Jetzt wird es schwierig.
Nicht unbedingt, was die Musik von Iko Andrae angeht.
Viel eher ist Iko Andraes "Moses" »[…] ein plattdeutsches Album […]«.
Der Künstler kommt aus Oldenburg und hat vorher "Our Journey In A Cocktail Shaker", "Stiekelstrüük" sowie "Beim letzten Mal, als ich hier war" auf den Markt gebracht.
Auf zwei Fragen liefert der Protagonist persönlich seine Antworten.
»[…] Warum schreibt man heute auf Plattdeutsch? […]«
»Am Anfang des Kreativprozesses für das neue Album gab es einen Song, für den ich die ideale Form suchte. Ich probierte es in der Sprache meines Vaters Oswald Andrae, dem Lyriker aus Jever, und es entstand "Ganz Up Egen Fööt". Plötzlich war mir klar – das ist es! Es gibt viele Themen in den 13 Songs der neuen CD Moses. In einem, 'Alleen', verarbeite ich die Geschichte eines Mannes aus Syrien, der mir von seiner Flucht übers Meer erzählt hatte. Plattdeutsch kann unglaublich poetisch und trotzdem immer auch aktuell sein. […]«
»[…] Warum Moses? […]«
»Auf dem Dachboden im Elternhaus unseres Drummers Bahli fanden wir ein altes, verstaubtes Gemälde, das einen Moses darstellt, der auf den Dammer Bergen steht und sinnsuchend und etwas finster in die Ferne blickt. Wir stellten das große Bild in das Wohnzimmer, das für die nächsten Monate unser Studio werden sollte und Moses wurde zu unserem Schutzpatron, Aufpasser, Kreativgeist – und zum Namensgeber des neuen Albums. Die neuen Songs entstanden alle im Wohnzimmer von Moses. […]«
Neben Iko Andrae und Andreas 'Bahli' Bahlmann sind als Mitmusiker noch Michael Jungblut (Super Chock Verzerrer) sowie Olaf Liebert (2 cale, Super Chock Verzerrer) mit von der Partie.
So weit, so gut.
Oder auch nicht gut, denn trotz der im Booklet als eine Art Nachhilfe abgedruckten Texte, ist es dem Rezensenten auf Anhieb nicht möglich gewesen, den gesamten Inhalt zu verstehen.
Eines steht allerdings fest. Diese plattdeutsche Mundart geht gemeinsam mit der Musik eine Koalition ein.
"Moses" spannt ein ziemlich großes Dach auf.
Es geht von Singer/Songwriter über Rock, Country bis hin zum Blues. Dabei streift die Combo eine Vielzahl von Genre-Verzweigungen.
So sind zum Beispiel der Rock’n’Roll oder Abstecher zum Spaghetti Western fast schon selbstverständlich. Iko Andrae & Co. vermitteln diese Vielfalt mit einer frappierenden Selbstverständlichkeit. Iko Andrae kann klasse singen und seine Stimme ist wie gemacht für alle musikalischen Ausrichtungen der vorliegenden Platte.
Bei Balladen lässt sich herrlich träumen und wenn es zum riffigen Rock kommt, ist die Fußwippe im Akkord-Einsatz.
Was die Nummern mit einem fetzigen Charakter angehen, schöpft die Combo aus einem vollen Fass an Ideen und Fantasie. Iko Andrae und Band sind Meister eines breit gefächerten Spektrums. So wird fast jedes Lied zu einer Art Überraschungs-Song mit so vielen Feinheiten, die sich lohnen, in mehreren Durchgängen entdeckt zu werden.
Bemerkenswert ist auch der Erinnerungs-Track an Carl von Ossietzky "Ossietzky (Dat Leed för den Häftling #562)", dessen Text sowie Musik von Iko Andraes Vater Oswald stammt. Dessen Texte sind auch in weiteren Liedern zu hören.
Da war doch die Rede von Überraschungen.
Das Album endet mit "Wat maak wi", einem waschechten Blues. Herrlich!
Okay, wenn man sich in die Texte reinfuchst, dann gibt es für jeden Text so etwas wie einen roten Faden, ein gewisses Verständnis für die Aussagen.
Die "Moses"-Musik ist zeitgenössisch, angesagt und sozusagen up to date.
Bleibt gesund und nehmt euch zur Ablenkung Zeit für gute Musik.
Line-up Iko Andrae:
Iko Andrae (vocals, guitar, upright bass)
Andreas 'Bahli' Bahlmann (drums, vocals)
Michael Jungblut (guitar)
Olaf Liebert (bass)
Tracklist "Moses":
- Gröön soltig Groden (3:18)
- Nüms tohuus (3:23)
- Ganz up egen Fööt (3:55)
- Alleen (4:39)
- Moses [Keem bit na Woltersborg] (3:29)
- Disse Nacht (3:00)
- Hoppenröök geiht üm [Ümweltsüük] (2:34)
- Lüsten (2:04)
- Ewigkeitsblööm (3:12)
- Dreeundartig Mullsbülten (3:13)
- Ossietzky Song [Dat Leed van den Häftling #562] (2:52)
- Du (2:51)
- Wat maakt wi (3:25)
Gesamtspielzeit: 42:23, Erscheinungsjahr: 2021
1 Kommentar
Wolfgang Giese
7. November 2021 um 11:04 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Moin, Joachim…
der Sohn von Oswald also…
Ja, der ist mir bekannt durch die Platte von "Helmut Debus – Wo Ik Herkam".
Da wurden Texte von Oswald Andrae verwendet.
Auch ein sehr schönes Album….
Dann will ich mal hören, was der Iko zu sagen hat…
Kollege Wolfgang