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Iain Matthews / Walking A Changing Line – CD-Review

Iain Matthews-Walking A Changing Line-CD-Review

In den Jahren von 1967 bis 1980 war Ia(i)n Matthews unwahrscheinlich aktiv und kreativ. Alle zwölf Monate in dieser Zeit erschien zumindest ein (manchmal auch zwei) Album mit Bands wie Fairport Convention, Matthew’s Southern Comfort, Plainsong, Hi-Fi oder auch solo. Dann war erstmal Ruhe, bis 1984 "Shook" auf den Markt kam. Was darauf folgte, war mehr oder weniger ein Breakdown, ein komplett ausgelaugter Matthews zog sich komplett aus dem Musikerleben zurück, arbeitete für ein Label als PR-Mann und hatte mit seiner Karriere als aufnehmender Künstler eigentlich schon abgeschlossen. Bis kein geringerer als Robert Plant ihn davon überzeugte, dass er unbedingt weiter machen müsse, wenn auch nur aus dem einen Grund, dass er einer von Plants absoluten Lieblingssängern sei. Der gute Iain wollte es schließlich tatsächlich noch einmal versuchen, befand sich jedoch nach wie vor in einem kreativen Loch. So entschied er sich zum ersten Mal in seinem Leben, eine Scheibe komplett mit Fremdkompositionen aufzunehmen, die aber alle von demselben Komponisten stammen sollten.

Nach ein paar Fehlversuchen mit anderen Songwritern entschied er sich schließlich für Jules Shear, der das komplette Songmaterial zur Verfügung stellte. Dieses war allerdings nicht eigens für dieses Album geschrieben worden (der einzige brandneue Song auf "Walking A Changing Line" war "On Squirrel Hill"), sondern stammte aus Shears Fundus, aus dem sich Matthews die Tracks herauspickte, die ihm am besten gefielen. Die Stücke wurden schließlich lediglich von ihm selbst und dem Co-Produzenten der Platte, Mark Hallman, in der Wohnung des Protagonisten eingespielt. Iain hatte sich hier ganz bewusst für einen neuen Sound entschieden, der damals als New Age beschrieben wurde. All dies fand im Jahr 1987 statt und somit hatten Keyoards eine hohe Dominanz. Den Spagat, den die Musiker erreichen wollten, war, eine Mischung aus Moderne und Singer/Songwriter hinzubekommen, was zweifelsfrei auch gelungen ist.

Dennoch kann mich die Scheibe nicht zu einhundert Prozent überzeugen, was einerseits an besagtem Sound, andererseits aber auch an den Songs an sich liegt. Zu gleichförmig, etwas zu belanglos plätschern die jeweiligen Titel aus den Speakern. Keine Frage, dass Matthews erneut als Sänger glänzt und auch die Produktion sehr sauber erfolgt ist. Was aber leider fehlt, sind die für ein Album so wichtigen Ausschläge nach unten oder (bestenfalls) oben. Selbst nach einem knappen Dutzend Durchläufen empfinde ich die Stücke eher als nette Hintergrundmusik, bei der allerdings kaum was hängen bleibt.

Hatte mich der Rockpalast-Auftritt des Engländers überzeugt, bin ich von "Walking A Changing Line" leider etwas enttäuscht. Wer dieses Album immer schon mochte oder sowieso alles von Iain Matthews liebt, kann natürlich bedenkenlos zuschlagen und bekommt hier immerhin als Bonus noch eine zweite CD obendrauf, die aus Demoversionen der Albumtracks sowie Live-Aufnahmen besteht. Pralle knapp achtzig Minuten zusätzliches Material also, was schon mal eine tolle Gegenleistung für die sauer verdienten Kröten darstellt. Wer den Briten vornehmlich durch seine Arbeiten aus den siebziger Jahren kennt und mag, der sollte auf jeden Fall vorher mal reinhören.

"Walking A Changing Line" wurde nach seinem Erscheinen im Jahr 1988 zwar von der Presse abgefeiert, verlief verkaufstechnisch aber enttäuschend. Immerhin gab das Album Iain Matthews aber wieder so viel Auftrieb, dass er seine Musiker-Karriere reanimierte und bis zum heutigen Tag fortführt.


Line-up Iain Matthews:

Iain Matthews (guitars, lead & background vocals)
Mark Hallman (guitars, keyboards, syntesizers, background vocals)

With:
Eliza Gilyson (harmony vocals – CD 1 – #5)

Tracklist "Walking A Changing Line":

CD 1 "Walking A Changing Line":

  1. Dream Sequence
  2. Standing Still
  3. Except For A Tear
  4. Following Every Finger
  5. Alive Alone
  6. Smell Of Home
  7. On Squirrel Hill
  8. Shadows Break
  9. This Fabrication
  10. Lovers By Rote
  11. Only A Motion
  12. Why Fight
  13. Your Heart again (Demo)
  14. Action And Intent (Demo)

CD 2 "Demos And Live":

  1. Except For A Tear (Demo)
  2. Following Every Finger (Demo)
  3. Loves By Rote (Demo)
  4. On Squirrel Hill (Demo)
  5. Only A Motion (Demo)
  6. Shadows Break (Demo)
  7. Smell Of Home (Demo)
  8. Steady (Demo)
  9. Still I See You (Demo)
  10. This Fabrication (Demo)
  11. Too Hard Too Soon (Demo)
  12. What The Wanter Wants (Demo)
  13. Why Fight (Demo)
  14. Alive Alone (Live)
  15. Except For A Tear (Live)
  16. Following Every Finger (Live)
  17. On Squirrel Hill (Live)
  18. Shadows Break (Live)
  19. Standing Still (Live)

Gesamtspielzeit: 56:49 (CD 1), 77:17 (CD 2), Erscheinungsjahr: 2017 (1988)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
Meine Beiträge im RockTimes-Archiv
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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