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Hammer Of Doom XI – Festivalbericht, 19.11.2016, Posthalle Würzburg

Nachdem das letztjährige Billing eins der stärksten in der Geschichte des Hammer Of Dooms war (und das nicht nur meiner Meinung nach) gab es 2016 für die elfte Auflage (durchaus berechtigte) kritische Kommentare und unterschiedliche Ansichten. Zum dritten Mal Saint Vitus nach 2010 und 2014, und zum dritten Mal Lord Vicar, da ist es wenigstens etwas länger her: 2010 und 2011. Nichts, aber auch absolut nichts gegen diese zwei Bands, aber muss Wiederholung sein?
The Skull und Primordial, die freitags spielten, waren beide zum zweiten Mal vertreten. Bei Primordial kommt noch die Frage hinzu, ob das passend für ein Doom-Festival ist? Nun, ich persönlich fand ihren ersten Auftritt dort sehr stark und die Stimmung durchaus düster genug. Meinetwegen hätten sie gleich ihre irischen Landsmänner Mourning Beloveth mitbringen können. Mir wären auch noch weitere, sehr sehens/hörenswerte Bands eingefallen. Im Doom gibt es noch einiges, was noch nicht in Würzburg war. Die Ankündigung der Schweizer Düsterheimer Samael und die gerade re-formierten Prog/Death/Doom-irgendwas Dark Millennium erscheinen da nicht gerade als erste Wahl, wobei ich beide schon sehr, sehr lange mal gerne sehen wollte…

Auch dieses Mal waren wir am Samstag da (Primordial hätte ich durchaus gerne noch einmal gesehen), einerseits aus terminlichen Gründen, andererseits sind mindestens 65 Euro für ein Zweitagesticket (wozu dann noch Übernachtung kommt) nicht unbedingt günstig, selbst bei 45 stellt sich die Frage der Verhältnismäßigkeit. Okay, neun Bands standen auf dem Plan, doch nach dem diesjährigen Event ist nachdenken und vielleicht Veränderung angesagt, Einzelheiten dazu folgen im Text. Doch alles der Reihe nach…

Hammer Of Doom XI: Iron Void

Hammer Of Doom XI: Iron Void

Bedingt durch etliche Baustellen auf der Autobahn und Parkplatzsuche verpassten wir die erste Band (Night Gaunt) und trafen erst zu Iron Void ein. Stirnband etc. erinnerten ein wenig an Saint Vitus, was durchaus ein Hinweis auf die musikalische Ausrichtung war. Traditioneller Doom war angesagt, der Fans der genannten Kapelle gefallen dürfte (und somit deren Enttäuschung etwas lindern sollte, mehr dazu später). Hat eigentlich jemand festgelegt, dass unbedingt ein Ozzy-artiges »Alright Now« irgendwo eingebaut werden muss? In Würzburg nichts Neues also, dennoch gut gemacht.
Die folgenden Apostle Of Solitude bewegten sich grob in der gleichen Richtung, waren jedoch ein wenig rauer. Da das nicht so wirklich spannend war, ergab sich damit die Gelegenheit für eine Shopping-Runde mit genehmer Hintergrundbeschallung und gelegentlichem Blick zur Bühne.
(Andrea)

Hammer Of Doom XI - Apostle Of Solitude

Hammer Of Doom XI – Apostle Of Solitude

Beim Betreten der Halle wurde das klar womit ich irgendwie schon gerechnet hatte, sehr wenig Publikum. Schade, aber das Billing 2016 hat wohl so manchen Doomkopf abgeschreckt. Zu viele Wiederholungstäter (Saint Vitus, The Skull, Lord Vicar, Primordial) und zuviel bemühtes (Samael, Dark Millennium)
Sowohl Iron Void als auch Apostle Of Solitude vermochten es wirklich Akzente zu setzen. Spaß gemacht haben beide Bands, obwohl ich für meinen Teil beide Formationen in einem kleinen Club für besser aufgehoben halte. Die große Bühne der Posthalle ist vielleicht nicht wirklich sinnvoll. Wie ich gerne sage: Eine Doom Shall Rise Band. Dort hätten beide die Chapel zum Beben gebracht. So war es eben ’nur' gut.
(Jens)

