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Jeff Beck / Still On The Run – The Jeff Beck Story – DVD-Review

Jeff Beck - "Still On The Run - The Jeff Beck Story" - DVD-Review

Der englische Gitarrist Jeff Beck ist bereits seit Jahrzehnten unbestritten ein Ausnahme-Könner und Innovator auf seinem Instrument. Allerhöchste Zeit und sehr erfreulich ist somit, dass sein Lebenswerk nun auch in einem Film geehrt wird. Und mit "Still On The Run – The Jeff Beck Story" liegt mir dieser nun auch vor. Der Streifen setzt in der Kindheit und dem sehr einfachen Elternhaus Becks an. So einfach, dass natürlich auch kein Geld für eine Gitarre vorhanden war (seine Mutter wollte eigentlich, dass er Pianist werden sollte). Kurzerhand baute er sich selbst eine und verbrachte sehr viel Zeit damit, sein Instrument zu erlernen. Durch seine Schwester lernte er Jimmy Page kennen und die beiden trafen sich fortan fast täglich, um Jimmys Blues-Platten an- und die darauf befindlichen Gitarrensoli heraus zu hören. Jeff Beck war es dann auch, der (nachdem er Eric Clapton als Gitarrist ersetzt hatte) Page als Bassist zu den Yardbirds brachte.

Und so führt der Film durch die unterschiedlichen Stationen der Karriere des Briten. Den von Produzent Mickie Most gescheiterten Versuch ihn mit "Hi Ho Silver Lining" zum Pop-Star zu machen, der glorreichen (und leider viel zu kurzen) Zeit der Jeff Beck Group mit Rod Stewart am Gesang, Ronnie Wood am Bass sowie Micky Waller am Schlagzeug, einer zweiten Jeff Beck Group (mit Musikern wie beispielsweise Cozy Powell, Bob Tench und Max Middleton), Beck, Bogart & Appice und natürlich der langen, seit 1975 bis heute andauernden Solophase. Richtig stark sind die kurzen Schnipsel seiner frühen Bands auf der Bühne, die allerdings leider auch immer nur sehr kurz sind. Von seinen Mitmusikern aus der Frühphase kommen vor allem Rod Stewart und Ronnie Wood zu Wort, später dann noch Jan Hammer, der Drummer Vinnie Colaiuta sowie schließlich mit Carmen Vandenberg, Ronda Smith und Rosie Bones einige Mitglieder seiner aktuellen Band. Selbstverständlich fehlen auch die üblichen Beweihräucherungen von anderen großen Namen wie die bereits erwähnten Clapton, Wood und Page, dazu Slash, David Gilmour, Joe Perry oder Beth Hart nicht, die aber alle mit großem Respekt und wohl gewählten Worten über Beck ausgebreitet werden.

Fast unter den Tisch fallen dabei die Erzählungen, die Jeff Beck (zumindest zu Anfang seiner Karriere) als doch eher schwierigen Charakter erscheinen lassen. So warf er bei einer US-Tour der Yardbirds nach nur wenigen Shows einfach komplett die Brocken hin. Auch seine eigene Jeff Beck Group (die erste Besetzung mit Stewart und Wood) ließ er mitten in einer Tour und ca. eine Woche vor dem geplanten Auftritt beim Woodstock-Festival einfach so in Amerika sitzen, während er die Flucht nach Hause angetreten hatte. Die hörten dann erst mal gar nichts mehr von ihm, während der gute Jeff feste Pläne für eine Band mit den ehemaligen Vanilla Fudge-Musikern Tim Bogert und Carmine Appice machte. Wegen eines schweren Autounfalls kam es dazu erst drei Jahre später, aber in diesem Streifen hier wird die Situation so dargestellt, dass Beck während der Genesung im Krankenhaus beim Lesen eines Musik-Magazins davon erfurhr, dass sich Rod Stewart und Ronnie Wood den runderneuerten Small Faces (die ab dann unter dem Namen Faces liefen) angeschlossen hatten und total konsterniert war. Hmm… wer hier wen im Stich gelassen hat, darüber darf so viele Jahre später aber natürlich jeder seine eigene Meinung haben…

Aber wie dem auch sei, der Engländer hat durch sein geniales Spiel und seine innovativen Sounds definitiv seine breite Spur in der Musik-Historie hinterlassen. Eine deutliche Sprache dafür sprechen Scheiben wie "Truth" (1968), "Beck-Ola" (1969), "The Jeff Beck Group" (1972), "Blow By Blow" (1975), "Wired" (1976), aber auch neuere Alben wie "Beck’s Guitar Shop" (1989), Emotion & Commotion (2010) und auch das aktuelle "Loud Hailer" (2016). Nach dieser einen Single aus den Sechzigern ("Hi Ho Silver Lining") ließ sich der Gitarrist nie wieder von Produzenten oder Labels in seine Musik reinreden, sondern zog immer kompromisslos seine ganz eigene Nummer durch. Bemerkenswert auch seine Aussage, warum er ab Mitte Siebziger meistens Instrumental-Alben aufnahm: »Es machte einfach keinen Sinn, kreuz und quer durch die Welt zu ziehen um den nächsten Rod Stewart zu finden!« Was natürlich als dickes Kompliment für den Schotten zu verstehen ist.

"Still On The Run – The Jeff Beck Story" ist eine sehr unterhaltsame DVD, bei der auf fast jedes seiner Alben eingegangen wird, der Meister selbst viel redet und erzählt, von ehemaligen sowie aktuellen Mitmusikern und weiteren großen Namen des Rock-Biz kommentiert wird. Als Bonus-Material sind dann noch fünf Live-Tracks neueren Datums in voller Länge zu hören. Klasse Geschichte, die sehr kurzweilig rüberkommt und unbedingt empfohlen werden kann.

Meine Lieblingsstory zu dem Gitarristen ist allerdings die (nicht auf dieser DVD enthaltene, aber persönlich vor Jahren in einem amerikanischen Magazin gelesene) Anekdote, wie man sich blöden oder unliebsamen Fragen von Interviewern entziehen kann:
Interviewer: »Okay, Jeff, was sind deine Lieblings-Alben von denen, die du selbst aufgenommen hast?«
Jeff Beck: »Von meinen Studioalben…? Ach komm, die sind doch ALLE Scheiße!«
Interviewer: »Aah… äh… ja. Danke, Jeff.«


Tracklist Bonus-Material "Still On The Run…":

  1. Eternity’s Breath
  2. Freeway Jam
  3. Nadia
  4. Led Boots
  5. Blue Wind

Gesamtspielzeit: 108:00, Erscheinungsjahr: 2018

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
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Meine Konzerberichte im Team mit Sabine
Mail: markus(at)rocktimes.de

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