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Index Finger And Friends / Old School Sessions – CD-Review

Index Finger And Friends / Old School Sessions – CD-Review

Auf der Website des Duos Index Finger gibt es (noch) nicht viel zu erfahren. Immerhin stehen da zwei Sätze die es lohnen, kopiert zu werden: »Alegría Mannhardt liebt die tiefen Töne von Uli Lehman. Und Uli Lehmann liebt die Stimme und Performance von Alegría Mannhardt«.

Dass es sich auch lohnt die beiden Protagonisten zu kennen, ist für den Macher des Pfingstbergblues, Werner Aust, eine klare Sache. Und aus diesem Grund hat er uns die CD "Old School Sessions" zukommen lassen. Werner erzählte auch, dass er Uli kennenlernte, als dieser bei der Band Peace Rebel Radio einmal wohl als Gast den Bass bediente; und dass Uli Mitglied in Peter Schneiders Band The Stimulators ist (plus Basser bei The Wild Bluesmen sowie The Finest Four). Alegria Mannhardt war Mitglied der Münchner Band Deadful Greats, die nicht zu verwechseln ist, mit der gleichnamigen US-Truppe, welche nicht nur geografisch sondern auch musikalisch doch um einiges näher an der Band ist, deren Namen man in beiden Fällen adaptiert hat. Neben Index Finger ist Alegria auch als Organisatorin der "Lautermusiker-Sessions" bekannt.

Nun, auf jeden Fall sind wir in Bayern und Kenner wissen, dass Alegria und Uli dort feste Grüßen in der Musikszene sind. Kenner wissen beim Blick auf die Trackliste des Albums auch, dass hier ein reines Coveralbum 'vor Gericht' steht. Eine Band bringt ein Album auf den Markt – das Debüt sogar – und darauf sind keine eigenen Stücke; das kommt recht selten vor und gegenüber Coverbands kann man durchaus skeptisch mit den Augen rollen. Ich sprach vor vielen Jahren einmal einen Musiker darauf an. Court von der OE-Kapelle (Organisiertes Erbrechen) meinte, da es so viel gute Musik gibt, gäbe es nicht einen einzigen Grund, diese nicht zu spielen und eigene Songs zu schreiben. Dem konnte ich wenig entgegensetzen und ansonsten ist es ja auch die ureigene Sache der Musiker und wenn sie damit Erfolg und vor allem Freude  haben, ist alles richtig.

Was nun die Band Index Finger und deren Album angeht, kann ich konstatieren, dass ihre Interpretationen so sind, dass man sie absolut als gelungen bezeichnen kann. Sie sind zum Teil nah an den Originalen, aber trotzdem mit eigenem Geruch. Gleich der Opener "Bitter Memories" zum Beispiel ist eine lockere und luftige Version von Lucinda Williams' "Bitter Memory". Mehr im traditionellen Country angesiedelt als die Version der Roots- und Alt.Country-Dame. Das quirlige "Black Orpheus" des Brasilianers Luiz Bonfá dagegen wird gesangsmäßig recht lasziv von Alegria Mannhardt vorgetragen. Vorliegende Version erscheint mir dichter, athmosphärischer und näher an dem, was ich mir unter südamerikanischer Gänsehautmusik vorstelle. Man mische Samba, Tango, viel Gefühle und eine Sängerin, deren Vokalmetier im Jazz, Blues und Soul liegt, gebe Instrumente die von Könnern bedient werden dazu und das Ergebnis läuft gerade.

Und da sind wir wieder bei Coversongs. Werden sie auf diese Art und Weise dargeboten, sind sie für so manches Original adäquate Geschwister. Man muss ja auch sehen, dass die beiden Protagonisten Alegria und Uli eigentlich als Duo fungieren. Allerdings laden sie sich gerne befreundete Musiker ein, treffen sich und musizieren und bei diesen Live-Sessions kann man schlecht proben, sodass das sicherlich mit ein Grund ist, auf gemeinsam bekannte Nummer zu setzen. Und das ist Gottseidank so, denn Namen wie Bobby Scott oder Billy Austin wären mir so unbekannt geblieben. Aber auch die Musiker, die mit Index Finger dieses Album eingespielt haben sind nicht ohne und geben den 15 Titeln genau das mit, was es braucht um zu begeistern. Sei es das Mandolinen- oder Gitarrenspiel das abhängig vom Songmaterial genau auf die Zwölf trifft, sei es die Perkussion, die den Swing genau so perfekt taktet wie Jazz, Country und Soul und Rock’n’Roll, sei es das mit viel Emotionen verbunden Gebläse, die bebende Pedal Steel …. . Alles Volltreffer und wenn man sich vor Augen hält, dass die "Old School Sessions" mit fünf Besetzungen an verschiedenen Tagen entstanden sind, dann kann man nicht mehr von 'Nachspielen' sprechen.

