Die mittlerweile legendäre Band Guru Guru tat sich abgesehen von der Anfangszeit und seit Mitte der neunziger Jahre oft recht schwer, ein festes Line-up zusammen zu halten. Rund um die einzige Konstante Mani Neumeier (drums) prägten in den Gründerjahren außerdem Ax Genrich (guitars) und Uli Trepte den Sound der Band. Nachdem dieses Line-up auseinander gefallen war, konnte Neumeier ab Mitte der Siebziger mit Roland Schaeffer den nächsten sehr wichtigen und vor allem konstanten (er blieb zunächst bis 1982) musikalischen Partner gewinnen. Ansonsten ging es oft drunter und drüber, (auch namhafte deutsche) Musiker kamen und gingen, bis sich schließlich vor etwa dreißig Jahren ein festes Trio mit Neumeier, Schaeffer und Peter Kuehmstedt am Bass (der auf dem hier zu besprechenden Album erstmals in Erscheinung trat) bildete und lediglich der vierte Musiker immer wieder mal wechselte.
Der Sound der ersten Band-Besetzung bzw. ersten fünf Alben gehörte spätestens mit dem Album Tango Fango (1976) der Vergangenheit an. Und den neuen darauf – kürzlich hier besprochenen – Sound führte die Band dann auch auf "Globetrotter" weiter. Es geht meist sehr optimistisch und offen nach vorne. Sehr experimentierfreudig und aufgeschlossen für (nicht mehr ganz so) neue Sounds, sei es Jazz, Latin oder auch fernöstliche Klänge waren zu hören und die einzelnen Songs tatsächlich auch tanzbar. Was, ich hatte es schon bei "Tango Fango" erwähnt, nicht unbedingt bei jedem Fan der Band auf Gegenliebe stieß. Von der Kritik gefeiert, aber vielen Anhängern stieß diese neue Zugänglichkeit doch eher sauer auf und auch heute noch kann man im weltweiten Netz bzw. auch in deutschen Online-Magazinen lesen, wie belanglos und schlecht diese Platten sein sollen. Aber wie ich schon im letzten Review schrieb, können solche Beurteilungen nur aus tiefer persönlicher Enttäuschung geboren worden sein. Denn wenn man die Vergleiche mit den ersten Scheiben einfach mal komplett außer Acht lässt und offen an die Sache herangeht, dann hat man es hier mit bärenstarken Tracks zu tun.
Neben einigen Instrumentals gibt es für knapp die Hälfte des Albums auch entweder nicht ganz so berauschende ("Rolling Through The City") bis sehr gute ("I’m Really Into Rock’n’Roll, Man") Lead Vocals auf die Ohren. Der Titeltrack ist eigentlich ebenfalls eine gesanglose Nummer, in der aber die beteiligten Musiker vorgestellt werden und es zu ein paar weiteren stimmlichen Einwürfen kommt. Die einzelnen Stücke sind so individuell, wie sie auch zu einem großen Ganzen verschmelzen. Und neben den Hauptsongwritern Neumeier und Schaeffer befindet sich mit "May Dream" auch ein wunderschönes Instrumental von Ingo Bischof und Tommy Goldschmitt auf diesem Werk. Bezüglich der Angaben im Line-up hat der Rezensent keine Bestätigung gefunden, ob die Lead Vocals für "When The Lights Go Out" tatsächlich von Schaeffer, oder womöglich von Bischof oder Goldschmitt stammen. Ergänzungen willkommen.
Wie bereits bei "Tango Fango" hat Repertoire Records einen richtig guten Job gemacht, was den Sound betrifft. Kristallklar kommen die einzelnen Instrumente durch, sodass auch jederzeit erkennbar ist, was hier für eine geballtes Können am Start war. Mit Krautrock haben diese sehr weltoffenen und barrierefreien Tracks allerdings kaum noch etwas zu tun. Tracks, die entweder gefallen, oder eben auch nicht. Ungerecht dagegen ist, ihnen ihre Klasse bzw. Qualität abzusprechen, denn was hier musikalisch geboten wurde und wird, ist nach wie vor von allerfeinster Güte. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass auch die Gestaltung (Cover, Inlay) sehr gelungen ist, dann darf man gerne von einer weiteren starken Veröffentlichung aus dem Hause Guru Guru sprechen.
Nicht mehr so humorig bzw. klamaukig wie "Tango Fango", aber dennoch eine Platte im Guru Guru-Vermächtnis, die nach wie vor hell scheint und ihre Daseinsberechtigung hat. Unbedingt als Einheit mit dem Vorgängeralbum zu sehen, denn nach der folgenden "Live ’78" kam es dann bereits zum nächsten musikalischen Richtungswechsel.
Line-up Guru Guru:
Mani Neumeier (drums, sounds, lead vocals – #1,8)
Roland Schaeffer (guitars, saxophone, lead vocals – #2,4,5)
Jogi Karpenkiel (bass)
Peter Kühmstedt (bass)
Ingo Bischoff (piano, Moog synthesizer, vocals)
Mit:
Helmut Hattler (bass – #8)
Sepp Jandrisits (guitars – #2,7)
Tommy Goldschmitt (congas, percussion, vocals – #8)
Michael Pilz (bass clarinet)
'Larry' (congas)
Tracklist "Globetrotter":
- Rolling Through The City
- I’m Really Into Rock’n’Roll, Man
- Moroso
- When The Lights Go Out
- Da-Wee
- May Dream
- Simba Ka-Limba
- Globetrotter
Gesamtspielzeit: 37:27, Erscheinungsjahr: 2024 (1977)
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