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Irish Heartbeat – Let’s celebrate St. Patrick’s Day, live in Wilhelmshaven – Konzertbericht vom 17.03.2017

Irish Heartbeat - Let's celebrate St. Patrick's Day

Ja, das ist schon lange her, da nannte sich dieses jährliche Festival noch St. Patrick’s Day Celebration Festival und die erste Ausgabe, die 1990 durch deutsche Lande rollte, war mit Manus Lunny & Andy M. Stewart, den Tannahill Weavers und der Anne Wylie Band bestückt.

Unter dem Namen Irish Heartbeat – Let’s celebrate St. Patrick’s Day war die Tournee nun seit langer Zeit auch einmal wieder im Pumpwerk Wilhelmshaven zu Gast. Teilnehmer waren Bernie Phaíd & Friends, Armagh Rhymers und Mánran. Der "irische Herzschlag" mag nicht vollends zutreffen, stammt letztere Band doch aus Schottland.

Bernie Phaíd

Bernie Phaíd

Traditionell wurde der Abend mit eher stillen Klängen gestartet. Phaíd’s Musik war sehr ruhig und wäre in einem kleinen gemütlichen irischen Pub möglicherweise besser aufgehoben gewesen, denn ein zündender Funke wollte zunächst nicht überspringen, vielleicht auch angesichts der zurückhaltenden und mitunter schon schüchtern wirkenden Vortragsweise der Sängerin, die erst im vierten Song etwas agiler wurde. Zudem sind sicher auch Balladen mit traurigem Hintergrund, die oft vom Schicksal der Immigration berichten, nicht unbedingt Grund für Freude.

Gut, anders kann es dann aussehen, wenn selbst solche Songs sozusagen verkleidet werden und damit auch eine gewaltige Dramatik ausstrahlen. So geschehen durch den zweiten Act des Abends, durch die Armagh Rhymers, eine Band aus Musikern und Schauspielern, dieses Mal zu viert angetreten. Und hier war dann eine Sängerin dabei, die genau das Gegenteil von Bernie Phaíd war, total agil, mit starker Präsenz, frech im Ausdruck und mit vollem Stimmumfang, sehr kraft- und druckvoll, ganz locker aus dem Handgelenk sozusagen. Ja, die Armagh Rhymers sind eine echte Institution und reißen ganz natürlich mit. Alle betraten zunächst verkleidet, auch mit großen Masken aus geflochtenem Korb, die Bühne. Die Band vertritt die Tradition des Mumming, das ist eine Art Volkstheater aus der Grafschaft Armagh. Durch die Schauspielkunst mit kurzen Textvorträgen und die hoch professionell gespielte Musik, Gitarre, Geige, uillean pipes und Gesang, wird eine zeitweise sehr magische und mystische Atmosphäre aufgebaut. Fast unheimlich wirkte es, als mit durch die uillean pipes gestaltete drohnenartige Klänge und zusätzlichem Einsatz rasselnder und scheppernder Instrumente und dazu düster wirkendem Sprechgesang magische Momente entstanden. Vielleicht leitet sich aus dem Mumming auch der deutsche Begriff Mummenschanz ab.

Im Laufe des Konzerts der Band tauchte dann auch noch St. Patrick auf, der im Zuge seines Auftritts mit einem Türken kämpfen musste. Kleine Geschichten, verbunden mit Slapstick und musikalischen Ausflügen ins Vaudeville-Theater ("Blue Ridge Mountains Of Virginia", unter anderem auch von Laurel & Hardy gesungen) gehören dazu und bildeten die perfekte Abrundung einer sehr unterhaltenden und ungewöhnlichen Show.

Mánran

Mánran

Und nun zu Mánran, der Sänger betonte zu Beginn, dass St. Patrick aus Schottland käme. Die Band startete mit dem Song "Fiasko" aus der neuen Platte die Show, die jedoch kein Fiasko wurde.
Vielmehr stürzte man sich mit Herzblut in das Genre des typischen schottischen Folk-Rocks, wie man es von Bands wie Wolfstone oder Runrig kennt, aber auch die britischen Toss The Feathers und die kanadischen Rawlins Cross fielen mir ein.

Die Instrumentierung mit zwei Dudelsäcken, einem schottischen und den irischen uillean pipes, im Übrigen gespielt vom Iren in der Band, Ryan Murphy, ließ natürlich eine besondere Note erwarten, doch der Piper und Sänger Ewen Henderson widmete sich dann fast ausschließlich dem Geigenspiel. Dennoch, hier waren junge Musiker am Werk, die mit Sicherheit noch reifen werden, so war noch nicht alles perfekt und abgerundet. Der Sänger war hervorragend und konnte mit der gälischen Sprache sehr geschickt umgehen, selbst dann, wenn rasend schnelle, scat-ähnliche Folgen anstanden. Jeder der einzelnen Musiker brachten gute Leistungen, doch mehr Kraft und Ausdruck könnte man z. B. noch mit dem Akkordeon einbringen und die Abstimmung des Sounds war an dem Abend auch nicht perfekt, offensichtlich überhörte der Mann am Mischpult das Eine oder Andere hinsichtlich der Abmischung, konnte man die Flöte doch manchmal nur erahnen.

Der Band fehlt letztlich noch dieses ganz spezielle Feuer, die verbindenden Elemente und die Souveränität oben genannter Bands, aber die Ansätze sind schließlich vorhanden und sicher zählen sie heute zu den wichtigen Celtic Rock-Bands.
Doch letztlich herrschte eine große Feierstimmung im Pumpwerk, Mánran vermochte es, die Tanzwut vieler Zuhörer zu entfachen, sodass der Raum vor der Bühne schließlich gut gefüllt war.

Nach ihrem letzten Song versammelten sich traditionell dann wieder alle Beteiligten auf der Bühne, um gemeinsam einige Lieder vorzutragen, voll gelöster Stimmung und mit viel Freude.


Soweit bekannt:

Line-up Bernie Phaíd & friends:

Bernie Phaíd (vocals, banjo)
Plus acoustic guitar, fiddle

Line-up Armagh Rhymers:

Annie Callaghan (vocals, dancing, puppet playing)
Adam Costa (fiddle)
Cormac ó Briain (vocals, uillean pipes)

Line-up Mánran:

Gary Innes (accordion)
Ewen Henderson (vocals, fiddle, bagpipes)
Craig Irving (guitar)
Ross Saunders (bass guitar)
Ryan Murphy (uillean pipes)
Mark Scobbie (drums)


Über den Autor

Wolfgang Giese

Hauptgenres: Jazz, Blues, Country
Über mich: Althippie, vom Zahn der Zeit geprägt, offen für ALLE Musikstile
Meine Seite im Archiv

Mail: wolfgang(at)rocktimes.de

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