Von den Socken haut mich auch "After Dark", die Nummer von Tito & Tarantula, ein Stück, dass oft im heimischen Player liegt und in der Index-Finger-Version mit weiblichen Vocals ebenfalls die Glocke auf dem Zwölferpunkt trifft. Johann Fliegaufs Harpspiel, das Saxofon von Thomas Roth, die packenden Arbeit an den Fellen von Michael Reiserer sowie das zarte Flirren von Rick Baltes' – und Ulis Saiten – all das in Verbindung mit der tollen Kehlkopfarbeit von Frau Mannhardt … das geht rein.

Wenn es einen Titel gibt, der (noch! nicht zu meinen Favs auf dem Album zählt, dann ist das Lennons "Imagine". Es ist mir fast eine Spur zu intim und zurückgenommen. Fast ausschließlich auf Bass und Stimme reduziert. Wie bereits gesagt: Nachspielen kann man den Musikern nicht unterstellen. Das Saxofonspiel von Marcio Tubino ist allerdings der Wahnsinn. Bei der Gelegenheit bin ich mal so frech und schlage für weitere Sessions Material von Waits und Reed vor …

Im kommenden Jahr will Werner Index Finger in seine Pfingstbergblues-Reihe holen und das ist eine sehr gute Entscheidung, denn ich bin mir sicher, die 'rocken' die Bühne. Mit etwas Glück gibt es dann ja die Pfingstberg-Sessions …


Line-up Index Finger And Friends:

Alegria Mannhardt (Gesang, Akkordeon)
Uli Lehmann (Kontrabass)

And Friends:

• Montag (- #1,6,15)
Michael Reiserer (Schlagzeug)
Rick Baltes (Gitarre)
Johann Fliegauf (Mundharmonika)
Thomas Roth (Sophransaxophon)

• Dienstag (- #3-5,9,11)
Bodo Matzkeit (Schlagzeug)
Kurt Härtl (Gitarre)
Klaus Reichardt (Piano, Pedal Steel Gitarre, Mandoline)
Matthias Huber (Saxophon)
Edin Cerovac (Gitarre)

• Mittwoch (- #2,13)
Hans Mühlegg (Schlagzeug)
Peter Schneider (Gitarre)
Gerhard Wagner (Flöte)

• Donnerstag (- #7)
Christof Mader (Cajon)
Rick Baltes (Gitarre)
Klaus Reichardt (Pedal Steel Gitarre)
Silvia Dums (Saxophon)

• Trio (- #8,12)
Marcio Tubino (Saxophon)

• Live (- #13)
Tommy Eberhardt (Schlagzeug)
Kurt Härtl (Gitarre)
Thomas Roth (Saxophon)

Tracklist "Old School Sessions":

  1. Bitter Memories [L. Williams} (4:45)
  2. Black Orpheus [L. Bonfa (4:35)
  3. Is You Is Or Is You Ain’t My Baby [B. Austin} (3:28)
  4. Taste Of Honey [B. Scott} (5:33)
  5. I Shall Be Released [B. Dylan} (4:12)
  6. After Dark [Tito And Tarantula} (5:36)
  7. Walking After Midnight [D. Hecht} (4:17)
  8. Imagine [J. Lennon} (5:52)
  9. What A Day For A Daydream [J. Sebastian} (3:25)
  10. Landslide [S. Nicks} (3:27)
  11. On The Sunny Side Of The Street [J. Mc Hugh} (4:07)
  12. How Deep Is The Ocean [I. Berlin} (3:20)
  13. Song For My Father [H. Silver} (4:55)
  14. Ring Of Fire [M. Kilgore/J. Carter} (4:58)
  15. Hound Dog [J. Leiber} (3:20)

Gesamtspielzeit: 66:48 Erscheinungsjahr: 2024

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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Mail: ulli(at)rocktimes.de

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