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Iris Romen / Late Bloomer – CD-Review

Das Cover zu Iris Romens "Late Bloomer" erinnert an so manche Album-Frontgestaltung des Labels Blue Note Records.
Die niederländische Künstlerin hat ihren Lebensmittelpunkt mittlerweile in Berlin, das auf ihrer Facebook-Seite auch als Heimatstadt angeben wird.
Sie singt nicht nur, sondern spielt auch Keyboards, speziell Fender Rhodes, Kontrabass sowie die elektrisch verstärkte Version und E-Piano. Außerdem ist die Musikerin fit auf der Gitarre.
Folglich darf man Iris Romen als Multiinstrumentalistin bezeichnen »[…], die Elemente aus der populären Musik der 40er bis 60er Jahre neu miteinander kombiniert. […]«

Als Stile werden im Informationsblatt zur vorliegenden Platte unter anderem Country, Blues, Honky Tonk, DooWop genannt. Bei Facebook heißt das Ganze dann »[…] vintage pop […]«.
Koproduzent und Schlagzeuger Micha Fromme ist der musikalische Rückhalt der Band. Ein weiterer Genre-Allrounder ist Gitarrist Alexey Wagner, der auch Mitglied bei der Formation Lighter Music ist.

Für die ersten guten Töne sorgt das Eröffnungsstück und gleichzeitig Titeltrack der Scheibe "Late Bloomer".
Herrlich entspannt geht man ans Werk. Feine Backing Vocals der Herren, ein transparentes Gitarrensolo bringt Feeling und die Protagonistin liebt es auch pfeifend zu unterhalten. In diesem Stück das erste Mal, aber in der Folge nicht das letzte Mal. Ja, dieses vintage Umfeld des Openers zeigt Effekte auf die Neugierde des Hörers.
Einige Vögel können herrlich zwitschern und geben freie Open Air-Konzerte. Wie sieht es bei Iris Romen und ihrem "Bird" aus? Dürfen wir wieder auf eine Pfeifeinlage hoffen? Zunächst einmal gibt es Lob für die tolle Stimme der Niederländerin. Ihr Gesang überzeugt auch in hohen Tonlagen. Da darf man ruhig den Begriff verführerisch benutzen. Toll! "Bird" kommt dann ohne ein Iris Romen-Pfeifen aus. Diese Nummer ist ein weiterer Hinhörer. Phasenweise bekommt man den Eindruck, als flüstere uns die Künstlerin ins Ohr. Abermals ist man fasziniert vom Sechssaiter-Solo und akzentuierten Schlagzeug-Wandlungen. Man achte besonders auf das ausgefeilte Ende des Tracks.

Nach erst zwei Songs ist man im Bannkreis der Retro-Musik von Iris Romen angekommen.
Dann pfeift sie doch noch einmal. "Gentle Man" ist die einladende Ballade mit höchst interessant gestalteten Gitarrenklängen. Beeindruckend, wie man quasi durch eine minimalistische Instrumentierung so viel Wirkung erzielen kann. Klasse!

Ups! Die Zeitreise geht weiter mit einem deutschen Songtitel.
"Filmriss" ist nicht nur der Name der Nummer. Iris Romen singt einen deutschen Text, wobei sie ihr niederländischer Akzent nur noch sympathischer macht. Abermals spartanisch arrangiert, verfügt dieses Lied über ein wunderschönes Flair und sie pfeift nochmals. Diese Trillern ist kunstvoll in die Tracks eingefügt und wirkt keineswegs überfrachtet. Ein Iris Romen-Markenzeichen.

Die akustische Gitarre leitet uns über eine verträumt-virtuelle "Joaquin’s Song"-Blumenwiese. Die Künstlerin, die »[…] dreizehn Jahre lang Sängerin mit Andrej Hermlin’s SwingDance Band […]« war, widmet diesen Song ihrem Sohn. Der Refrain könnte einen Kinderreim entsprungen sein. Nicht nur »[…] als alleinerziehende Mutter […]« ist es – wie im Texte steht – eine Herausforderung, einem Kind  – damals wie heute – die Welt, in der wir leben, zu erklären: »[…] How can I explain to you the world we’re living in? […]«
Der "Wild Love Song" ist alles andere als wild, eher eine melancholische Ballade, in der sich Iris Romes am Fender Rhodes begleitet. Ist es eine Solo-Nummer? Andere Instrumente sind nicht auszumachen. Toll!
"Tipsy" ist der wohl eher humorvoll gemeinte Abschluss von "Late Bloomer". Herrlich, wie es in entfernter Verwandtschaft zum Gypsy-Sound swingt.

Im Text zum Titelsong bezeichnet sich die Musikerin, die »[…] zehn Jahr lang Kontrabassistin der All-Girl-Country-Band The Runaway Brides […]« war, selbst als Spätzünderin. Wenn dem so ist, dann – frei nach Titus Livius – lieber spät als nie.
Iris Romens "Late Bloomer" ist wie der Blick in ein Wohlfühl-Schaufenster.
Iris Romens "Late Bloomer" enthält elf kleine Geschichten und hat die Architektur der oben erwähnten Zeitspanne ins Hier und Jetzt transferiert.


Line-up Iris Romen:

Iris Romen (vocals, Fender Rhodes, guitar, contrabass, electric bass, electric piano, tambourine)
Micha Fromme (drums, harmony vocals – #11, shouts – #11)
Alexey Wagner (electric guitar, acoustic guitar, harmony vocals)
Moe Jaksch (lap steel guitar – #3, tambourine – #2)

Tracklist "Late Bloomer":

  1. Late Bloomer
  2. Bird
  3. Gentle Man
  4. Filmriss
  5. Elevator Boy
  6. Home
  7. Dive
  8. Joaquins Song
  9. Wild Love Song
  10. So Unlikely
  11. Tipsy

Gesamtspielzeit: 31:24, Erscheinungsjahr: 2020

Über den Autor

Joachim 'Joe' Brookes

Genres: Blues, Blues Rock, Alternative Music, Space Rock, Psychedelic Music, Stoner Rock, Jazz ...
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