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Hans Plankert: "Mit etwas Support hätten wir sechsstellig verkauft!" – Interview

Straight Shooter - "My Time - Your Time" - CD-Review

Die aus Nordrhein-Westfalen stammende Band Straight Shooter existierte von 1976 bis 1984 und veröffentlichte in dieser Zeit fünf Alben. Der größte Hit und seinerzeit ein echter Diskotheken-Renner war der Titelsong des gleichnamigen Albums "My Time – Your Time". Nachdem die damals hergestellten Auflagen von vier der fünf Alben irgendwann ausverkauft und aus den Katalogen der Labels gestrichen waren, konnte man für viele Jahre lediglich noch die bereits erwähnte Scheibe sowie eine "Best Of"-Compilation erwerben. Bis das Label Sireena Records nun im Juni 2022 auch die anderen vier lange vergriffenen Platten wieder ins Spiel brachte, sprich wiederveröffentlichte. Um mal ein bisschen Licht in die Bandgeschichte (zu der auch im weltweiten Netz kaum was zu finden ist) zu bringen, stand uns das neben dem 2021 verstorbenen Frontmann und Sänger Georg Buschmann einzige (von 1977 – 1984) durchängig aktive und auf jeder Veröffentlichung vertretene Bandmitglied, der Keyboarder Hans Plankert, Rede und Antwort.

RockTimes: Hallo Hans, erstmal vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Außer, dass Georg Buschmann zuvor bei der Band Streetmark war, ist auch im Internet leider nicht mehr allzu viel über Straight Shooter zu finden. Erzähl doch mal, wie es zur Gründung der Band kam.

Hans Plankert: Georg Buschmann war in der ersten Hälfte der 70er Jahre Sänger der Düsseldorfer Art Rock-Band Streetmark, mit der er das Album "Nordland" aufnahm (Sky Records). Diese Band musste er aufgrund interner Querelen 1976 verlassen und gründete im gleichen Jahr eine Hardrock-Band, die er Straight Shooter nannte. Den Namen entlieh er sich von einem Album-Titel der Band Bad Company. Nach mehreren Besetzungswechseln und einem erfolglos gebliebenen Demo kam er auf die Idee, statt mit zwei Gitarristen mit einer Gitarre und mit Keyboards weiter zu machen. Durch einen gemeinsamen Bekannten, den Lichttechniker Peter Nellen, wurde ihm mein Name genannt und ich entschloss mich, trotz einiger Bedenken, im Oktober 1977 der Band beizutreten. Erste Konzerte im Düsseldorfer Raum wurden im Dezember 77/Januar 1978 absolviert. Ab Februar 1978 folgten die Aufnahmen zu einem neuen Demo, aufgrund dessen wir einen Plattenvertrag bei Sky Records bekamen.

RT: Warum hattest du denn Bedenken, bei der Band einzusteigen?

Hans: Bedenken hatte ich zum Einen wegen seiner musikalischen Vorstellungen, ihm schwebte Musik im Stil der Gruppe Free vor, weil seiner Meinung nach niemand etwas in dieser Richtung spielte und er deshalb darin großes kommerzielles Potenzial sah. Was ich nicht so gesehen habe, da ich diese Art von Musik stinklangweilig fand. Aber ich hatte die Hoffnung, im Laufe der Zeit meine musikalischen Vorstellungen mit einbringen zu können. Desweiteren hatte ich Bedenken menschlicher Art, die sich leider im Laufe der Zeit immer mehr bestätigten. Da Georg Buschmann Anfang letzten Jahres gestorben ist, möchte ich nach Möglichkeit hierzu keine weiteren Angaben machen.

RT: Okay, akzeptiert. Mit wem/welcher Band hattest du bis zu diesem Zeitpunkt gespielt?

