Humble Pie / The Life And Times Of Steve Marriott & Hot & Nasty 1973 – Complete Winterland Show – DVD/CD-Review

Die Hoffnung war groß, als dieses CD, DVD- und Blu-ray-Paket beworben wurde. Vor allem die Hoffnung auf neues, bisher unentdecktes oder zumindest technisch sauberes Filmmaterial der einst so großartigen Band Humble Pie. Und ganz klar, dass man da ein komplettes Konzert aus dem Jahr 1973 im Winterland, San Francisco ebenfalls gerne mitnimmt. Aber eines gleich vorne weg: Das erhoffte Filmmaterial ist auch auf dem Streifen "Life And Times Of Steve Marriott" nicht vertreten und langsam aber sicher scheint sich auch bei dem Rezensenten die Gewissheit einzunisten, dass es schlicht und ergreifend keines gibt. Natürlich kann man auf den allseits bekannten Video-Plattformen immer wieder mal was abgreifen, aber ein abendfüllender Film scheint nicht möglich zu sein. Was natürlich auch rechtliche Gründe haben könnte.

Und so haben wir es bei "Life And Times Of Steve Marriott" mit einer (viel zu) kurzen Dokumentation zu tun, bei der alleine die Small Faces (nicht ganz zu unrecht) schon jede Menge Zeit in Anspruch nehmen, bevor dann auf Humble Pie umgeschwenkt wird. Immer wieder erzählen Zeitzeugen, sprich ehemalige Mitmusiker (wie beispielsweise Greg Ridley, Peter Frampton oder Jerry Shirley) des kleinen Engländers mit der großen Stimme von den alten Zeiten, zumindest die, die noch am Leben sind. Nach dem (ersten) Aus von Pie wird auch die (letzten Endes doch sehr unglücklich verlaufene) Reunion der Small Faces noch einmal unter die Lupe genommen, die Reunion von Humble Pie ist ein Thema und auch die späten Karriere-Jahre sowie der Tod Marriotts in den Fokus genommen. Insgesamt ein unterhaltsames Feature, musikalisch bzw. filmisch allerdings eher enttäuschend.

Nun gut, die äußerst positive Nachricht ist dagegen, dass das beigefügte Humble Pie eine wahre Pracht ist und die Band so spielfreudig wie explosiv zeigt, wie sie damals auch war. Bereits das eröffnende "Up Your Sleeves" sprüht und funkt nur so vor Power und Einsatzwillen. Nach dem Ausstieg von Peter Frampton hatte die Band 'Clem' Clempson als zweiten Gitarristen engagiert und mit "Smokin'" (1972) ein bärenstarkes Studioalbum hingelegt. Worauf der Opener bereits hindeutet, verdichtet sich im weiteren Verlauf, nämlich dass hier doch noch einige Nummern des Erfolgs-Albums Performance – Rockin' The Fillmore auf der Setlist standen. Was aber gar nichts macht, denn einerseits machen dieses Stücke immer mächtig Laune und andererseits hatte die Band mit "Hot ’n' Nasty" sowie "Thirty Days In The Hole" die stärksten Tracks des gerade genannten Studioalbums im Gepäck. Bezüglich der Vocals ließ sich Marriott von den Blackberries unterstützen, die aus drei hervorragend singenden Ladies bestanden, die auch auf der Studioplatte "Eat It" (1973) ziemlich prominent vertreten sind.

Ebenso am Start sind eine sehr gelungene Coverversion des Rolling Stones-Klassikers "Honky Tonk Women" und gegen Ende darf natürlich das unerschütterliche "I Don’t Need No Doctor" nicht fehlen. Mit jeder Steve Marriott-Scheibe kommt der geneigte Hörer dazu immer wieder ins Staunen, was für eine unbändige Kraft bzw. was für ein unglaublicher Mix aus Kraft und Feeling von den Stimmbändern des kleingewachsenen Steve auf die Leute losgelassen wurde. Auch die Interaktion mit den Fans ist klasse. Der Sound ist erwartungsgemäß nicht zu einhundert Prozent perfekt, was die musikalischen sowie gesanglichen Leistungen der Beteiligten jedoch wieder mehr als wett machen. Was mich lediglich verwunderte ist die Tatsache, dass der gute Greg Ridley (bass) hier (mit der Ausnahme von "Hallelujah…") gesanglich wirklich so gut wie gar nicht mehr zum Einsatz kam. Ein bisschen schade, aber aufgrund der Hinzunahme der Blackberries sowie der Qualität Marriotts nimmt man das in Kauf.

Letzten Endes ist "Humble Pie – The Life And Times Of Steve Marriott" dann doch zu einem durchaus lohnenswerten Paket geworden. Von dem Film sollte man außer guter Unterhaltung nicht allzu viel erwarten, die den Adrenalinspiegel steigen lassende Live-CD reißt das Ruder aber dann doch wieder rum. Möglicherweise handelt es sich bei der CD um eine Neuauflage (mit geänderter Song-Reihenfolge) der Scheibe Up Your Sleeves, was ich aus reiner Unkenntnis dieser aber nicht endeutig bestätigen kann. Dennoch, die Begrüßung des Publikums durch den Announcer ist exakt dieselbe…

Line-up Humble Pie (CD):

Steve Marriott (guitar, lead vocals)
Greg Ridley (bass, vocals)
Dave 'Clem' Clempson (lead guitar)
Jerry Shirley (drums)

With The Blackberries:

Venetta Fields (background vocals)
Billy Barnum (background vocals)
Clyde King (background vocals)

Tracklist "Hot & Nasty 1973 – Complete Winterland Show" (CD):

1. Up Your Sleeves
2. 4 Day Creep
3. C’mon Everybody
4. Honky Tonk Women
5. Stone Cold Fever
6. I Believe To My Soul
7. Thirty Days In The Whole
8. (I’m A) Road Runner
9. Hallelujah (I Love Her So)
10. I Don’t Need No Doctor
11. Hot ’n' Nasty

Gesamstpielzeit: 67:00 (DVD & Blu-ray), 76:22 (CD)