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Jacob Karlzon / Now – CD-Review

CD-Review-Jacob Karlzon-Now

Der schwedische Pianist Jacob Karlzon kommt eigentlich aus dem Jazz, ist mit seinem neuen Album "Now" aber ganz andere Wege gegangen. Und das in vielerlei Hinsicht, denn zum einen hat er sein instrumentales Spektrum um Orgel, Synthesizer und Programmierungen erweitert, zum anderen sind die sieben hier vertretenen Tracks musikalisch sowas wie eine Fusion aus Jazz, Electronic und tanzbaren Pop-Rhythmen. Zur Seite standen ihm für diese Produktion der Bassist Dan Berglund, natürlich sein langjähriger Schlagzeuger Robert Mehmet Ikiz sowie zwei Gastmusiker.

Karlzon ist – zumindest kommt das im Promozettel so rüber – ein Mensch, der sich sehr viele Gedanken um sich selbst, seine Mitmenschen und vor allem seine Umwelt macht, der sich ständig mit »…den Schnittstellen zwischen Technik und der Natur…« beschäftigt. Ein guter Teil davon kommt dann auch auf den Stücken seiner neuen Platte durch. Ein Instrumentalalbum ist es geworden, aber eines, bei dem man ganz hervorragend in seine eigene Gedankenwelt abtauchen kann, eines, bei dem sich das Kopfkino des Hörers fast schon zwangsweise auf Autopilot umstellt.

Dabei befinden sich die Tempi, Arrangements und Stimmungen in einem ständigen Austausch. Kommt "Higher" noch sehr flott mit programmierten Rhythmen daher, wird für "The Ground Beneath" schon etwas auf die Bremse gedrückt, um Platz für die wunderschöne (ebenfalls mit Beats aus der Dose gespickten) Piano-Ballade "November" zu machen. Für diesen Titel ist Jenny Nilsson mit ihrer Violine zu Gast und veredelt die Nummer mit der 'Tiefe' ihres Instruments noch ein gutes Stück mehr. Der Titel ist Programm und man sieht sich geradezu durch einen Park schlendern, wo die braunen Blätter von den Bäumen rieseln und man sich – schon gut eingemummt – bereits wieder auf die warme Küche zuhause freut.

Ganz anders dann wieder "Ultra Light", das einem poppigen Dance-Titel deutlich näher kommt. Die Grenzen verschwimmen, es scheint eigentlich gar keine zu geben, wenn der rote Faden während der knapp vierzig Minuten Spielzeit auch durchgehend zu erkennen ist. Es gibt also kaum etwas Herkömmliches, etwas Eingeengtes oder sich an festgesetzte Normen Haltendes. Diesbezüglich kommt ganz sicher auch der Jazzer in Jacob Karlzon wieder durch. Was aber durchaus gut ist, denn genau dadurch bleibt die Scheibe durchgehend frisch, interessant und unverbraucht.

Ein weiteres tolles Piano-Stück ist "Remains", bei dem der Skandinavier neben seinen beiden Standardbegleitern noch von Lars Nilsson am Flügelhorn unterstützt wird. Erneut eine verträumte Atmosphäre, perlend-jazzige Piano Licks und dahinter ein zwar im Midtempo angesiedelter, aber trotzdem etwas schleppender Beat. Insgesamt ist auf diesem Album schon sehr viel Melancholie und Nachdenkliches im Spiel, wodurch dann aber die schnelleren, lebensfroheren Titel umso mehr profitieren. Einer von diesen ist "Monster", der sich sehr druckvoll nach vorne walzt, abgedrehte (teilweise gar orientalisch angehauchte) Melodien im Programm hat und alleine schon dadurch die Spannung hochhält. Zum Schluss wirds mit "A Lifetime Ago" nochmal sehr nachdenklich, während traurige Pianomelodien die eine oder andere Träne über einen moderaten Drum Beat verdrücken.

"Now" von Jacob Karlzon ist sehr speziell und man muss sich Zeit dafür nehmen. Aber die Scheibe steckt auch voller faszinierender Momente, die sich zu entdecken lohnen. Eine feine Sache also für nicht auf Genres begrenzte Musik-Fans… und für einen ruhigen, nachdenklichen Abend in den eigenen vier Wänden.


Line-up Jacob Karlzon:

Jacob Karlzon (piano, Fender Rhodes, celeste, organ, synthesizers, programming)
Robert Mehmet Ikiz (drums & percussion)
Dan Berglund (bass)

With:
Lars Nilsson (flugelhorn – #2,5, additional loops)
Jenny Nilsson (violin – #3)

Tracklist "Now":

  1. Higher
  2. The Ground Beneath
  3. November
  4. Ultra Light
  5. Phari
  6. Remains
  7. Monster
  8. A Lifetime Ago

Gesamtspielzeit: 39:54, Erscheinungsjahr: 2016

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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