»Wenn dir Lynyrd Skynyrd, The Allman Brothers Band oder Gov’t Mule gefallen, dann wirst du auch die Holman Autry Band mögen!«, so steht es im Promo-Text zu dem gerade erst erschienenen Album der Band aus Athens, Georgia geschrieben. Kann man locker so unterschreiben, könnte aber sogar noch etwas weiter ausholen und 'Wer guten Southern Rock mag, der wird auch die Holman Autry Band mögen!' plakatieren. Das Quartett aus dem tiefen Süden der USA legt mit "Electric Church" bereits sein mittlerweile viertes Langeisen vor.
Die Scheibe verfügt sprichwörtlich über stilistisch alles, was das Southern Rock-Herz so braucht. Einen kräftigen Maschinenraum (Casey King am Bass und Brandon Myers am Schlagzeug), eine richtig gute Zwei-Gitarren-Armee mit Josh Walker sowie Brodye Brooks und obendrein feine, gut abgehangene Melodien, die der letztgenannte Brooks dann auch gesanglich an den Mann bringt. Okay, die Vocals hauen mich zwar nicht exquisit aus dem Hocker, aber sie sind auch weit davon entfernt, den gebotenen Songs nicht zu genügen. Und Gesang bzw. Stimmen sind ja doch auch immer stark geschmacksabhängig. Von daher: Alles im grünen Bereich!
Fast schon traditionsgemäß geht es mit einem Rocker, namentlich "Friday Night Rundown", los. Ein perfekter Opener mit jeder Menge Adrenalin und Power, dem der Stampfer "Home To You" – zwar anders, aber genauso gut – allerdings mächtig Konkurrenz machen kann. Mein Favorit bleibt jedoch nach wie vor der Titelsong mit seiner feinfühligen, melodischen Einleitung, die damit einen richtig starken Track ins Rollen bringt. Brodye Brooks' Gitarren-Licks und Soli sind hier besonders dominant und das Stück hat einen epischen Erzähl-Charakter. Sehr typisch für dieses Genre (wie eigentlich das gesamte Album), aber dafür auch gekonnt und super umgesetzt.
Das flotte "The Grass Can Wait" wird von einer akustischen Gitarre gestartet, bevor zunächst die feinen Licks der Lead-Gitarre und schließlich die komplette Band einfallen. Und nicht nur wegen des Titels tauchen hier immer wieder auch The Outlaws vor meinem geistigen Auge auf. Klasse Nummer! "Things I’d Miss", wieder mit Akustikgitarren-Einleitung, folgt in etwa dem Konzept des gerade erwähnten Titels, ist insgesamt aber getragener, von der Atmosphäre her dichter und sogar etwas balladiöser. Zu einem Klassiker bei den Live-Shows könnte sich "Last Rites" entwickeln, da es über einen in die Beine gehenden Rhythmus und hochgradigen Mitsing-Faktor verfügt.
Wer bis fast zum Schluss noch seine Ballade vermisst hat, wird bei "October Flame" ganz sicher auf seine Kosten kommen. Einfühlsamer Gesang zur Akustischen, gepickt, dezentes Schlagzeug, leichtes Anziehen in der zweiten Strophe und ein melancholischer Refrain runden diese gut fünfzig Minuten schließlich ab. Davor gibt es aber auch noch Gewinner wie "Pennies And Patience", das traurige und stellenweise deutlich an Skynyrd erinnernde "The Fall" oder auch "Sunset On The Water" auf die Ohren. Erneut hervorragend zum Mitsingen und Einprägen geeignet, dazu fast gänzlich akustisch gehalten.
Habe ich "Good Woman, Good God" vergessen zu erwähnen? Hier geht es glücklicherweise mal wieder etwas herzhafter, sprich flotter zur Sache. Wobei wir bei meinem einzigen wirklichen Kritikpunkt angekommen wären. Insgesamt gesehen ist "Electric Church" zwar durchaus gut ausgefallen, aber der ein oder andere zusätzliche Rocker hätte der Scheibe ganz sicher nicht geschadet. So bewegt sich die Holman Autry Band zumeist im 'Mittelfeld', irgendwo zwischen fetzigem Rocker und bewegender Ballade. Sehr ausgeglichen ist das Ganze, aber machen nicht gerade die gewissen Ausschläge nach oben oder unten immer den speziellen Reiz einer Platte aus?
Letzten Endes bin ich also nicht ganz so begeistert wie unser Joe bezüglich Album Numero Zwo der Combo, dennoch liegt hier eine grundsolide, gute Scheibe vor, die trotz des Fehlens von echten Höhepunkten ganz sicher ihre Freunde (speziell in der SR-Szene) finden wird.
Line-up Holman Autry Band:
Brodye Brooks (lead guitars, lead vocals)
Josh Walker (rhythm guitars, background vocals)
Casey King (bass, background vocals)
Brandon Myers (drums)
With:
John Keane (steel guitar – #4)
Natalie McClure (keyboards – #5,7)
Emily Joiner (background vocals – #5)
Tracklist "Electric Church":
- Friday Night Rundown
- Pennies And Patience
- Things I’d Miss
- The Fall
- Electric Church
- Home To You
- Good Woman, Good God
- Last Rites
- Sunset On The Water
- The Grass Can Wait
- October Flame
Gesamtspielzeit: 50:30, Erscheinungsjahr: 2016
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