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Harlem Lake / The Mirrored Mask – CD-Review

Verlosung: "The Mirrored Mask" von Harlem Lake zu gewinnen

Europäische Weltklasse, kompakt, komprimiert und ausgeleuchtet

Im April und September dieses Jahres 'begleiteten' wir die holländische Band Harlem Lake aus der Gemeinde Haarlemmermeer (Provinz Nordholland) auf ihrer Promotion-Tour für das zweite Studioalbum. Vor zwei Jahren konnte das Quartett immerhin die europäische Blues Challenge für sich entscheiden. Konsequenterweise hieß es dann zuletzt, wenn auch etwas lautmalerisch: Europäische Weltklasse

Doch kann das Ende September von Jazzhaus Records auf den Markt gebrachte Album in digitaler, silberner und vinyler Form diesen Vorschusslorbeeren gerecht werden?

Zunächst ist zu konstatieren, dass es mit knapp vierunddreißig Minuten Spielzeit arg kurz geraten ist – wir leben halt im Post-Tonträger-Zeitalter, in welchem nur das altehrwürdige Vinylformat als charmanter Anachronismus seine Daseinsberechtigung zu haben scheint.
Aber schon ein legendärer Mathelehrer in einer Delmenhorster Grundschule Anno Domini mit massivem Mundgeruch wusste seinen bedingt wissbegierigen Schüler*innen mit auf den Weg zu geben: »In der Kürze liegt die Würze«.

Und somit erhalten wir hier neun kompakte Songs im Dunstkreis von Blues, Rock, Singer-/Songwriter, Americana und einer Prise Soul, einschließlich eines Epilogs zu einem zentralen Stück des Albums ("Crying In A Desert") und einem Prelude zum Titelsong. Beides ist im letzten Drittel untergebracht und stellt eine Spielwiese für die Saitenkünste von Hauptgitarrist Sonny Ray van den Berg bereit, allerdings leider auch hier viel zu kurz und im ersteren Fall unverzeihlicher Weise mit einem Fade-Out. Das Titelstück entpuppt sich mit einem kurzen, aber prägnanten Solo von Sonny Ray und einer energischen Janne Timmer am Mikro als Highlight und definitiver Anspieltipp.

Überhaupt fallen instrumentale Soli auf "The Mirrored Mask" im Vergleich zur Live-Präsentation außerordentlich eingehegt aus, der Jam-Charakter, der die Live-Auftritte zum gehobenen Erlebnis werden lässt, ist hier (leider) nicht zu finden.
Aber das lenkt ein Stück weit auch die Aufmerksamkeit auf die Songs an sich und die Entwicklung rast schließlich unaufhaltsam in Richtung immer kürzerer Aufmerksamkeitsspannen.

Das Songwriting hat die Gruppe um Texterin Janne Timmer verfeinert, die Arrangements beinhalten oft Blechgebläse, die wohlige Hammond B3 von Dave Warmerdam, kurze Saitenspritzer Sonny Rays und ein souveränes Rhythmusrückgrad in Gestalt von Schlagwerker Benjamin Torbijn und Tieftöner Kjelt Ostendorf. Der Sound ist verdichtet – bedauerlicherweise arg dynamikkomprimiert- und über allem thront die klare, kräftige und sehr präsente Stimme Janne Timmers, die allerdings erst auf der Bühne zum Naturereignis wird und in diesem Loudness-War leider keine Luft zum Atmen bekommt.

Innerhalb der musikalischen Koordinaten gehen Harlem Lake auf diesem Album sehr facettenreich vor, nichts ist platt, eindimensional oder plakativ, sondern mit Tiefe und Kompetenz ausgeleuchtet – sogar Tina Turner bekommt eine Hommage in Gestalt des sehr an "Nutbush City Limits" angelehnten Rausschmeißers "Jack In The Box" -, so dass alle, die hoffentlich einen Tonträger erwerben werden, ein glänzendes Beispiel dafür erhalten, dass es auch noch eine Welt außerhalb der Streaming-Gigant*innen gibt!

Fazit:
Wir haben es hier mit einem Zweitwerk zu tun, welches in punkto Songwriting, Arrangement und Produktion (Dave Warmerdam höchstpersönlich) gegenüber dem Debüt eine gute Schippe draufzulegen weiß, so dass die Vorschusslorbeeren nicht in Gefahr geraten, einer Verwelkung anheimzufallen.
Leider vermag das Mastering überhaupt nicht zu überzeugen und beraubt die Musik ihrer Durchhörbarkeit. Dafür fällt die Aufmachung mit einem doppelten Digisleeve, einem Vorwort der Band, einer graphischen Logomeisterleistung, allen Songtexten und sonstigen relevanten Produktionsinformationen sehr erfreulich aus.


Line-up: Harlem Lake

Janne Timmer (lead vocals)
Sonny Ray van den Berg (guitars)
Dave Warmerdam (keys, backing vocals – # 1, 2, 11)
Kjelt Ostendorf (bass, backing vocals – # 1, 2, 11)
Benjamin Torbijn (drums, percussion)

Additional Musicians:
Yannick van ter Beck (percussion)
Jazzton Hulsebosch (saxophone – # 1, 2, 3, 8, 9, 10, 11)
Thomas Heikoop (trumpet – # 1, 2, 3, 8, 9, 10, 11)
Maarten Combrink (trombone – # 1, 2, 3, 8, 9, 10, 11)
Megan Zinschitz (backing vocals – # 1, 2, 3, 9, 11)
Ashley de Jong (backing vocals – # 1, 2, 3, 9, 11)

Tracklist "The Mirrored Mask":

  1. Carry On (3:08)
  2. Fooled Again (3:09)
  3. To Tell You I’m Sorry (5:00)
  4. Beggars Can’t Choose (2:55)
  5. The Thought Of You (2:42)
  6. Crying In A Desert (3:03)
  7. The Desert (1:39)
  8. Prelude (1:47)
  9. The Mirrored Mask (4:43)
  10. Temptation (2:39)
  11. Jack In The Box (2:50)

Gesamtspielzeit: 33:42, Erscheinungsjahr: 2024

Über den Autor

Olaf 'Olli' Oetken

Beiträge im Archiv
Hauptgenres (Hard Rock, Southern Rock, Country Rock, AOR, Progressive Rock)

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