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Happy Birthday, Ian Gillan zum 77. Geburtstag

Happy Birthday, Ian Gillan zum 77. Geburtstag

Normalerweise widmen wir uns regelmäßig Geburtstagskindern, die beispielsweise ihr 70. oder 75. Wiegenfest feiern, um ein typisches Altersspektrum für in aller Regel junggebliebene Rockmusiker abzudecken. Warum darf es nicht auch einmal ein 77. Geburtstag sein? Das dachte ich mir und möchte dies begründen. Deep Purple-Sänger Ian Gillan, der am 19. August 2022 einen solchen Jubeltag begeht, hat mich zuletzt schwer beeindruckt, sodass ich ihm diese Zeilen stellvertretend für eine Vielzahl Fans widmen möchte.

Dabei kann es bei mir aktuell nur um ein einziges Konzert in Halle an der Saale gehen, das ich mir in diesem Sommer anschauen konnte. Das emotionale Ereignis am 15. Juli auf der dortigen Peißnitzinsel lebte von der Spielfreude der Akteure wie auch von der dargebotenen Setlist. Die Zusammenstellung der Titel überraschte vor allem dadurch, dass allein sechs Kompositionen aus Machine Head (1972) gespielt wurden – so viel wie aus keinem anderen Werk. Eine weitere Überraschung war der Track "Anya" aus dem Album "The Battle Rages On" (1993). Laut Angaben der Band war es zuletzt 1995 live gespielt worden. Die Dramaturgie stimmte also, wobei das Medley "Caught In The Act" aus dem 2022er Coveralbum Turning To Crime ebenfalls einen Anteil leistete.

Welche Stücke auch gespielt wurden, mich begeisterte der Frontmann, der sich stimmlich keine Schnitzer erlaubte, die Band auf der Bühne immer wieder zu Höchstleistungen animierte und permanent gute Laune ausstrahlte. Das drückte sich auch in mehreren Moderationen aus.
Immerhin: Die Stammmannschaft der vier verbliebenen Musiker, die bei Deep Purple nach dem Ausstieg von Steve Morse die Fahne hochhalten, hat mit dem heutigen Tag ein Durchschnittsalter von 75 Jahren. Hinzu kommt als Gastmusiker Gitarrist Simon McBride. Der gebürtige Nordire (43) meisterte seinen Live-Part sehr souverän. So tragisch die Begleitumstände um den Ausstieg von Steve Morse nach 28 Jahren sind, so hatte das Mitwirken von McBride für den Moment etwas Versöhnliches.

Zu Ian Gillan ist zu sagen, dass er mich mit seinem jüngsten Soloprojekt Ian Gillan With Don Airey Band And Orchestra (veröffentlicht 2019) sehr begeistert hat. Man spürt förmlich beim Hören der CD die Spielfreude. Der Sänger schafft es, unterschiedliche Musiker bis hin zu einem Orchester zusammen zu führen und aus einem Konzert ein nachhaltiges Erlebnis zu formen. Aus Sicht von Deep Purple hat es den Anschein, dass die "Time Trilogy", bestehend aus NOW What?!, inFinite und Whoosh! und unter der Regie von Freund und Produzent Bob Ezrin entstanden wie eine Frischzellenkur wirkte. Die drei Studioalben sind in den Jahren 2013, 2017 und 2020 veröffentlicht worden. Mit "inFinite" (2017) sollte normalerweise die Karriere der Band mit einer ausgedehnten "Goodbye"-Tour enden. Soweit die Fakten. Wohin die Reise künftig geht, ist ungewiss. Einen festen neuen Gitarristen gibt es nicht. Deep Purple müssten die Geschichte um die Mark-Besetzungen noch einmal neu schreiben.

Die drei noch in diesem Jahr in Deutschland ausstehenden Konzerte sind vorerst die letzten Termine hierzulande. Schlussstrich oder nicht: Über 50 Jahre Bandgeschichte und eine ebenso lange Musikerkarriere für Ian Gillan sind ein guter Grund, innezuhalten und herzlich Dankeschön zu sagen!
Damit komme ich abschließend zu einem nicht unwesentlichen Punkt: Einige Male war in den Kommentaren "Child In Time" Stein des Anstoßes. Die Leser hatten offensichtlich übersehen, dass der 1969 geschriebene und 1970 auf "Deep Purple In Rock" veröffentlichte Klassiker am 30. April 2002 beim Konzert in der indonesischen Hauptstadt Jakarta zum letzten Mal live erklang. Folglich entschieden Ian Gillan & Co. bereits vor 20 Jahren, das stimmlich anspruchsvolle Lied aus dem Repertoire zu streichen.

Ein Sänger aus musikalischem Elternhaus, der in seiner Kindheit keinen Gesangsunterricht erhielt, aber dafür die Sopranstimme im Kirchenchor sang und der über beachtliche vier Oktaven in seiner Stimme verfügte, traf diese konsequente Entscheidung. Gut drei Jahrzehnte war "Child In Time" im Live-Programm zu hören und begeisterte Generationen von Musikliebhabern. Heute gibt es unzählige Coverversionen davon. Neben der musikalischen Leistung, die Ian Gillan für Deep Purple und im übertragenen Sinne für eine Vielzahl von anderen Bands als Vorbild erbrachte, lässt sich sein Beitrag für das Lebensgefühl vieler Menschen nicht aufwiegen. Das sollte man dem heutigen Jubilar und dessen Weggefährten hoch anrechnen. Ohne Wenn und Aber.

Alles Gute zum Geburtstag, Ian Gillan.

©Foto: Mario Keim

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

2 Kommentare

  1. Mario Keim

    Lieber Hans-Jürgen,
    danke Dir für Deine Zustimmung. Du sprichst mir aus dem Herzen. Als Autor der Zeilen war ich gespannt und wollte natürlich wissen, wie die Leser reagieren. Ich hatte mir mit dem „77.“ etwas Besonderes ausdenken wollen.Tatsächlich ging der Beitrag von 0 auf 100 nach oben und die Zugriffszahlen halten an. Das aber nur am Rande. Das, was Du ausdrückst, nenne ich ein Glücksgefühl – einen solchen Sänger und die entsprechende Band zu erleben. An den Auftritten ist nichts, was man annähernd peinlich nennen könnte. Die Leistung von Deep Purple ist immer noch überzeugend. Das Wichtigste: Es berührt die Menschen emotional. Deshalb pilgern sie zu den Konzerten! Das war mein Fazit beim Konzert in Halle.
    Nochmals vielen Dank. Bleibe uns gewogen und lass es Dir in jeder Hinsicht gut gehen. Bleibe gesund.
    Liebe Grüße Mario

  2. Hans-Jürgen

    Danke für diese Hommage an Gillan.
    Da gibts nichts hinzuzufügen.
    Er hat auch mit 77 Jahren immer noch eine derart markante Stimme, die seinesgleichen sucht.
    Er setzt sie auch gut und richtig ein. Wenn ich die aktuellen Liveaufnahmen betrachte würde ich sagen, dass er besser und sauberer singt als vor 15 Jahren.
    Ich sage nur : long live Gillan…. und hoffe dass die Jungs weitermachen solange sie können.
    Gruss Hans-Jürgen

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