Wenn man aus Red Deer in Alberta kommt, dann hat man nicht so wahnsinnig viele Möglichkeiten, etwas aus seinem Leben zu machen. Obwohl drittgrößte Stadt der Provinz und etwas mehr als eine Stunde Fahrzeit von Calgary entfernt, bietet der Ort mit 100.000 Seelen außer schicken schachbrettartig angelegten Subdivisions zum Wohnen nicht so richtig viel. Nun ja, Öl, Landwirtschaft (ganz viel davon) und Eishockey stehen auf der Haben-Seite, Alkohol und Drogen auf der anderen. Gelobt sei derjenige, der mit ein wenig Talent und viel Biss ausgestattet ist, um sich von letztgenannter Seite fernzuhalten.
Zu dieser Sorte gehören die fünf Jungs von Grim um die vermutlichen Namensgeber Alex und Ryan Grimberg. Ihr Stil soll sich an einer Melange aus Skynyrd, Pantera und den australischen Boogie-Rockern AC/DC orientieren und diesen hat die 2016 gegründete Band mit ihrem bereits im Juli 2019 erschienenen Debütalbum in Silber gebrannt. Auf knapp über 25 Minuten, kaum mehr als eine EP, haben die fünf Jungs ihre ersten sieben Stücke eingespielt. Neben den oben genannten Brüdern an den Gitarren und Vocals stehen noch Jackson Black am Tieftöner, Eric Doucet an den Tasten sowie Dane Williams an den Trommeln im Line-up.
Ihre musikalische Sozialisation hört man direkt schon beim ersten Durchlauf: Southern Metal-Heavy Rock-Gemisch mit durchaus einigen Entlehnungen aus dem Hardcore-Genre. Schon das Intro zum ersten Song, "Hearts", wird von einem fetten Riff und einem monströsen Urschrei gestaltet. Danach gehen die Jungs im höchsten Gang vor, schnelle Gitarren, treibender Bass und gleichermaßen geartetes Drumming. Sänger Alex Grimberg verfügt über eine gute Bandbreite, verfällt – subjektiv empfunden – leider immer wieder in growlen-hafte [!] Stimmlagen, die m. E. einen Akzent zu viel setzen. Ohne diese Einsprengsel würden sich die Tracks einem weitaus größeren Publikum öffnen. Nichtsdestotrotz kann man sich die Band ohne große Mühe als richtig abgehende Live-Truppe vorstellen. Dazu reiht sich auch "This Ones About Fighting Cowboys" nahtlos an den Opener an.
"Old Saloon" weist ein locker-flockiges Honky Tonk-Piano auf, das dem Ganzen derben Gegröle des Fronters eine gewisse Leichtigkeit verleiht. Sehr clever sind hier auch die interessanten Rhythmus- und Tempo-Wechsel, die den Song sehr kurzweilig erscheinen lassen. Das erwähnte Piano von Eric Doucet dürfte gerne öfter zum Einsatz kommen, wenn dafür das Schreien am Limit etwas zurückgefahren werden könnte. Nicht, dass wir einander falsch verstehen, meistens singt Grimberg clean, und das sogar sehr überzeugend. Doucet kann natürlich auch mehr als nur Piano; so zieht er bei "Rain Season" wabernde Orgel-Sounds aus seinem Instrument und lässt eine Rückerinnerung an die Siebziger aufkommen. Gepaart mit den ständig nach vorne galoppierenden Kollegen, kommt da eine weitere coole Mischung zutage.
Grim halten sich bei keinem der sieben Tracks mit irgendwelchem akustischen oder balladesken Geplänkel auf; alles kracht, mal flotter, mal in etwas verhaltenerem Groove wie bei "Dirt" – leider auch hier wieder zu wenig clean gesungen. Aber wenn es dein Style ist, musst du es wohl so machen…
Mit "Number 7" verabschieden sich die Kanadier in fast angepunkter Manier, ein wenig heavy Country dazu und erneut ein mehrfacher Rhythmus- und Tempo-Wechsel mit schnellen Gitarrenläufen und einem letzten Hardcore-Anteil.
Die Abstriche, die für den Rezensenten natürlich im Bereich des persönlichen Geschmacks liegen, sollen nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich Grim eine feine Visitenkarte erschaffen haben, die durchaus für einen erweiterten Bekanntheitsgrad sorgen könnte. Sollten Euch die Jungs mal über den Weg laufen und wenn Ihr Euch von einem Gesang nicht abschrecken lasst, der ab und an auch mal jenseits von clean ist, dann stattet ihnen einen Besuch ab.
Line-up Grim:
Alex Grimberg (vocals, guitars)
Ryan Grimberg (guitars)
Jackson Black (bass)
Eric Doucet (piano, organ)
Dane Williams (drums, percussion)
Tracklist "Grim":
- Hearts
- This Ones About Fighting Cowboys
- The Old Saloon
- The Gruesome Twosome (And The Double K.O.)
- Rain Season
- Dirt
- Number 7
Gesamtspielzeit: 25:40, Erscheinungsjahr: 2019
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