Hans: Von Juni 1976 bis März 1977 war ich Keyboarder der Düsseldorfer Band Nail (Blues Rock). Nach der Auflösung wurde ich Mitglied der weiteren Düsseldorfer Band Prox (ab Mai 1977), mit der erstmal ein Repertoire erarbeitet werden musste und die 1979, lange nach meinem Ausstieg, ein Album bei Polydor mit dem Namen "Last Exit" veröffentlichten. Ich bin übrigens erst im März 1976 nach Düsseldorf gezogen.

RT: Nach dem zweiten Straight Shooter-Demo und anschließendem Vertrag mit Sky Records kam dann 1978 das Debütalbum Get Straight mit zwei bärenstarken Coversongs, aber auch richtig guten eigenen Stücken. Da war die Resonanz schon ziemlich groß, oder?

Hans: Wir waren zu dem Zeitpunkt im Düsseldorfer Raum sehr bekannt, die LP "Get Straight" hat sich insgesamt ca. 10 000 mal verkauft. Das Problem bei Sky Records war, dass wir relativ wenig Support hatten. Bis auf einige Anzeigen in den bekannten Musik-Zeitschriften (Sounds, Musik Express, Überblick) wurde von der Seite kaum Promotion gemacht. Georg Buschmann hatte Kontakte zu Winfried Trenkler vom WDR, wo unsere Musik dann auch im Laufe der Jahre öfter gespielt wurde.

RT: Der große Wurf gelang euch dann allerdings mit dem zweiten Album und dem daraus ausgekoppelten Titelsong "My Time – Your Time". Wie deutlich hat sich das damals hinsichtlich Tourneen, Fernseh-Auftritten und sonstigen Verpflichtungen hinsichtlich der Band auch intern ausgewirkt?

Hans: Von der LP und später auch CD "My Time …" haben wir bis heute etwas über 50 000 Exemplare verkauft, mehr als von den anderen vier LPs zusammen. Wie du wahrscheinlich weißt, entwickelte sich das Titelstück zu einem echten Discotheken-Renner, man kann sagen bundesweit. Bei einer großen Plattenfirma mit dem entsprechenden Support hätten wir mit Sicherheit sechsstellige Umsatzzahlen erreicht. 1980 und 1981 absolvierten wir je eine Frühjahrs- und Herbsttournee in Norddeutschland und in Süddeutschland. Durch die ständigen Besetzungswechsel und dadurch bedingt zunehmende musikalische Veränderungen ist es uns mit den nachfolgenden LPs nie mehr gelungen, einen Erfolg in Größe der "My Time…." zu wiederholen.

RT: Wahnsinn, über diese Zahl bin ich tatsächlich überrascht. Aber klar, es macht sich natürlich deutlich bemerkbar, wenn die Plattenfirma nicht mitzieht bzw. wenig Support bietet. Die von dir angesprochenen Besetzungswechsel wären auch mein nächstes Thema gewesen. Als 1981 Flyin' Straight erschien, war seit dem Debüt nicht nur die komplette Rhythmus-Abteilung (Bass und Drums) ausgewechselt worden, sondern mit Frank Kobe kam sogar noch ein zweiter Gitarrist hinzu. Warum wurden diese Entscheidungen getroffen?

Hans: Die ständigen Besetzungswechsel hatten alle mit der Person Georg Buschmann zu tun. Ab der "My Time …" traf er alle Entscheidungen alleine und ließ sich von niemandem mehr etwas sagen.

RT: Interessant … aber zurück zu den Alben: "My Time – Your Time" hat sich zwar am besten verkauft, meiner Meinung nach ist der Höhepunkt der Bandgeschichte jedoch "Flyin' Straight". Zumindest ist es mein persöliches Lieblingsalbum. Wie siehst du das?

Hans: Das sehe ich anders. Das einzige Shooter-Album,mit dem ich heute noch zufrieden bin, was Sound und Kompositionen betrifft, ist "My Time…". Das wird auch eindeutig durch die Verkaufszahlen bestätigt. Wie schon erwähnt, haben wir von "MyTime …" mehr Exemplare verkauft als von den anderen vier Alben zusammen.