Hammer Of Doom XI: Universe217

Hammer Of Doom XI: Universe217

Den Griechen Universe217 widmeten wir wieder mehr Aufmerksamkeit. Frontfrau Tania hat nicht nur lange kräftige Haare, sondern auch eine kräftige Stimme (was natürlich viel wichtiger ist), die sie auf unterschiedliche Weise einsetzt, von (teilweise erstaunlich tief) singen bis schreien, dabei verschiedene Emotionen ausdrückend. Die Musik wird von der Band selbst als Experimental/Doom umschrieben – was zutrifft. Als Basis Doom Metal, aber offen in andere Richtungen, z. B. Post-Rock, dabei düster, stellenweise mit eruptiven Ausbrüchen, wandlungsfähig, unberechenbar – was die Sache reizvoll macht. Für mich DIE Neuentdeckung auf dem diesjährigen Hammer Of Doom – und da musste dann gleich die aktuelle CD "Change" mit.
(Andrea)

Für mich die Überraschung dieses HoD. Sehr apokalyptisch. Hat mich stellenweise an Ahab erinnert. Zumindest wenn man den Eindruck, bzw. das Gefühl hatte in einen Mahlstrom hineingezogen zu werden.
(Jens)

Hammer Of Doom XI: Dark Millennium

Hammer Of Doom XI: Dark Millennium

Dark Millennium haben mich 1992 mit ihrem Debüt "Ashore The Celestial Burdon" beeindruckt mit ihrer Mischung aus melodischem Death Metal mit Progressiven Elementen. Der Nachfolger "Diana Read Peace" von 1993 war dann deutlich progressiver, die Stimme gefiel mir weniger, der Sound hatte Schwächen, die Musik hatte dennoch einige großartige Momente. Dann löste sich die Band mangels Erfolg auf. Bis 2016…nach 23 Jahren kam für mich ziemlich überraschend die CD "Midnight In The Void", darauf wird die alte Linie fortgeführt. Gefällt mir gut. Allerdings verstehe ich nicht, warum das teilweise als Doom Metal eingeordnet wird. Okay, es ist düster, es hat auch mal schleppende Momente und dreht sich um Depressionen. Aber die Gleichung: Texte über Depressionen = Doom trifft nur manchmal zu. Reicht das um die Band auf ein Doom-Festival zu buchen?
Wie auch immer, ich habe mich darauf gefreut, sie live zu sehen…und wurde enttäuscht. Die Musik ist komplex strukturiert, daher nicht einfach live umzusetzen, es war der dritte Auftritt nach vielen Jahren Pause und sie sind daran gescheitert, gerade bei den ruhigeren Passagen. Wohl wissend, dass da Schwächen sind, setzte man anscheinend vorwiegend auf schnelleres, was für ein Doom-Festival nicht so passt. Gerade Sänger Christian Mertens war völlig überfordert, unsicher und hatte kein Charisma, abgesehen davon bekam er erwartungsgemäß den Gesang vom Debüt nicht hin – von dem wurden jedoch fünf Songs gespielt, darunter auch mein Favorit "The Atmosphere". Die Auswahl gefiel mir, die Umsetzung weniger. Sehr, sehr schade. Nicht-Fans, die mit dem Material wenig anfangen können, fanden es vermutlich richtig schrecklich. Die Meinungen zu dem Auftritt gingen sehr auseinander, ein paar wenige fanden es gut, die meisten nicht, ich habe die Posthalle selten so leer gesehen.
(Andrea)

Hammer Of Doom XI: Dark Millennium

Hammer Of Doom XI: Dark Millennium

Ich hatte mich ja schon auf den Auftritt Dark Millenniums gefreut, obwohl ich bei Bands, die seit gefühlten tausend Jahren nichts mehr gemacht haben immer recht vorsichtig bin. Und ich sollte Recht behalten. Es gibt Bands, die richtig gute Scheiben raushauen  und ich oute mich sogar als Fan der zweiten  Langrille (die viele Fans so richtig beschissen finden), die live aber eher mau sind. So auch hier. Erstens fand ich Dark Millennium total fehl am Platz (Das Metal Assault wäre besser gewesen. Auch dort spielen Band, die irgendwann im Erdmittelalter mal ne relevante Single oder LP rausgebracht haben und plötzlich glauben, die Bühne ruft nach ihnen) Und überhaupt: Was hat DM auch nur ansatzweise mit Doom zu schaffen??? Manche mögen es ja ganz gut gefunden haben, dass es mal schneller zur Sache ging. Aber solch ein Gekloppe, dazu auch noch…..ganz freundlich ausgedrückt ….untightes Gehoppel ist genauso unpassend wie ein Doppelkorn auf einem Whisky Tasting.
(Jens)

