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Hamferð / Támsins likam – CD-Review

Hamferd - Tamsins likam

Hamferð wurden 2008 in Tórshavn auf den Färöer-Inseln gegründet und sind die zweite Band von dort, die mich begeistern konnte/kann (die erste war Týr bzw. deren Ableger Heljareyga).
Meine erste Begegnung (und Begeisterung) war 2014 auf dem Hammer Of Doom, ich war auf der Stelle hin und weg von der emotionalen und atmosphärischen Musik, von dem Wechsel zwischen Growls und klagendem Klargesang, der Texte in der Landessprache vorträgt. Auch bei Tageslicht auf dem NOAF wussten sie zu überzeugen, wobei Dunkelheit zu den düsteren Klängen eindeutig besser passt. Einen Jahrhundertmoment bekamen die Musiker bei der Sonnenfinsternis am 20.03.2015 geschenkt, die auf den Färöer Inseln total war – wer kann schon einen Akustik-Auftritt hinlegen, während sich im Hintergrund die Sonne verdunkelt…

Vermutlich hat diese Aktion die Popularität der Band gesteigert und mit dazu beigetragen, dass die nunmehr dritte Veröffentlichung, "Támsins likam", bei einem größeren Label, nämlich Metal Blade, erscheint. Aber auch die Musik alleine wüsste zu begeistern, die Einheit mit Konzept und Text steigert das jedoch noch.
Hamferð bedeutet Klagelied für tote bzw. verschollene Seeleute und mit "Támsins likam" soll nun die Trilogie über Sterblichkeit und Verlust abgeschlossen werden. Teil eins war 2010 die EP "Vilst er síðsta fet" und 2013 das Debüt "Evst" dann der zweite Teil. Eine visuelle Darstellung der textlichen Inhalte gibt es im Video zu "Frosthvarv".

Doch kommen wir zur Scheibe selbst: "Fylgisflog" fängt ganz zart und leise an, steigert sich langsam mit dem Einsetzen des Schlagzeuges und Gesangs, bleibt erst einmal immer noch verhalten und zurückhaltend. Erst nach fast vier Minuten kommt der erwartete eruptive Moment, die schweren Riffs schlagen zu und Jón Aldará wechselt von Klargesang zu Growls. Düster wie ein Felsmassiv im Dunkeln, doch zwischendurch immer wieder durch melodischere Parts aufgelockert, kriecht der Song aus den Boxen. Wechselhaft, von schroff auf schön, schweben die Sounds wie über einer rauen Landschaft, die dennoch auch Anmutiges vorweisen kann.
Bei "Stygd" eröffnen die Gitarren, dann setzt eine Art Chorgesang ein, der im Hintergrund Kontraste zu dem eher rhythmusorientierten Vordergrund steht. Das mag manchen ungewohnt erscheinen, steht Hamferð aber sehr gut. Ist sogar mein Favorit auf "Támsins likam". Wirkt nicht mehr so klagend wie auf den Vorgängerscheiben, dafür kantiger, schroffer –  daher vielleicht ein wenig sperriger, doch nicht weniger reizvoll. Dafür massiver und mächtiger. Spätestens wenn wieder der Chor einsetzt ist wieder ein Hauch der Erhabenheit zu spüren.

"Tvístevndur meldur" ist etwas harmonischer und näher an den älteren Songs. Damit mehr Richtung Wechselbad der Gefühle im Doom/Death-Gewand, mehr epische Emotionen statt postrockiger Dynamik und Dramatik. Mehr altgewohnter Hamferð-Stil.
Doch  bei "Frosthvarv" geht es wieder in die Post Rock-Ecke, mehr als zwei Minuten ruhige Klänge, bis harmonische Leads sich ein Duell mit den Growls liefern bis der Song schließlich sanft ausklingt.
"Hon Syndrast" wirkt teilweise recht deathig und überdurchschnittlich schnell, kontrastiert von langsameren Stellen mit melodischem Gesang. "Vápn í anda" dagegen fängt wieder ruhiger und zarter an bis die Death Doom-Keule ausgepackt wird und es dann schwer dramatisch wird, bevor zarte Töne die Scheibe beenden.

Manche werden die Weiterentwicklung begrüßen, manche werden sie jedoch auch kritisieren. Für mich sind Hamferð damit einerseits näher am Live-Sound, andererseits erinnert mich die Veränderung an den Weg, den Ahab gegangen sind: zu melancholischer Düsterkeit und eruptiven Soundgebilden.
Wobei dieser Vergleich nur bedingt greift, denn Hamferð sind eigenständig und gehen ihren eigenen Weg. Sie verkörpern auf großartige Weise das, was ich unter Doom verstehe, nämlich Verzweiflung und Untergangsstimmung in Töne umgesetzt. Das Ergebnis ist gleichermaßen majestätisch als auch finster. Dabei kommen Elemente von modern bis klassisch vor, werden in einer mächtigen und eigenständigen Klangwalze vereint. Darauf wiederum thront der faszinierende Gesang von Jón Aldará, der einen großen Teil der Wirkung von Hamferð ausmacht.

Unheilvoll, doch gleichzeitig unheimlich gut. Vorausgesetzt, man kann und will sich darauf einlassen. Für diejenigen ist "Támsins likam" erneut ein gewaltiges und beeindruckendes Werk geworden, während andere die Begeisterung nicht nachvollziehen können.


Line-up Hamferð:

Jón Aldará  (vocals)
John Egholm (guitar)
Theodor Kapnas (guitar)
Ísak Petersen (bass)
Esmar Joensen (keyboards)
Remi Johannesen (drums)

Tracklist: "Támsins likam":

  1. Fylgisflog (9:04)
  2. Stygd (6:58)
  3. Tvístevndur meldur (5:39)
  4. Frosthvarv (4:37)
  5. Hon Syndrast (6:10)
  6. Vápn í anda (10:51)

Gesamtspielzeit 43:19,  Erscheinungsjahr 2018

Über den Autor

Andrea Groh

Hauptgenres: Doom/Death/Black Metal, auch Post/Progressive/Pagan Metal u.a.
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