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Grundhass / Ganz OK – CD-Review

Grundhass / ganz ok

Zugegeben, beim Lesen des Band- oder besser Projektnamens war ich zunächst erst einmal skeptisch. Ganz und gar nicht die einzige Platte, bei der man erst einmal zögerlich ist. »Die meisten Menschen kratzen sich vermutlich verwirrt am Kopf, wenn sie Grundhass auf einer Bühne sehen. Verspricht der Name doch schäbigsten zwei bis drei Akkorde-Deutschpunk und stumpfstes Parolengedresche«, schreibt Steffen Neumeister alias Grundi auf seiner Homepage, um sofort aufzuklären: »Wenn dann der sympathische Typ mit Akustikgitarre und dem Jürgen-von-der-Lippe-Hemd die Bühne betritt und seine melodischen Hymnen mit teils absurden Texten aufführt, ist klar, dass hier Etikettenschwindel vorliegen muss.« Rein musikalisch ist die Schilderung mit der Gitarre schon Vergangenheit.

Tatsächlich handelt es sich hier um Musik mit Punkhintergrund zum Zuhören und Durchdrehen. Während vor gut eineinhalb Jahren das Debütalbum "Wenig los" mit einer Akustikgitarre auskam, hat sich der Punk Rock-Liedermacher dieses Mal Verstärkung gesucht und tauscht Lagerfeueranmutung gegen echtes Bandgefühl. So heißt es folglich jetzt bei Live-Konzerten: »Wir sind Grundhass.« Vermutlich verblasst so manche Anmutung, wenn klar wird, dass es sich um Punk Rock handelt. Dann ist es unerheblich, dass es sich bei Grundhass gewöhnlich um ein Ein-Mann-Projekt und keine Band handelt. Auf ganz Deutschland scheint das inzwischen in der Musik zuzutreffen. Gefühlt wohlgemerkt. Verstärkung wie im vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen.

Trotz Schwerpunkt Punk war das Debütalbum stilistisch schwer ausrechenbar. Auf "Alles OK" gibt es eine klingende Verwandtschaft mit der Band Die Ärzte. Als Vergleiche eignen sich unüberhörbar "Unter dem Dreck", "Ihr nehmt mir mein Leben nicht weg", "Dortmund" und "Realität". Allein in den Namen der Tracks steckt schon eine starke Ähnlichkeit. "Ganz OK" erinnert mich an "Die Bestie in Menschengestalt". Das gleichnamige Album der Ärzte ist 1993 nach der Neugründung der erfolgreichen Formation erschienen. Der wohl bekannteste Hit daraus ist "Schrei nach Liebe". Musikalisch und textlich senden Grundhass und Farin Urlaub mit dessen Kollegen auf gleicher Wellenlänge. Ob diese Ähnlichkeit auf Seiten von Grundhass gewollt ist? Dazu gibt es keinerlei verwertbare Hinweise.
Sicher ist nur, dass Grundi alias Steffen Neumeister im Fahrwasser der deutschen Punk Rock-Pioniere unterwegs ist. Letztlich spielen Die Ärzte Musik mit Wurzeln im Punk Rock. Ihr Genre-Mix bis hin zu Deutschrock und Alternative Rock ist in all den Jahren jedoch viel breiter geworden.

Ein bisschen Gesellschaft im stilistischen Mix sollte nicht schaden. Grundhass beherrschen ihre Kunst richtig gut, das Ganze kommt mit zwölf Kompositionen flüssig rüber. Als Gast auf dem Album wirkt Sebastian Madsen, Leadsänger der gleichnamigen Band Madsen, mit. Er singt auf dem Opener "Tag am See". Es ist der erste Song, der überhaupt für die Platte entstanden ist. Mit einem Gitarrensolo ist Yonas Farag (Montreal) auf "Ihr nehmt mir mein Leben nicht weg" dabei. Produzent von "Ganz OK" ist Ole Fries, der sich als Musiker mit Gitarre, Bass und Maultrommel auf dem Album verewigt hat. Das Werk ist digital, auf CD und als Klar-Vinyl erhältlich.


Line-up Grundhass:

Grundi (Gesang, Gitarre, Orgel, Tamburin, Chorgesang – #12)
Tonic (Schlagzeug, Chorgesang – #12)
Ole Fries (Bass, Gitarre, Maultrommel, Chorgesang – #12)
Oile Lachpansen (Harmonien, Chöre)
Sebastian Madsen (Gesang – #1)
Yonas Farag (Gitarre – #6)
Marji (Chorgesang – #12)
Soni (Chorgesang – #12)
Hirsch (Chorgesang – #12)

Tracklist "OK":

  1. Tag am See feat. Sebastian Madsen
  2. Das Leben der Anderen
  3. Fünf minus Vier
  4. Unter dem Dreck
  5. Unter dem Meer
  6. Ihr nehmt mir mein Leben nicht weg
  7. Dortmund
  8. Tocotronic hatten immer Recht
  9. Die Ballade vom orangenen Lieferdienst
  10. Realität
  11. Messerkampf im Penny-Markt
  12. Endlich angekommen

Gesamtspielzeit: 36:30, Erscheinungsjahr: 2022

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

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