt- und Titelsong zum Beispiel fliegt dezent swingend mit einen großen Anteil Jazz dahin. Dabei nimmt der erst fünfundzwanzigjährige Julien Sandford an der Gitarre eine wichtige Stellung ein, scheint er sich doch an einer Reihe wichtiger Jazz-Gitarristen stilistisch zu orientieren. Weiteres wichtiges Merkmal dieser aktuellen Besetzung ist der Gebrauch von Vibrafon und Marimba durch Benoit Moerlen. Auch er setzt stark jazzige Akzente.
Insgesamt betrachtet, ist dieses keine Platte für alle, die a) den proggig-spacigen Ur-Gong-Sound lieben, die b) den Jazz Rock der Siebziger im Katalog der Band schätzen, denn sowohl das Experimentelle der ersten Formation als auch das kraftvoll voranpreschende der späteren fehlen hier vollends. Angesagt ist vielmehr entspanntes Zurücklehnen und Zuhören, zu einer Musik, die auf einem hohen musikalischen Level entstanden ist und die für Einige vielleicht zu sehr dahinplätschernd erscheinen mag, aber letztlich so nicht eingestuft werden sollte. Denn die Ideen werden im Augenblick kreiert, Ideen, die auf dem Zusammenfügen schöner Klänge und dem Verflechten subtiler Momente basieren. Angenehm ist dabei dieser dezent durchscheinende jazzige Aspekt, der mitnichten das ist, was ich jüngst in einer Rezension zu diesem Album las, nämlich, dass diese Musik mit dem Temperament von Smooth Jazz versehen sei. Smooth Jazz ist etwas ganz Anderes und Gong Expresso ist davon mit Sicherheit weit entfernt.
Nun, nichtsdestotrotz dürften eingefleischte Jazz-Fans wohl auch nicht auf diese Musik anspringen, sollten aber einmal beide Ohren riskieren. Denn sowohl der junge Gitarrist Sandiford ist es wert, erhört zu werden, wie auch sein filigranes Zusammenspiel mit Moerlen, das subtil spannende Akzente setzt, die vom kraftvollen Bass und einfühlsamen Spiel des Drummers brillant unterstützt werden. Dieses ist eine völlig neue Variante von Gong, die nach Fortsetzung und Entwicklung ruft. So empfehle ich, noch einen Saxofonisten hinzuziehen.
Line-up Gong Expresso:
Julien Sandiford (guitar)
Benoit Moerlen (vibes, marimba)
Hansford Rowe (bass)
Francois Causse (drums, percussion)
Tracklist "Decadence":
- Decadence
- Zephyr
- Toumani
- Talisman
- The Importance Of Common Things
- Eastern Platinum
- Frevo
- God Knows
Gesamtspielzeit: 38:49, Erscheinungsjahr: 2018
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