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Grobschnitt / Grobschnitt – LP-Review

Grobschnitt - Grobschnitt - LP-Review

Die aus Hagen stammende Band Grobschnitt ist, nicht erst seit heute, eine deutsche Musik-Legende. Entstanden war sie im Jahr 1970 aus mehreren Schülerbands und der Name wurde von einer Soldaten-Band aus dem 1. Weltkrieg übernommen, die sich ihre Instrumente selbst baute. So steht es geschrieben. Laut der Band selbst fand die tatsächliche Gründung und Namensfindung jedoch erst im Mai 1971 statt. Zunächst einmal wurde jede Bühne im Großraum Hagen (Nordrhein-Westfalen) beackert, die nicht schnell genug auf den Bäumen war, bis irgendwann im gleichen Jahr der Gitarrist Lupo und der Bassist Bär ins Auto stiegen und nach Hamburg – damals DIE Musik-Hochburg Deutschlands – fuhren. Von einer Telefonzelle aus riefen die beiden einfach mal bei Plattenfirmen an und letztendlich ergatterte die Band tatsächlich einen Deal bei der Metronome, wo sie bei dem neugegründeten Unter-Label Brain landete. Im Dezember 1971 ging es dann für die Aufnahmen des gleichnamigen Debütalbums ins Studio, wo den sechs Musikern der damalige Rattles-Gitarrist Frank Mille (als Produzent) und der legendäre Conny Plank (als Tontechniker) zur Seite standen.

Wie waren die Anfänge? Sehr selbstbewusst und ambitioniert startet die Scheibe mit dem knapp 14-minütigen "Symphony", das sich aus insgesamt vier Parts zusammensetzt. Und selbstbewusst konnten die Musiker auch sein, wie die Nummer schnell erkennen lässt. Nach dem rockigen Start, aus dem man durchaus noch Einflüsse der sechziger Jahre heraus hören kann (was ja nichts Negatives ist), geht es zum nächsten Part, bei dem sogar Streicher involviert waren. Dann wird es ruhig, eine erdig-warme Orgel übernimmt (umgarnt von den Streichern), bevor das Stück dann in einen längeren Solo-Gitarren-Part driftet (bei dem man unvermittelt auch an Pink Floyd denken muss) und es schließlich zum großen Finale kommt. Großartig und… Hut ab! "Travelling" hatte die Band schon länger im Live-Repertoire, was natürlich nicht schaden konnte. Ein starker Rocker, der auch sehr gut die Rastlosigkeit der Seele, aber auch die der des Lebens auf der Straße bzw. auf Tour widerspiegelt. "Wonderful Music" eröffnet die zweite Seite mit einer coolen Flöten-Einlage von Bär, während das Stück im Anschluss deutliche Folk- und sogar Klassik-Einflüsse vorweisen kann. Witzig (aber auch mit einem ernsten Hintergedanken) kommt das auf deutsch rezitierte "Am Ölberg", das einen Teil des insgesamt vier Parts umfassenden "Sun Trip" darstellt.

Die beiden Live-Stücke auf der dritten Seite (die das Bonus-Album mit den Live-Aufnahmen eröffnet) entstanden sogar noch vor den Einspielungen zum Debütalbum, nämlich im Juli 1971, aufgezeichnet bei einem Konzert in der THG Aula in Hagen. "About My Town" rockt sich flott durch die Speaker und enthält Teile, die später bei der ersten Platte in den "Sun Trip" einflossen. Bereits in diesem frühen Stadium zeigten die Musiker von Grobschnitt, dass sie nicht nur in der Lage waren, lange strukturierte Songs zu schreiben, sondern auch ein echtes Faible für ausschweifende Improvisationen hatten. Und das durchaus gekonnt sowie durchgehend unterhaltsam sowie kurzweilig. Nach dem mit knapp siebeneinhalb Minuten etwas kürzeren "The Machine" erwarten uns auf Seite vier dann knapp 25 Minuten "Another Symphony". Diese Aufnahme stammt von einem Konzert im Februar 1977 in Gütersloh und hier nehmen uns die Musiker erwartungsgemäß mit auf einen weiteren wilden Ritt (der erwartungsgemäß auf "Symphony" vom Debüt zurückgreift), zu dem am Anfang des Songs die Amon Düül II-Sängerin Renate (Knaup-) Krötenschwanz angekündigt wird. Gesanglich ist sie zwar nicht zu hören,war aber scheinbar doch mit vor Ort.

Diese neue Doppel-Vinyl-Ausgabe kommt majestätisch mit einem tollen Cover, zwei Beilagen mit vielen Fotos und alten Zeitungsausschnitten im LP-Format sowie einem Download-Code. Das Vinyl ist einmal schwarz und einmal weiß, dabei jeweils die vollen 180g schwer. Vorbildlich. Das Album an sich kann auf der zweiten Seite zunächst nicht ganz halten, was die erste versprochen hatte, wird im Verlauf aber immer besser. Insgesamt ein sehr ordentliches und gutes Debüt, das bereits ein Omen für noch kommende Großtaten war. Und die Live-Stücke sind sowieso eine Nummer für sich. Bereits auf dem folgenden Album ("Ballermann" von 1974) sollte mit "Solar Music" der Song vertreten sein, der die Band Grobschnitt bis heute definiert. Aber das ist wieder eine andere Geschichte, die wir euch demnächst in diesem Theater vorstellen werden.


Line-up Grobschnitt:

Joachim H. 'Eroc' Ehrig (drums & percussion, electronic effects)
Axel 'Felix' Harlos (drums & percussion)
Stefan 'Wildschwein' Daneliak (rhythm guitars, vocals)
Bernhard 'Bär' Uhlemann (bass, flute, percussion)
Gerd Otto 'Lupo' Kühn (lead guitars)
Hermann 'Quecksilber' Quetting (organ, piano, spinet, percussion)

Tracklist "Grobschnitt":

Side1:

  1. Symphony (13:44)
  2. Travelling (6:46)

Side 2:

  1. Wonderful Music (3:38)
  2. Am Ölberg [Mountain Of Olives] (2:33)
  3. On The Way (4:08)
  4. Battlefield (5:42)
  5. New Era (5:16)

Side 3:

  1. About My Town (12:10)
  2. The Machine (7:24)

Side 4:

  1. Another Symphony (24:39)

Gesamtspielzeit: 20:32 (Side 1), 21:23 (Side 2), 19:36 (Side 3), 24:39 (Side 4), Erscheinungsjahr: 2017 (1972, 1971, 1977)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
Meine Beiträge im RockTimes-Archiv
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Meine Konzerberichte im Team mit Sabine
Mail: markus(at)rocktimes.de

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