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Jeannie C. Riley / Tell The Truth And Shame The Devil – CD-Review

Jeannie C. Riley - "Tell The Truth And Shame The Devil" - CD-Review

Die in Anson, Texas geborene und aufgewachsene Jeannie C. Riley heiratete im Teenager-Alter und hatte bereits ganz früh eine Karriere als Country-Sängerin im Sinn. Der Plan funktionierte auch ganz gut und schon die erste Single ("Harper Valley P.T.A") sowie das ebenso betitelte zweite Album wurden im Jahr 1968 zu großen Hits. Der Longplayer erreichte sogar Gold-Status. Im Verlauf ihrer mehr als 25-jährigen Karriere (das letzte Album mit neuem Material, "Praise Him", erschien 1995) wandte sie sich neben dem Country später ebenso der Gospel-Musik zu und konnte auch in diesem Genre – zumindest in ihrem Heimatland – beachtliche Erfolge einfahren. Nun hat das Label Bear Family Records diese ersten Aufnahmen noch einmal ausgegraben und insgesamt 29 Tracks mit dem Titel "Tell The Truth And Shame The Devil" veröffentlicht.

Ganz klar eine Scheibe für die Liebhaber von purer Country-Musik, speziell die der (logischerweise) späten sechziger Jahre. Wer dafür überhaupt nichts übrig hat, kann an dieser Stelle getrost aufhören zu lesen und sich anderen Dingen zuwenden. Wer hingegen eine Schwäche für diese Stilrichtung und jene Ära hat, der ist hier allerbestens aufgehoben. Die Songs gehen zwar erwartungsgemäß sehr stereotypisch vor und auch von den Themen der Lyrics bewegt sich hier alles im gesetzten Rahmen, aber das Album hat definitiv auch seine Magie. Zum einen sind hier Spitzenmusiker zu hören, zum zweiten ist Miss Riley eine wirklich sehr gute Sängerin und nicht zu letzt wohnt den hier enthaltenen Tracks diese ganz spezielle Aura, diese ganz spezielle Atmosphäre, die es wohl nur zur damaligen Zeit gab, inne.

Tatsächlich hat(te) – zumindest die Nummer "Harper Valley P.T.A" – auch etwas Rebellisches, denn dass sich Ende der sechziger Jahre im Süden der USA eine Frau über die Hypokrisie der damaligen Gesellschaftsnormen beschwerte, die jungen Frauen ein Leben vor dem Herd sowie Nadel und Zwirn vorschreiben wollten und keine Fehltritte verziehen, war zu jener Zeit schon ein starkes Stück. Hat aber funktioniert, denn die Single kam bis auf Platz 1 der Country Charts. Ansonsten geht es viel um Liebe, Kharma, das Herz am richtigen Fleck zu haben und täglichen Versuchungen, denen man aber besser widerstehen sollte. All dies sehr melodisch und wunderschön, ohne dabei glattgebügelt zu wirken. Religion war ebenfalls ein großes Thema, wie der Titeltrack oder "Satan Place" bereits suggerieren.

Wenn man überhaupt keinen Sinn für diese Musik hat, kann man sowohl dieses Genre, als auch die vorliegende Platte sehr schnell verurteilen. Was der Verfasser dieser Zeilen jedoch heraus zu hören vermeint ist, dass in diesen Stücken auch immer eine echte und tiefgreifende Tragik vergraben ist, die den Hörer nicht unbedingt direkt anspringt und dennoch zwar langsam, dafür aber ganz sicher unter seine Haut kriecht. Fest steht jedenfalls – und da wiederhole ich mich gerne -, dass wir es hier mit für die damalige Zeit perfekt gespielte Country-Musik sowie einer sehr guten Sängerin Jeannie C. Riley zu tun haben. Wie immer bei den Veröffentlichungen von Bear Family Records ist auch hier das Booklet mit langem Text, den Aufnahmedaten sowie ausführlichen Kommentaren zu jedem einzelnen Stück absolut vorbildlich ausgefallen.

Ganz sicher muss man ein Faible für diesen Stil und diese Zeit haben, der Rezensent ist auf jeden Fall angenehm berührt und ist mittlerweile ganz verrückt nach Nummern wie etwa dem gospeligen "Light Your Light (And Let It Shine)". Ein kleines Schmuckstück aus einer längst vergangenen Zeit.


Line-up Jeannie C. Riley:

Jeannie C. Riley (lead & background vocals)
Jerry Glenn Kennedy (guitars)
Harold Ray Bradley (guitars)
Jerry 'Chip Young' Stembridge (guitars)
Billy R. Sanford (guitars)
Loren Otis 'Jack' Shook (guitars)
Herman Bland 'Pete' Wade (guitars)
Raymond Q. 'Ray' Edendton (guitars)
James C. Dempsey (guitars)
Weldon M. Myrick (steel guitar)
Pete L. Rodis Drake (steel guitar)
David Paul Briggs (piano, vibes)
George B. Richey (piano, organ)
Robert S. Wilson (piano)
Larry L. Butler (piano)
Jerry D. Smith (piano)
John P. 'Johnny' Gimble (fiddle)
Glenn Edward Baxter (trumpet)
Donald C. Sheffield Jr. (trumpet)
Bob L. Moore (bass)
Henry P. Strzelecki (bass)
Joseph S. Zinkan (bass)
Roy M. 'Junior' Huskey (bass)
Williams E. 'Billy' Linneman (bass)
Kenneth A Buttrey (drums)
William Paul Ackerman (drums)
Karl T. Himmel (drums)
Jerry Kerby Carrigan (drums)

Tracklist "Tell The Truth And Shame The Devil":

  1. Harper Valley P.T.A
  2. Tell The Truth And Shame The Devil
  3. The Girl Most Likely
  4. The Little Town Square
  5. The Back Side Of Dallas
  6. Things Go Better With Love
  7. Country Girl
  8. Duty Not Desire
  9. Good Enough To Be Your Wife
  10. Oh Singer
  11. Darling Days
  12. Roses And Thorns
  13. I Almost Called Your Name
  14. Satan Place
  15. Light Your Light (And Let It Shine)
  16. Am I That Easy To Forget
  17. In A Moment Of Weakness
  18. The Tree Of Joy
  19. Teardrops On Page 43
  20. The Cotton Patch
  21. Shed Me No Tears
  22. Before The Next Teardrop Falls
  23. One Toke Over The Line
  24. The Street Singer
  25. I’ll Take What’s Left Of You
  26. No Brass Band
  27. That’s A No No
  28. We Were Raised On Love
  29. Yesterday All Day Long Today

Gesamtspielzeit: 78:57, Erscheinungsjahr: 2022 (1968)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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