Eine kurze, aber stürmische Karriere war es, die die in Hannover ansässige Band Hans-A-Plast in den Jahren von 1978 bis etwa Mitte der achtziger Jahre hinlegte. Der erste Auftritt fand im November des Gründungsjahres statt und das in Eigenregie aufgenommene und gefertigte Debütalbum "Hans-A-Plast I" verkaufte sich auf den Konzerten der Band sehr gut. Nachdem die Band das Angebot eines Major-Labels abgelehnt hatte um lieber unabhängig zu bleiben, folgte 1980 "Hans-A-Plast II". Auf dem Höhepunkt angekommen, musste dann allerdings erstmal eine Baby-Pause eingelegt werden. Und wie schnell sich im Musik-Business alles ändert, musste die Combo feststellen, als sie 1983 ihr drittes Album "Ausradiert" vorlegte. Irgendwie schien sich plötzlich niemand mehr so recht für sie zu interessieren und deutsche Texte zu singen war auch schon nicht mehr so angesagt. Als sich bei der Comeback-Tour herausstelle, dass nun auch die Sängerin schwanger war, verwandelte sich das Unternehmen dann sprichwörtlich in die Abschieds-Tour. Hans-A-Plast lösten sich auf.
Ganz im Geiste des Punk Rock rückt die Frontlady Annette Benjamin mit der Ansage »Heute Abend zu Gast bei Hans-A-Plast – der Rockpalast!« die Möbel gleich schon mal gerade. Mit "Rock’n’Roll Freitag" eröffnet direkt einer der größten Band-'Hits' die Show. Das Quintett rumpelt herrlich punkrockig durch die Tracks und auch der Gesang ist nicht immer sattelfest. Aber darauf kam es ja beim Punk Rock sowieso nie an. Die Texte sind sehr stark vom damaligen Zeitgeist geprägt, es geht um inneren Frust, die nach wie vor herrschende Unterdrückung der Frau, polizeiliche Gewalt und auch korrupte Politiker. Ab und an zaubert die Lead-Sängerin auch mal ein Saxofon hervor und gibt die eine oder andere Einlage zum Besten. Es läuft eine rege Kommunikation mit dem Publikum und ein Freund der Band steuert (beispielsweise bei "Amerikaner") kurze schauspielerische Gasteinlagen bei.
Interessanterweise hat sich mit "Man Of Stone" auch ein einziger Song in englischer Sprache ins Repertoire geschmuggelt. Wobei … diese Aussage stimmt tatsächlich auch nur zur Hälfte. Die Songs im Punk Rock-Stil sind durchaus abwechslungsreich gestaltet und alleine schon durch die teilweise tiefgründigen, teilweise spöttischen und immer den Geist der damaligen Zeit tragenden Attribute interessant. In "Für ’ne Frau" geht es zurecht gegen die damals wohl immer noch vorherrschende arrogant herabsehende Tendenz vom Mann auf die Frau. »Wie hast du das gemacht? Das hast du gut gemacht! Wie hast du das geschafft? Für ’ne Frau ziemlich gut!« Und dabei macht die gute Annette gesanglich ziemlich deutlich, was sie von einem solchen Gebaren hält. "Ich zünd' mich an" ist purer Teenager-Frust, der zunächst in depressiveres und anschließend in radikaleres Geankengut übergeht.
Letzten Endes ist "Live At Rockpalast 1980" von Hans-A-Plast ein richtig cooles und dazu sehr unterhaltsames Zeitdokument mit den üblichen – und bei den Rockpalasten mittlerweile gewohnten – kleinen Qualitäts-Abzügen, was das Bild betrifft. Hans-A-Plast war damals eine der angesagtesten und erfolgreichsten Punk-Bands aus Deutschland. Sogar – trotz der Verweigerung, bei einem großen Label zu unterschreiben – so sehr erfolgreich, dass ihr von der Punk-Basis schon wieder Ausverkauf und Konformität vorgeworfen wurde. Aber gut, irgendwas is' ja immer und jedem kann man es nun mal auch nicht recht machen. Wer die Band noch gar nicht kennt, dem empfehle ich zum Anchecken Nummern wie "Rock’n’Roll Freitag", "Für ’ne Frau", "Ich zünd' mich an" oder auch "Hau ab, du stinkst".
Line-up Hans-A-Plast:
Annette Benjamin (saxophone, lead vocals)
Klaus-Michael Polten (guitar, background vocals)
Jens Meyer (guitar, background vocals)
Renate Baumgart (bass, backgrouud vocals)
Bettina Schroeder (drums, background vocals)
Tracklist "Live At Rockpalast 1980" (CD & DVD):
- Rock’n’Roll Freitag
- Man Of Stone
- Für ’ne Frau
- Ich zünd' mich an
- Kaufhaus
- Teenage Traum
- Polizeiknüppel
- Reicher Vati
- Starfighter
- Lederhosentyp
- Spielfilm
- Rank Xerox
- Amerikaner
- Hau ab, du stinkst
- Es brennt
- O, O, O
- Medusa (live 1983, DVD only)
- Monstertanz (video clip 1983, DVD only)
- Dokumentation (DVD only)
Gesamtspielzeit: 47:11 (CD), 70:00 (DVD), Erscheinungsjahr: 2021 (1980)
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