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Harry Shapiro / Gary Moore – Die offizielle Biografie – Buch-Review

Harry Shapiro / Gary Moore – Die offizielle Biografie

Ich beginne mit einem Zitat von Bob Geldof aus dem reichhaltigen Fundus der in der vorliegenden Biografie enthaltenen Würdigungen für Gary Moore, der am 6. Februar 2011 im Alter von 58 Jahren verstarb: »Einer der größten Blues-Musiker aller Zeiten. Van Morrison, Rory Gallagher und Gary Moore – die glorreiche Trinität der irischen Blueser. Sein Spiel war außergewöhnlich und schön. Wir werden so etwas nie wieder erleben.«

Vor kurzem erst las ich mit Genuss die Buch-Veröffentlichung von Julian Vignoles über Rory Gallagher. Und hier betone ich den 'Genuss'! Denn man hatte beim Lesen das Gefühl, das Buch nicht aus der Hand legen zu können, weil man unbedingt wissen wollte, wie es weiter geht. Denn es las sich nicht nur flüssig, sondern gleichfalls interessant.
Warum schreib ich das? Weil ich mich mit dem Lesen der ersten sieben Kapitel etwas schwer tat, was sich jedoch im Laufe der nächsten Kapitel glücklicherweise zunehmend änderte.
Harry Shapiro beschreibt das Leben Gary Moores, der »[…] – falls er überhaupt Erwähnung fand – nur selten auftauchte, egal ob es die Top 50 oder sogar die Top 100 waren«, insgesamt sehr ausführlich aber auch einfühlsam.

Woran mag es wohl gelegen haben, dass dieser Ausnahmegitarrist eher unter der Rubrik 'unter ferner liefen' zu finden ist, obwohl viele Musiker ihn schätzen und nach wie vor verehren? Vielleicht lag es daran, dass er musikalisch so 'ungreifbar' war? Schließlich 'tummelte' er sich stilistisch nicht nur im Blues, er spielte vom Blues Rock über Hard Rock bis zum Jazz Rock alles. Er schreckte nicht davor zurück, in den 80er und 90er Jahren auch mit modernen Stilelementen zu experimentieren und klopfte schon mal an die eine oder andere 'metallische' Tür.

Moore wurde am 4. April 1952 im Osten von Belfast als Kind protestantischer Eltern geboren, die in einem der erzkonservativen Loyalistenviertel lebten. Finanziell ging es ihnen gut, Geldsorgen gab es keine. Garys Vater Bobby ermunterte seinen Sohn schon als Kind zu kleinen Auftritten bei Veranstaltungen. Eines Tages, der Bub war vermutlich gerade mal sieben oder acht Jahre alt (hier scheiden sich die Geister des Alters betreffend, Moore selbst meinte mal, er wäre zehn oder elf gewesen), bekam er von seinem Vater eine Gitarre geschenkt. Von da an war seine Liebe zu dem Instrument geweckt.

Doch das Verhältnis zu seinem Vater war angespannt. Auch in der Schule hatte er es auf Grund seiner 'Pummeligkeit' und geringen Körpergröße schwer, so dass er völlig gefrustet bereits mit 16 Jahren die Schule und sein Elternhaus Richtung Dublin verließ. Vielleicht waren die schulischen Probleme u. a. ein Grund für seine spätere, fast manische Perfektion. Sein Trost war jedoch stets die Gitarre, auf dieser übte er bis zur totalen Erschöpfung.

1968 in Dublin angekommen, lernte er Phil Lynott kennen, mit dem er bei Skid Row durchstartete und phasenweise bei den späteren Thin Lizzy zusammenarbeitete. Aber das sollte nicht ewig halten. Moore versuchte sich solo sowie als Gary Moore Band, er war u.a. auch Mitglied der Formation Colosseum II. Mit Lynott verband ihn zeitlebens eine Art Hassliebe.
Sämtliche Bands, in denen Gary Moore von 1964 bis zu seinem viel zu frühen Tod mitwirkte bzw. selbst gründete, sind übrigens akribisch in dem Kapitel "Gary auf Tour – Die Bands" aufgeführt. Aber nicht nur das! Ebenfalls nachzulesen ist die jeweilige Bandbesetzung, ab und zu mit kleinen Anmerkungen versehen.

