Uuuh, was? Eine Weihnachtsplatte … und das im Mai?? Irgendwie nicht so ganz passend, oder? Aber auf der anderen Seite ist die Scheibe erstens bereits im letzten Dezember erschienen (und hat bloß ein bisschen länger für ihren Weg über den großen Teich benötigt) und zweitens steht die berechtigte Frage im Raum, warum es dem Rezensenten eigentlich besser gehen sollte als Alan Davey, der das Album von Juni bis August 2020 in der Wüste Arizonas bei ebenso wenig weihnachtlichen Temperaturen aufgenommen hat? Ein Weihnachtsalbum also … aber immerhin ein spacerockiges, wie es der Titel verspricht. Da besteht noch Hoffnung, speziell wenn man an die sehr feinen, bisher von Hawkestrel veröffentlichten Alben The Future Is Us sowie Pioneers Of Space denkt.
Hmm, beim Opener "Oh Holy Night" ist allerdings noch nicht sehr viel von Space Rock zu hören. Nichtsdestotrotz sitzt hier niemand geringerer als Glenn Hughes (als Gast) unterm Baum und veredelt den Track mit seinem Gesang. Hat was, selbst wenn das Stück sehr ruhig und besinnlich daher kommt. Ach, stimmt ja, das Fest der Liebe. Davon sollte man sich jedoch erstmal nicht abschrecken lassen, denn Klassikern wie "Jingle Bells" oder auch "Little Drummer Boy" wird hier doch ein ganzer großer Batzen Space Rock eingehaucht. Sogar so viel, dass man sich (wie bei "Jingle Bells") gar nicht mehr an das Original erinnert fühlt. Und richtig klasse gemacht ist das sowieso. Zudem bekommt man beim vorherigen Durchlesen der Songtitel (wie etwa "Ein weihnachtliches Lustobjekt" oder "Twelve Days Of DrinXmas") das Gefühl, dass der Brite nicht immer so ganz bierernst an die Sache herangegangen ist. Bereits der zweite Song, das Instrumental "We Three Kings", überzeugt mit einem breiten Soundteppich und einer starken Einspielung, die den Hörer schwerelos irgendwo zwischen dem Jupiter und Saturn schweben lässt.
Daveys Label Cleopatra Records hatte ihm einige Gitarrenspuren zu Verfügung gestellt, die der verstorbene Huw Lloyd-Langton (unter anderem Ex-Hawkwind) vor seinem Tod hinterlassen hatte. Und auch sonst kann sich die Gästeliste durchaus sehen lassen. Robby Krieger (The Doors) hat eine coole Sitar für "Little Drummer Boy" abgeliefert und Rick Wakeman (unter anderem Ex-Yes) hat seine Spuren auf "O Come All Ye Faithful" hinterlassen. Selbst wenn mehr als die Hälfte der Nummern Instrumentals sind, wird es hier zu keinem Zeitpunkt langweilig, denn dafür garantiert alleine schon die Qualität der mitwirkenden Künstler. Zu Ehren des verstorbenen Musikers Florian Schneider (Kraftwerk) komponierte Davey ein Stück ("Ein weihnachtliches Lustobjekt") im Stil dieser Band und bat seinen Kumpel Jürgen Engler (Die Krupps), einen Text dafür zu schreiben und zu singen. Ebenfalls gelungen.
"Hallelujah"? Das wird doch nicht etwa …? Doch, es ist der Leonard Cohen-Song, dem hier mit der Flöte Nik Turners sowie der Gitarre und dem Gesang von Nigel Potter die Ehre erwiesen wird. Klasse gemacht, selbst wenn der Verfasser dieser Zeilen nach wie vor die Meinung vertritt, dass das Original nicht zu toppen ist. Den Abschluss macht dann das sicher nicht ganz ernst gemeinte "Twelve Days Of DrinXmas" mit Danny Faulkner am Gesang.
Um ehrlich zu sein ist "SpaceXmas" von Hawkestrel tatsächlich die erste Platte von Rockmusikern, die ich mir tatsächlich auch in der Weihnachts-Saison anhören würde. Denn zum Einen geht es hier – wie bereits erwähnt – doch öfter mal mit einem heftigen Augenzwinkern zur Sache und zum Zweiten steckt genügend klasse gespielter Space Rock drin, sodass die Scheibe richtig Spaß macht. Wer also nach musikalischen Alternativen für die nächsten Schlachten unterm (Oh, Tannen-) Baum sucht, der ist hier an der richtigen Adresse und kann eigentlich nichts falsch machen.
Line-up Hawkestrel:
Alan Davey (rhythm & lead guitars, bass, upright bass, electric piano, mellotron, celestra, synthesizers, VCS3, bells, drums)
Huw Lloyd-Langton (acoustic guitars, synthesizers, triangle, vocals – #5)
With:
Glenn Hughes (vocals – #1)
Adam Hamilton (drums – #2,6,10)
Steve Leigh (strings & lead synthesizer – #4
Jürgen Engler (mellotron – #5, lead vocals – #8)
Robby Krieger (sitar – #6)
Rick Wakeman (piano & synthesizer – #9)
Nik Turner (flute – #11)
Nigel Potter (guitar & vocals – #11)
Danny Faulkner (vocals – #12)
Tracklist "SpaceXmas":
- Oh Holy Night
- We Three Kings
- It’s A Wonderful (Funny Old) World
- Silent Night
- Seasons
- Little Drummer Boy
- Für Kirsty
- Ein weihnachtliches Lustobjekt
- O Come All Ye Faithful
- Jingle Bells
- Hallelujah
- Twelve Days Of Drinxmas
Gesamtspielzeit: 47:01, Erscheinungsjahr: 2020
Neueste Kommentare