Hammer Of Doom XI: Lord Vicar

Hammer Of Doom XI: Lord Vicar

Wen es störte, dass Dark Millennium zu undoomig waren, bekam als Ausgleich danach Lord Vicar. die auch ihr neues Album "Gates Of Flesh" vorstellten, auf dem erneut die reine Lehre des Dooms gepredigt zu werden scheint. Machte keinen schlechten Eindruck, besonders die ruhigeren Momente gefielen mir, trotzdem fand ich, dass ich sie schon stärker gesehen habe. Mag an ihnen gelegen haben, an mir oder an einer Kombination aus beidem. Die Halle war auf jeden Fall wieder einiges voller und die Finnen fanden Anklang.
(Andrea)

Peter und seine Rasselbande waren zwar schon öfters zu Gast in Würzburg aber von den Finnen kann man fast nie genug bekommen. Auch wenn die Kritik, das statt ihnen mal eine andere Doom Band ihre Chancen bekommen könnte schon gerechtfertigt ist. Laune haben die Burschen dennoch gemacht, auch wenn es nicht gerade ihr bester Auftritt war.
(Jens)

Hammer Of Doom XI: Antimatter

Hammer Of Doom XI: Antimatter

Antimatter werden manchmal gerne als 'Anathema für Arme' bezeichnet, manchmal allerdings auch als die bessere Variante. Gegründet von Duncan Patterson (ex-Anathema) und Mick Moss, mittlerweile nur noch aus letzterem (plus Gastmusikern) bestehend. Die Musik kann grob als düsterer (Alternativ) Rock umschrieben werden, ist damit zwar kein Doom, dennoch von der Atmosphäre her passend. Hat mir so gut gefallen wie erhofft, mal etwas Entspannendes zwischendurch. Wie bei vielen anderen britischen melancholischen Bands ist ein Pink Floyd-Einfluss erkennbar, so war es dann nicht verwunderlich, dass eine Coverversion von "Welcome To The Machine" gespielt wurde (ist nebenbei auch die aktuelle Single).
(Andrea)

Antimatter hat Andrea schon ganz gut umschrieben. War gut, zwar nichts Berauschendes. Aber immerhin gut. Hat mich an letztes Jahr erinnert als 40 Watt Sun in eine ähnliche Kerbe schlugen. Dennoch sind Antimatter auch kein richtiger Doom, obwohl es Spaß gemacht hat den Briten zuzuschauen.
(Jens)

Hammer Of Doom XI: Samael

Hammer Of Doom XI: Samael

Krasser Gegensatz zu den ruhigen Antimatter: Samael. Die Schweizer habe ich Ende der 80er mit der Single "Medieval Prophecy" als Black Metal Band kennen (und schätzen) gelernt. Nach dem Debüt "Worship Him" kamen beim Zweitling "Blood Ritual" Keyboards hinzu, bei "Ceremony Of Opposites" zeigte sich eine Tendenz Richtung Industrial, später wurde die Musik immer elektronischer und entfernte sich vom Metal. Eine Entwicklung, der ich (und viele andere) nicht so folgen konnte. Nun war ein Old-School-Set versprochen, die ganze "Ceremony Of Opposites" und noch mehr. Klang verlockend, doch konnte dieser Schritt zurück gelingen? Nach einem stimmungsvollen Intro (und endlich mal ein Backdrop an der Wand) kam die Ernüchterung: wummernder Industrialsound, bei dem ich als Fan der alten Werke keinen Song erkennen konnte. Und dann: »Ja, okay, ich glaube, wir fahren…«
Manchen hat es anscheinend doch gefallen, aber wie ich von anderen gehört habe, leerte sich der Saal bis nur noch ein Viertel der Leute da waren. Viele flüchteten entsetzt.
(Andrea)

