Wie schreiben TM Promotion im Begleitmaterial sinngemäß? Hundred Seventy Split werden das Rad sicherlich nicht neu erfinden. Das nenne ich mal ein nettes Understatement, was die Band in dem genial verharmlosenden Album-Titel "Tracks" süffisant aufnimmt. Lieder. So simpel ist das. Aber wenn solche anerkannt großen Musiker und ein echter Dino sich nun schon über ein paar Jahre hinweg regelmäßig zu neuen Taten zusammen finden, dann wird der klassische Blues Rock Zitat gemäß nicht in neue Welten geführt, aber wenn 'Rock-Opas' wie Leo Lyons aufdrehen und noch einmal richtig Spaß haben wollen, dann steppt der Bär – hab ich doch gerade bei The Who so unvergleichlich genial erlebt. Das mit den 'Opas' meine ich übrigens mit größtem Respekt!
Und schon wieder Wurzeln, die aus dem Woodstock-Festival einst vor langer Zeit entwachsen sind. Leo war dabei, stand an der Seite eines gewissen Alvin Lee, als der mit geradezu magischen Fingern die aberwitzigen Soli in "Going Home" zum Besten gab. Und Joe Gooch hat Alvin irgendwann beerbt. Ten Years After, gibt es eine bessere Referenz für Rock’n’Roll? Aber, was das Beste ist: Joe ist ein flinker Finger, er improvisiert fantastisch auf den sechs Saiten – aber niemals im Fahrwasser von Alvin. Joe besitzt seinen eigenen Anschlag, mit viel Gefühl für Melodien und jederzeit bereit für jazzige Attituden. Und manchmal steigert er sich in eine Quirligkeit, die ein wenig an den unverwechselbaren John McLaughlin erinnert. So gehört sich das.
Der Auftakt kommt daher wie ein alter Creedence Song auf Hochtouren. "It’s Coming Back Around" groovt fast Boogie-artig und macht sofort gute Laune. Die ersten Soli kommen auf der so traditionellen und ausgereiften Rhythmus-Sektion daher wie ein gut geölter Motor, der erst einmal im Leerlauf seine Power prüft. Total relaxt und mit jeder Menge Bock auf Rock.
Der überträgt sich sofort auf den geneigten Zuhörer, auch wenn in "The Game" eine Hammond unter die Song-Gestaltung gelegt wird und damit der Gitarre noch eine schöne Auflage bietet. Haben TYA ja auch praktiziert, wenn sie zum Beispiel ihre wilden Exzesse in "Help Me" entwickelten.
"I Grew Up On Muddy Waters", na, was soll man bei dem Wortspiel groß herum philosophieren? Gerade wenn der Song in einem bluesigen Southern-Gewand daher kommt? Die trüben Gewässer des Mississippi wissen, wie es gemeint ist – und Muddy im Himmel ganz bestimmt auch.
Nach dem alles andere als depressiven "Lonely" spielt sich die Combo fast ein wenig West Coast belastet in meinem Favoriten "Gravedigger", eine traumhaft entspannte Nummer, die zeitlos zwischen eben jenen Hippie orientierten Sounds aus der Umgebung von San Francisco und einem unverkennbaren jazzigen Duktus einbiegt. Hier lassen sie ihren Gitarren-Menschen so richtig von der Leine, jetzt darf er sich austoben. Ohne jede Hektik, aber mit ganz viel Gefühl für Steigerung und Spannung, phrasiert Joe sich in den Orbit großer Helden, umgeben vom Geist der Warren Haynes, John Cipollina oder auch eines noch so jungen Ryan Mc Garvey und wer sich sonst in solchen Gefilden herum treibt. Hier habe ich meinen Anker gefunden, hier möchte ich sein.
Ach Du liebe Zeit, und was ist das? "She’s Got The Mojo" klingt wie der beste Song von ZZ Top, den ZZ Top nie geschrieben haben. Da wächst mir glatt der Bart! Und mit "Tail Lights" legen sie sogleich den Beweis nach, dass auch balladeske Themen sehr wohl auf der Speisekarte stehen. Wieder einmal verzaubert die Gitarre, die mit uns spielt und unsere Emotionen heraus kitzelt. Großes Kino!
Am Ende wartet auf uns noch eine wunderschöne Mid-Tempo-Nummer namens "You Can’t Drink It", die noch einmal eine gewisse Seelenverwandtschaft zu meinen liebsten Helden aus New York vermuten lässt. Wenn ein letztes Mal der Ballon steigt und Joe seine so flüssigen Improvisationen vom Stapel lässt, dann fängt mich ein Mule' sches Empfinden ein.
Wie kann doch die Welt so einfach sein. Die Jungs von Hunded Seventy Split machen keinen Hehl daraus, dass sie vor allem Spaß haben wollen mit ihrer Musik. Das kann man hören, in jeder Note, in jedem Song. Vor allem aber kann ich eines sagen, der Spaß ist bei mir angekommen.
Line-up:
Leo Lyons (bass)
Joe Gooch (guitars, vocals)
Damon Sawyer (drums)
Bill Livsey (hammond on # 2, 3, 9)
Tracklist "Tracks":
- It’s Coming Back Arround
- The Game
- If You Make It To The Top
- I Grew Up On Muddy Waters
- Lonely
- Gravedigger
- Looking For A Sign
- She’s Got The Mojo
- Tall Lights
- The Final Curtain
- You Can’t Drink It
Gesamtspielzeit: 56:03, Erscheinungsjahr: 2016
1 Kommentar
Lotz
17. September 2016 um 17:39 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Wollte sofort reinhören, wird leider erst Mitte Oktober hier erscheinen. Anhören geht aber schon.