«

»

Hattler / Sundae – CD-Review

Hattler - "Sundae" - CD-Review

Es ist ja fast schon zu einer Plattitüde geworden, aber was macht man als Musiker, wenn einem durch eine Pandemie die Tourneen, Festival-Konzerte oder Einzel-Gigs ausgehebelt werden? Klar, man hat viel mehr Zeit, sich im Studio rum zu treiben, neue Songs zu schreiben und diese dann auch aufzunehmen. Und da es eigentlich noch nie Hellmut Hattlers Art war sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen, ließ sich auch die deutsche Bass-Legende nicht lumpen und legte richtig los. Ein Kreativ-Schub, der allerdings bereits ab dem letzten (übrigens sehr guten!) Hattler-Album Velocity (2018) begann, dem er mit den beiden Kraan-Livealben The Trio Years (2018) sowie The Trio Years – Zugabe (2019) und Anfang dieses Jahres dem Studioalbum Sandglass folgen ließ. Im Herbst 2021 ist nun wieder Zeit für Hattler und das brandneue Studioalbum "Sundae". Bei den selbst gesetzten Qualitätsmaßstäben der letzten Werke kann da ja wohl überhaupt nichts schief gehen. Oder?

Nein, natürlich nicht. Denn einerseits hat der gute Hellmut weder sein ganz feines Händchen fürs Songwriting verloren und andererseits ist er hier mit seinen Stamm-Begleitmusikern wie der Sängerin Fola Dada, sowie den Spitzenleuten Joo Kraus (trumpet, horns), Martin Kasper (keyboards, grand piano), Peter Musebrink (additional e-beats, beats & sounds), Juergen Schlachter (drums, percussion) sowie Oli Rubow (drums) und weiteren am Start. Alleine die ersten drei Songs generieren durch ihre Melange aus Spannung, extremer Cool- und Relaxtheit bereits eine Atmosphäre, in die man als Hörer nur zu gerne eintaucht. Der Bass prägt natürlich das Klangbild, Fola Dada ist erneut umwerfend gut und auch alle anderen Beteiligten (inklusive der namentlich bisher nicht erwähnten Gitarristen Ali Neander und Torsten de Winkel) lassen überhaupt nichts anbrennen. Und so relaxt die Songs auch oft sind, hat man als Hörer immer irgendwie das Gefühl, dass da ne Bombe in der Torte ist, dass da unter der Oberfläche sehr viel mehr brodelt, als man im ersten Moment greifen kann. Was auch schon eine Kunst für sich ist.

Neben den Stücken mit Gesang sind auch die Instrumentals wieder sehr stark ausgefallen, allen voran das an den Stax-Sound der Sechziger und frühen Siebziger erinnernde "Acid Blues No. 1". Aber auch "Die blaue Frau" hat Soundtrack-Charakter und lässt unmittelbar den Vorhang vor der Leinwand im Kopfkino des Hörers aufgehen. Klasse! Für "Pride" ist Fola Dada zurück an den Lead Vocals, die der Bandleader für die Strophen von "Silently Sliding" dann selbst übernimmt. Das "Lieblingslied" von "Velocity" taucht hier erneut, allerdings in der 'String Version' auf, während es bei dem Instrumental "Anaheim Jive" sehr funky zur Sache geht. Wenn überhaupt, dann können "Call" sowie "Random Conversation" die Spannung nicht ganz halten. Aber auch diese beiden Nummern (man könnte auch noch "Rotten Rolls" dazu zählen) entfalten ihr ganz eigenes Flair, vielleicht fallen sie im Vergleich zu den übrigen nur etwas aus dem Rahmen.

Wie hatte ich bereits im Fazit zur Vorgänger-Scheibe geschrieben: »"Velocity" schafft den schmalen Grat, so umwerfend spannend wie auch locker-relaxt zu wirken, mit spielerischer Leichtigkeit und geht nicht nur deshalb mit wehenden Fahnen als Gewinner durchs Ziel!« Und genau dasselbe gilt auch für "Sundae". Hattler hält die Qualität mit diesem neuen Werk locker aufrecht und fügt sogar noch ein paar Farbnuancen hinzu. Hoffen wir also, dass wir sowohl Hattler als auch Kraan sehr bald wieder auf den Bühnen erleben dürfen. Auf die im RockTimes-Interview angesprochene, wegen Corona ins Wasser gefallene Tour zum 50. Geburtstag von Kraan meinte Hellmut Hattler zumindest ganz entspannt: »Nun ja, so eine Feiertruppe waren wir ja noch nie, das liegt unter anderen daran, dass wir uns nur missmutig zum Geburtstag gratulieren. Solche Rituale passen nicht wirklich zu der Band, Zeit und Raum spielten nie wirklich eine Rolle. Insofern wird das irgendwann nachgeholt.« Also besteht durchaus Hoffnung!


Line-up Hattler:

Hellmut Hattler (basses, vocals – 1,7,10,14)
Fola Dada (lead vocals)
Sebastian Lilja (lead vocals – #13)
Joo Kraus (trumpet – #2, horns – #5,10,11, flugelhorn – #12, vocals – #10)
Martin Kasper (keyboards – #1-4,6,7,11,14, grand piano – #12)
Peter Musebrink (additional e-beats – #3, beats & sounds – #6,8,9,13)
Martin Meixner (organ – #5)
Ali Neander (guitars – #1,6,7)
Torsten de Winkel (e-sitar – #3,4, guitars – #5,7,11)
Andrea Staton (violin – #12)
Consuelo Valdes (viola – #12)
Maria Braun (viola – #12)
Anne Schuhmacher (violoncello – #12)
Juergen Schlachter (drums – #1,7,14, percussion – #3,6)
Oli Rubow (drums – #2,3,5,10-12)
Moritz Müller (drums – #4)

Tracklist "Sundae":

  1. The Times We Never Had
  2. Faking News
  3. Sundae
  4. Die blaue Frau
  5. Acid Blues No. 1
  6. Pride
  7. Silently Sliding
  8. Call
  9. Random Conversation
  10. Rotten Rolls
  11. Anaheim Jive
  12. Lieblingslied (string version)
  13. Can We Run
  14. No Bass, No Fame (The Times We Never Had – reprise)

Gesamtspielzeit: 66:18, Erscheinungsjahr: 2021

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
Meine Beiträge im RockTimes-Archiv
News
Meine Konzerberichte im Team mit Sabine
Mail: markus(at)rocktimes.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>