Hammer Of Doom XI: Samael

Hammer Of Doom XI: Samael

Ich sag es jetzt ganz unverblümt: Was soll so ein Kasperletheater  auf dem HoD???? Die Ansage: »Wir bringen euch die Hölle«, stimmte sogar. Discoschmonzhölle trifft es allerdings eher. Eine Band wie Samael soll auf dem Summerbreeze zocken. Dort wird das passende Publikum ihren Nonsens bestimmt abfeiern. Aber doch nicht hier.
Nur weil irgendwo mal ne langsame Passage in den Songs vorkommt ist das doch kein Doom. Okay, Exodus haben auch mal langsame Stellen in ihren Songs. Kommen die dann auch als möglicher Gast in Frage? Ich hab selten solch einen Humbug wie das hier gesehen. Wie meinte ein Freund: »Das verkommt zu einem Wacken of Doom«. Recht hat er. Himmelherrgott noch einmal. Das macht eben die Ticket Preise wieder ’nen Tacken schmaler und holt kleinere Bands, die eben auch DOOM spielen statt solch einer Komiker Truppe und die Bude ist wieder rappelvoll. So bleibt es einfach nur unfassbarer Bockmist!
(Jens)

Hammer Of Doom XI: Saint Vitus Ausfall

Hammer Of Doom XI: Saint Vitus Ausfall

Was war mit dem eigentlichen Headliner Saint Vitus? Durch einen Buchungsfehler des Reisebüros und Flugverspätung saßen diese in Detroit und hatten keine Chance auf einen Anschlussflug nach Frankfurt/Main vor Sonntag. Das ist natürlich äußerst schlecht, da das Beamen noch nicht erfunden wurde, ließ sich an der Situation nichts ändern – irgendwie hat das Hammer Of Doom kein Glück mit der Band – beim letzten Mal mussten sie ohne Wino auftreten, da dieser verhaftet wurde. Dieses Mal hätte Scott Reagers singen sollen, für diesen exklusiven Auftritt waren etliche Fans sogar aus dem Ausland angereist. Sehr ärgerlich und enttäuschend, jedoch nicht die Schuld der Veranstalter. Diese ließen die vorherigen Bands länger spielen und boten 10 Euro Erlass auf die Tickets für nächstes Jahr an bei Nachweis des Besitzes eines diesjährigen. Eine Reduzierung des Preises für 2016 wäre wohl organisatorisch zu schwierig gewesen – zumal erst einmal geklärt werden muss, wie das mit den Kosten geregelt werden muss. Siehe die auf dem Festival ausgehängte Erklärung (Foto).

Hammer Of Doom 2016 war in manchen Punkten fast schon ein Hammer Of Desaster. Headliner ist verhindert, wenn anwesend gewesen wäre das eine der beiden Bands gewesen, die dann das dritte Mal dabei wären, andere waren das zweite Mal – regelmäßigen Besuchern fehlt dabei die Abwechslung; diejenigen die für Auflockerung sorgen sollten, kamen nicht gut an bei den meisten, Halle war leerer als sonst… wenn nicht schon der Termin und zwei Namen für nächstes Jahr bekannt gegeben wären, hätte ich Befürchtungen, das könnte das Aus bedeuten – was ich doch sehr bedauern würde. Hoffen wir, dass das HOD doch noch die Kurve bekommt und wieder stärker wird.
(Andrea)

Dem letzten Satz schließe ich mich an und bete zu allen Doomgöttern, dass nächstes Jahr alles wieder besser wird. Sollte das Billing nächstes Jahr ähnlich mies sein, sehe ich aber verdammt dunkelschwarz.
(Jens)

Hammer Of Doom XI: veränderte Running Order Samstag

Hammer Of Doom XI: veränderte Running Order Samstag

Hammer of Doom XI: Geplante Running Order

Freitag 18.11.2016

  • 19:00-19:45 Monasterum
  • 20:00-20:45 Cauchemar
  • 21:05-22:20 The Skull
  • 22:40-00:20 Primordial

Samstag, 19.11.2016

  • 13:30-14:15 Night Gaunt
  • 14:30-15:15 Iron Void
  • 15:30-16:15 Apostle Of Solitude
  • 16:30-17:15 Universe 217
  • 17:30-18:15 Dark Millennium
  • 18:30-19:15 Lord Vicar
  • 19:35-20:35 Antimatter
  • 21:00-22:00 Samael
  • 22:30-00:00 Saint Vitus

Über den Autor

Die Horgs (Konzertteam)

Gemeinsame (Konzert-)Reviews von Andrea und Jens

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