Die Jahre 1980 bis Ende 1990 könnte man als seine erfolgreichsten bezeichnen, auch wenn sich die daran beteiligten Drummer in Dauer-Rotation befanden. Denn davon 'zerschliss' Moore so viele wie kein anderer Bandchef. Ein Grund dafür war, dass er stets seine eigene Vorstellung davon hatte, wie sich das Endergebnis anhören sollte: möglichst gradlinig ohne Fill-Ins.

Grundsätzlich wird Moore nachgesagt, dass er stets zielstrebig und professionell arbeitete. Er war ein disziplinierter Perfektionist, aber auch sein größter eigener Kritiker. Er stellte hohe Anforderungen an seine Bandkollegen und noch höhere an sich selbst, feilte bis ins letzte Detail am Ergebnis und trieb seine Mitstreiter damit oft genug in den regelrechten Wahnsinn. Die Ursachen dafür könnte vermutlich auf seine tiefsitzende Unsicherheit zurückzuführen sein.
Er hatte ein fast unheimlich präzises musikalisches Gehör und konnte sich die Songs seiner Heroen wie Albert King, B.B. King, Peter Green oder auch Jimi Hendrix, John Coltrane oder John McLaughlin innerhalb kürzester Zeit 'draufschaffen'.

Natürlich gibt es auch Informationen zu Gary Moores Privatleben. Seine Beziehungen waren meist nicht von langer Dauer. Er flog wie ein Schmetterling von Blume zu Blume, fand aber nie den ihn passenden Nektar. Kerry, eine seiner Ex-Frauen, bringt es auf den Punkt: »Er wollte um alles in der Welt glücklich sein, doch wusste er einfach nicht wie.«

Natürlich wurde die 'unendliche' Geschichte mit Peter Greens Les Pauls beleuchtet. Und – es wurde mit den Gerüchten um Garys Tod 'aufgeräumt'! Aber lest am besten selbst.

Fazit:
Es war an der Zeit, dass mit dieser Biogafie endlich einem der großartigsten und einflussreichsten Gitarristen die Würdigung zu Teil wird, die er tatsächlich auch verdient hat. Das ist Harry Shapiro vorzüglich gelungen.
Abgerundet wird das Werk nicht nur mit den oben bereits erwähnten Künstler-Würdigungen und der Auflistung aller Bands, in denen Gary Moore mitwirkte. Der Autor widmete sich auch sehr akribisch dessen Equipment und seinen Alben, ob Solo, als Band oder Gastmusiker. Moore-Fans werden das Buch sicher mögen.

»Ich fand es wichtig, im Laufe der Jahre all die verschiedenen Stile zu erforschen und von Musikern zu lernen. Egal, wie gut oder schlecht sie in technischer Hinsicht waren – es gibt keinen einzigen Gitarristen, von dem ich nichts lernte. Und das habe ich all die Zeit gemacht – gesucht und gelernt.«

(Gary Moore im Guitar Byer, Nachruf, März 2011)


Kapitel:

Vorwort

Prolog – The Boys Are Back in Town

  1. Entgegen aller Widrigkeiten
  2. Over The Hills And Far Away
  3. Die Gary Moore Band
  4. Der Geist in der Maschine
  5. Me And The Boys – Wundersame Zeiten
  6. Heroin und Rosen
  7. Jet – ein neuer Anstrich
  8. Rockin' Every Night
  9. Heute Hair Metal, morgen mehr Metal?
  10. The Blues Is Alright
  11. Traum oder Albtraum?
  12. Neue Beats
  13. Business As Usual
  14. Trouble Ain’t Far Behind

Angaben zum Buch:

Herausgeber: Hannibal Verlag; 1. Edition (7. Juli 2022)
Originaltitel: Gary Moore
Sprache: Deutsch
Gebundene Ausgabe: 504 Seiten (dar. 10 Seiten mit s/w-Fotos)
Abmessungen: 17.1 x 23.8 x 3.8 cm
ISBN-10: 385445726X
ISBN-13: 978-3854457268

Über den Autor

Ilka Heiser

Hauptgenres: Classic Rock, Blues Rock, Heavy Rock
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