RT: Wenn mich nicht alles täuscht, habe ich bei den Kundenbewertungenen eines großen Internet-Versandhandels zum Album "Rough’n’Tough" mal einen Kommentar von dir gelesen wo du schreibst, dass die Stimmung und Atmosphäre innerhalb der Band damals sehr schlecht waren. Sogar Günther Striepling war vor den Aufnahmen zu eurer vierten Platte ausgestiegen. Du hast es ja bereits angedeutet, es hatte wohl alles mit dem 'diktatorischen' Bandleader zu tun?

Hans: Ja, eindeutig, so war es.

RT: Okay. "Rough’n’Tough" war aber immer noch ein sehr gutes Album. Meine eigentliche Frage, ob es noch so erfolgreich wie die Vorgänger war, wurde bereits durch deine vorherige Aussage beantwortet. Schließlich kam 1983 die Platte "5", der Bassist Mark Wulf und die beiden Gitarristen Frank Kobe sowie Peter Rabowski waren raus und Günther Striepling wieder zurück. Wie kam’s zur Rückkehr?

Hans: Nachdem Anfang 1982 auf einen Schlag die beiden Gitarristen und der Bassist augestiegen waren, hatte Georg Buschmann keine andere Wahl mehr gesehen, als Günther Striepling zum zweiten Mal zu überreden, sich Straight Shooter wieder anzuschließen. Ab da waren wir also nur noch zu Dritt. Als Gast-Drummer für die LP "5" wurde noch mal Sibi Siebert angeheuert. Bei der letzten Produktion, der Maxi-Single "Deep In The Night", erschienen bei RCA, kam nur noch ein Drum Computer zum Einsatz.

RT: Ha, du hast die nächste Antwort fast schon wieder vorweg genommen. Auf "5" ist Sibi Siebert noch als Drummer im Line-up genannt, aber speziell auf der ersten Hälfte des Albums hat man wie bei "Deep In The Night" öfter das Gefühl, dass mit einem Drum-Computer gearbeitet wurde. Stimmt das so?

Hans: Nein, auf der LP "5" hatte Sibi Siebert durchgehend mit den damals beliebten Simmons Drums gespielt. Da dieser spezielle Drum-Sound aber sehr viel in NDW-Stücken Verwendung gefunden hat, passte er, nicht nur meiner Meinung nach, zumindest nicht durchgehend zu Rockmusik.

RT: Damals wurdet ihr dafür kritisiert, dass ihr euch mit der Platte an den gerade angesagten Sound angepasst habt, was für mich aber nur teilweise (wie etwa bei "Distant Scream") nachvollziehbar ist. Außerdem ist ein sehr schönes Instrumental aus deiner Feder dabei. Speziell auf der damaligen zweiten LP-Seite bekommt man dagegen wieder Straight Shooter, wie man sie zu kennen glaubt. War das mit dem moderneren Sound ein bewusster Schritt?

Hans: Auf jeden Fall hat Georg Buschmann das so gut geheissen. Allerdings war die LP "5" kommerziell ein totaler Flop, wir haben davon gerade mal 5 000 Exemplare verkauft. Mit Abstand das schlechteste Ergebnis.

RT: Straight Shooter wurde im Anschluss mehr oder weniger sang- und klanglos aufgelöst. Waren die Verkaufszahlen letzten Endes der Grund oder war die Band einfach 'durch'?

Hans: Nachdem auch die Single "Deep In The Night" kommerziell ein totaler Flop war, habe ich im Oktober 1984 Straight Shooter den Rücken zugewandt. Georg und Günther haben noch bis Frühjahr 1988 Demos aufgenommen, aber Georg konnte keinen Plattenvertrag mehr an Land ziehen. Als ihm endlich klar war, dass es keinen Sinn mehr hatte weiterzumachen, hat er die Sache beendet. Ende der achtziger Jahre erschienen dann die CD-Ausgaben von "My Time – Your Time" und "Rough’n’Tough" sowie die "Best Of". Desweiteren sind wir auf vielen Samplern vertreten, die in den vergangenen Jahrzehnten erschienen sind. Meistens mit dem Stück "My Time …", zum Teil auch noch andere von uns. Auf Youtube kann man viele Stücke von uns kostenlos streamen.

RT: Klar gab es damals noch kein Internet, aber leider habe ich anschließend nie mehr etwas von den Musikern Georg Buschmann, Hans Plankert und Günther Striepling gehört. Wie du sagtest, habe Georg und Günther noch Demos gemacht. Wie ging es mit dir dann musikalisch weiter?

Hans: Aufgrund meiner chronischen und unheilbaren Krankheit musste ich mich völlig zurückziehen und habe seitdem nur noch zur Freude meiner Nachbarn auf meinem Flügel Musik gemacht. 2010 haben Georg und ich eine Shooter-Webseite erstellen lassen von der begnadeten Künstlerin Ingrid Heuser. Diese erreicht man über den Link: www.taxirock.de. Auf Initiative von Friedhelm Misiejuk, dem zweiten Straight Shooter-Drummer, haben er und Günther, der Bassist Mark Wulf und der Session-Gitarrist Ziby Krebs ab 2018 eine Reunion durchgeführt. Georg wollte nicht mehr, ich konnte es nicht mehr. Nach einigen Auftritten in diversen Clubs trennten sich die Drei von Friedhelm Misiejuk und haben einen anderen Drummer dazu geholt. Ob es in dieser Besetzung schon Konzerte geggeben hat, entzieht sich meiner Kenntnis.

RT: Am Schluss möchte ich mich bei dir (und ntürlich auch den anderen Musikern) für Straight Shooter bedanken, denn für mich war das Zusammenspiel deiner Keyboards, Georgs Gesang und Günthers Gitarre immer etwas ganz Spezielles und ganz Eigenes mit hohem Wiedererkennungsfaktor. Es war also höchste Zeit, dass die Alben wieder erhältlich sind.

Hans: Dann danke ich dir herzlich für dein Interesse und freue mich, dass unsere Musik auch dir etwas gegeben hat. Wie gesagt, auch nach vier Jahrzehnten ist Straight Shooter noch nicht völlig vergessen.

RT: Ganz sicher nicht! Hans, nochmal vielen Dank und alles Gute für die Zukunft.

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
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Meine Konzerberichte im Team mit Sabine
Mail: markus(at)rocktimes.de

2 Kommentare

  1. Bernd Hedtrich

    Hi,
    ich höre Straight Shooter seit Anfang der 80’er.
    Angefangen hat natürlich alles mit
    " My Time your Time "
    SENSATIONELL GUTE BAND
    Jetzt habe ich mir nach ca. 35 Jahren wieder einen Plattenspieler gekauft, und als eine meiner ersten Platten
    " Rough ’n Touch" SUPER !!!
    Ich hatte 1990 einen Wohnungsbrand, alle ( über 600 – 700 Platten ) plus Equipment verbrannt .
    Ich habe dann anfangs viele CDS gekauft, natürlich auch My Time…
    Platte ist Platte
    ✌️
    VG Piwi

    1. Markus Kerren

      Hi Piwi,

      besten Dank für deinen Kommentar!

      Zur aktiven Zeit der Band war ich leider noch ein bisschen zu grün hinter den Ohren, hätte sie (AUCH aus heutiger Sicht) aber liebend gerne mal live auf der Bühne erlebt.

      Sehr schade, aber immerhin bleiben uns die Alben, die glücklicherweise ja vor etwa zweieinhalb Jahren von Sireena wieder neu aufgelegt wurden.

      Dir schöne Rest-Weihnachten und einen guten Rutsch,

      Markus

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